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Editorial: UMTS-Preisvorstellungen

oder: Welches Netz nutzen Sie gerade?
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Dieses Jahr wollen alle vier GSM-Netzbetreiber mit UMTS-Diensten starten. Zwar würden einige die dafür notwendigen Investitionen gerne verschieben. Doch droht die Gefahr, Ende des Jahres die teure UMTS-Lizenz ersatzlos zurückgeben zu müssen, wenn bestimmte Mindestbedingungen, wie Versorgung von 25% der Bevölkerung, nicht erfüllt werden. Gemäß dem Prinzip "Wer A sagt, muss auch B sagen" wird also aufgebaut.

Obwohl noch nicht einmal der genaue Starttermin feststeht, reden sowohl T-Mobile als auch Vodafone bereits offen über die Preise für die Nutzung von UMTS. Erst sagt T-Mobile-Chef René Obermann dem Focus: "UMTS wird für den Kunden nicht teurer sein als die heutige Übertragungstechnik GPRS". Wenige Tage später erklärt Vodafone-Deutschland-Chef Jürgen von Kuczkowski, dass er bei UMTS keine nennenswerten Preissteigerungen für die Verbraucher erwartet.

Also alles gut? Leider nein. Denn beide Aussagen lassen einen gewissen Spielraum für Interpretationen. Was "keine nennenswerten Preissteigerungen" sind, mag beispielsweise ein Großverdiener wie Herr von Kuczkowski anders beurteilen, als eine alleinerziehende Mutter oder ein Student. Selbst dann, wenn Grund- und Nutzungsentgelte so bleiben wie bei GSM, könnten zusätzliche Engelte erhoben werden, etwa über eine Freischaltgebühr für UMTS, oder einer Tages- oder Monatspauschale für die Nutzung.

Weitere Ungemach droht durch die hohen GPRS-Preise. UMTS wird anfangs bis zu 384 kBit/s übertragen können. Das entspricht 48 Kilobyte pro Sekunde. Die GPRS-Nutzung kostet in den beiden D-Netzen bei den neuen "Euro-Tarifen" jeweils 2,9 Cent pro Kilobyte. Multipliziert man Übertragsrate und Preis, kommt man auf schwindelerregende 1,39 Euro pro Sekunde, bzw. 83,52 Euro pro Minute. Bei den alten DM-Tarifen (3,5 Cent pro Kilobyte GPRS) wären es sogar 100,80 Euro pro Minute! Die berühmt-berüchtigten Dialer erscheinen im Vergleich geradezu billig. Selbst bei Nutzung der größten GPRS-Pakettarife mit 40 Euro monatlicher Grundgebühr (!) und 0,19 Cent pro Kilobyte, rast der Gebührenzähler mit 5,47 Euro pro Minute.

Auch wenn anfangs nur wenige oder vielleicht sogar keines der Endgeräte die volle Geschwindigkeit unterstützen werden: Die Netzbetreiber müssen dringend Strategien entwickeln, wie sie das Kosteninferno für ihre Datenkunden verhindern. Eine relativ anschauliche Möglichkeit wäre es, den effektiven Minutenpreis für Datennutzung bei einem bestimmten Wert (z.B. 50 Cent pro Minute) zu deckeln. Wer schneller saugt, zahlt dann trotzdem nicht mehr. Ebenfalls vertrauenserhöhend wäre es, wenn am Monatsende automatisch in dem für den Kunden günstigsten GPRS-Optionstarif abgerechnet wird. Für Sprachtelefonate führt E-Plus mit den Professional-Tarifen bereits vor, dass das möglich ist.

Genauso besteht die Möglichkeit, einen degressiven Preis für die Datennutzung vorzusehen. Die ersten 100 Kilobyte einer Sitzung kosten beispielsweise 1 Euro, abgerechnet in 10-Cent-Schritten. Danach kosten weitere 100 Kilobyte nur noch 20 Cent, so dass man für 3 Euro ein ganzes Megabyte übertragen kann. Ab dann sinkt der Preis auf 1 Euro pro Megabyte (entspricht 10 Cent pro 100 Kilobyte), so dass 5 MB zusammen 7 Euro kosten. Für besonders dicke Sessions sollte der Preis weiter auf 50 Cent und dann auf 25 Cent pro Megabyte sinken.