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Abzocke getarnt als Umfragen

Wie Bild und Co. ihre Leser zur Kasse bitten
Von Ralf Hüskes

Kaum eine TV-Sendung kommt mittlerweile ohne Televote-Abstimmung aus. Im Regelfall greifen die Sender dabei nicht einmal auf 0190er-Nummern zurück, sondern auf die vergleichsweise unbekannten 0137-Nummern. Die sind zwar nicht unbedingt günstiger als 0190er-Nummern, aber ihr Ruf ist besser. Keine Frage scheint dabei unwichtig genug, um sie nicht per Televote zu klären. Kein Thema scheint zu heikel zu sein, um den Zuschauern für deren Beantwortung nicht in den Geldbeutel zu greifen.

Da die Techniken der Kommerz-Interviewer keinerlei wissenschaftlichen Ansprüchen genügen, machen ihre Fragen zwar niemanden schlau, aber dafür doch ein wenig reicher. So sollen teilweise über 500.000 Anrufe für die Umfragen der Superstar-Ausscheidungen von RTL eingegangen sein. Macht unter Berücksichtigung der Mehrwertsteuer und einer geschätzten Handling-Gebühr von 5 Cent pro Anruf einen Roherlös von rund 180.000 Euro pro Umfrage. Kein Wunder, dass sich die Superstar-Moderatoren Hunziker und Spengemann sichtlich bemühten, ihre Zuschauer zu Mehrfachanrufen zu animieren.

Den Vogel in puncto Umfrage-Manie schießt dieser Tage jedoch die "Bild"-Zeitung ab. Unter dem Motto 'Sagen Sie dem Kanzler heute die Meinung' bittet sie ihre Leser ans Telefon. Denn 'so kann es nicht weitergehen' mit der Abzocke in Deutschland, textet die Redaktion im Hinblick auf die hohe Abgabenlast in Deutschland.

Für das Frust-Telefon hat die Redaktion eigens eine 0190er-Nummer schalten lassen, deren Gebührenzähler mit stolzen 25 Cent pro Minute tickt. Die Gespräche sollen dabei schlicht auf CD-ROM gebrannt und dem Kanzler geschickt werden. So wird es wohl doch weiter gehen - mit der Abzocke in Deutschland.