Grundsatzurteil

Telefonsex-Vertrag über Call-by-Call-Nummer ist sittenwidrig

Kunden werden mit vermeintlich günstiger Vorwahl getäuscht
Von Marie-Anne Winter

Wer kennt sie nicht, die kleinen Anzeigen mit den großen Telefonnummern in den einschlägigen Rubriken von Groschenblättern. Besonders interessant sind dabei die Anzeigen, die mit auffällig unauffälligen Telefonnummern für eine heiße Nummer werben. Denn dass 0190-Nummern nicht ganz billig sind, hat sich mittlerweile ja herumgesprochen. Die findigen Anbieter der windigen Telefondienste lassen sich deshalb einiges einfallen, um diese Nummern zu vermeiden und die verführbaren Kunden auf vermeintlich harmlosere Telefonnummern zu locken.

Besonders dreist ging der Münchner Anbieter prompt vor. Wählte man die 01055, dann die Landesvorwahl für Guinea (Westafrika) und dann spezielle Nummern, wurde man mitnichten mit Guinea verbunden. Vielmehr wurde das Gespräch zu einer Telefonsex-Firma geleitet, und - teurer als jedes Telekom-Auslandsgespräch - mit 4,44 Mark (2,27 Euro) pro Minute abgerechnet. Viele Kunden, die mit dem Anwählen der vermeintlich günstigen Call-by-Call-Nummer in die Falle getappt waren, beschwerten sich jedoch und verweigerten die Zahlung der Rechnungen gegenüber prompt. Wegen der Zahlungsausfälle zog der Hamburger Telefonsex-Dienstleister, der mit prompt diesen International Telefon Call (ITC)-Dienst vereinbart hatte, vor Gericht.

Das zuständige Landgericht München I entschied, dass der Vertrag zwischen den beiden Unternehmen sittenwidrig und damit nichig sei. Das Gericht begründete diese Enscheidung mit der Tasache, dass die Telefonkunden absichtlich auf eine vermeintlich günstige Call-by-Call-Nummer gelockt würden, um sie dann planmäßig mit den Gebühren für eine teure internationale Verbindung zu belasten, die gar nicht hergestellt und vom Kunden genutzt würde. Dieses Vorgehen, das von den Parteien selbst intern als "International Trik with 01055" bezeichnet würde, sieht das Gericht als sittenwidrig an. Aktenzeichen: 5 HKO 19188/01.

Auch anderen Call-by-Call-Anbieter haben dieses Verfahren zumindest zeitweise benutzt. Beliebt sind bei den Erotik-Anbietern inzwischen auch die 118xy-Nummern, die eigentlich für Auskunftsdiensten reserviert sind. Doch Auskunftsdienste haben bekanntermaßen auch die Weitervermittlung zum gewünschten Gesprächspartner im Programm - bei den "Sex-Auskünften" eben zu "heißen" Nummern. Hier ist das Dilemma, dass man diese Nummern, genau wie 0190-Nummern auch - zwar sperren lassen kann, dann ist es aber nicht mehr möglich, über einen echten Auskunftsdienst mal schnell eine Telefonnummer zu erfragen.

Besonders dreist sind Angebote, die über "normale" Rufnummern abgewickelt werden. Hier bekommt der Anrufer einige Tage oder Wochen später eine Rechnung über die in Anspruch genommenen Dienste per Post. Fragwürdig ist in diesem Zusammenhang insbesondere, wie die Adresse ermittelt wird, die hinter dem Anrufer steht.