Editorial: 94 Prozent Rabatt!
94 Prozent Rabatt kündigte Talkline ID vor knapp einem Monat per Pressemitteilung an. Wir haben nachgerechnet: Die Senkung des Gesprächspreises nach Südafrika von 135,5 auf 8,1 Cent pro Minute ergibt tatsächlich 94 Prozent. Die Kehrseite der Medaille: In der Nacht vom 14. auf den 15. Mai läuft die Aktion aus, und es gilt wieder der Normalpreis von Talkline ID nach Südafrika. Dieser liegt jedoch nicht am billigstgen, sondern am teuersten Ende unserer Tariftabelle. Auch hier haben wir nachgerechnet: Es wird um schlappe 1573 Prozent teurer!
Grundsätzlich ist derartige Abzockerei durch § 138 BGB (Wucher) verboten. Das Problem jedoch: Talkline ID kann auf andere Telefongesellschaften wie Arcor oder die Deutsche Telekom verweisen, die ähnlich hohe Gesprächsgebühren nach Südafrika verlangen. Bei der Beurteilung, ob nun unzulässiger Wucher vorliegt, urteilen Gerichte zumeist nicht nach kaufmännischen Gesichtspunkten (z.B. Vergleich von Einkaufs- und Verkaufspreisen und der sich daraus ergebenden Handelsspanne), sondern per Marktvergleich: Wenn andere ähnlich abzocken, scheint das wohl üblich zu sein, ergo also kein Wucher.
Die Auslandstarife der Deutschen Telekom stammen jedoch größtenteils aus Zeiten, als entsprechende Gespräche tatsächlich technologisch aufwändig und teuer waren. Interkontinentalverbindungen gingen früher praktisch ausschließlich über Satellit oder über sehr teure kupferbasierte Seekabel. Moderne Glasfaser-Unterwasserkabel sind zwar kaum billiger als die kupferbasierten Vorgänger, aber sie bieten die vieltausend- oder gar vielmillionenfache Kapazität. Entsprechend sind die Kosten pro Gespräch dramatisch eingebrochen.
Es wird Zeit, dass diese Kostenvorteile an den Endkunden weitergegeben werden.