Bilanz

Im Zeichen des Sauerstoffs: BT kämpft um Mobilfunkmarkt

BT bedauert die Übernahme der Viag Interkom
Von dpa /

"Vor zwei Jahren war die Welt ganz anders" sagt Sir Peter Bonfield wehmütig. Damals wuchsen die Bäume in der Telekommunikationsbranche noch bis fast in den Himmel. Nun jedoch herrscht Krisenstimmung und Bonfield ist mitten in der Krise drin. Noch. Denn der Vorstandsvorsitzende von British Telecom (BT) hat sein Ausscheiden für Ende Januar 2002 bereits angekündigt. Offizielle Begründung: Mit der Aufspaltung von BT in zwei Firmen - eine für das traditionelle Geschäft, die andere für das Mobilgeschäft - sei seine Aufgabe erledigt.

Am 19. November wird die neue Aktie an der Londoner Börse gehandelt. Und mit Spannung wird darauf gewartet, was dann wohl passieren wird. Jeder BT-Aktionär erhält jeweils eine Aktie der BT Group (traditionelle Märkte) und eine Aktie der Firma mmO2 (Mobil). Letzteres Unternehmen, das am Markt nur unter dem Namen O2 (dem Zeichen von Sauerstoff) operieren wird, soll künftig völlig selbstständig agieren. Am "grauen Markt", noch vor dem offiziellen Handelsbeginn, wurden die O2-Aktien mit 73 Pence pro Stück bewertet. Das gibt dem Unternehmen einen Börsenwert von gut sechs Milliarden Pfund (9,7 Mrd. Euro/19 Mrd. Mark) - weniger als die Hälfte dessen, was Analysten noch vor knapp einem Jahr schätzten.

Ob die bisherigen BT-Aktionäre die Aktien von mmO2 ins Herz schließen oder rasch abstoßen und so eine Übernahme durch einen der Konkurrenten erleichtern, wird nach Ansicht Londoner Branchenkenner vor allem davon abhängen, ob es dem mmO2-Management unter Leitung des einstigen BT-Vorstandsmitglieds Peter Erskine gelingt, eine attraktive Zukunftsvision zu entwickeln. Bisher weiß man nur, dass Erskine im Mobilfunkgeschäft alles besser und anders machen will als die Konkurrenz. Ganz kundenorientiert natürlich und auf technisch höchstem Stand - aber das nimmt auch die Konkurrenz für sich in Anspruch.

Bonfields Ambitionen, über die britische Insel hinaus in Europa, Asien und Amerika zu den Großen zu gehören, haben BT viel Geld gekostet und ihren Teil zu Zerwürfnissen mit dem BT-Aufsichtsratschef Sir Christopher Bland beigetragen. Unter dem Strich spielt BT - künftig also mmO2 - jedoch nicht mehr in der ersten Mobilfunkliga. Selbst daheim ist das urbritische Unternehmen mit 10,9 Millionen Kunden mittlerweile auf den dritten Platz hinter Weltmarktführer Vodafone und Orange zurückgefallen. Und unglückliche Käufe in Europa belasten heute die Geschäftstätigkeit von mmO2 so stark, dass kräftig über radikale Trennungsabsichten spekuliert wird.

Dass BT im August 2000 die deutsche Viag Interkom vollständig übernahm und sich damit auch die Belastungen durch die gerade für 8,5 Milliarden Euro ersteigerte UMTS-Lizenz einhandelte, bezeichnet Bonfield rückblickend heute noch als "die Entscheidung, die ich im Nachhinein am meisten bedaure". Die verlustreiche Viag Interkom, die eigenen Angaben zufolge 3,2 Millionen Mobilfunkkunden in Deutschland hat und damit zu den kleineren Anbietern gehört, lastet schwer auf der mmO2-Bilanz. Aber auch die niederländische Telfort macht den britischen Mobilfunkern kaum mehr Freude.

Bonfield hat vor der Aufspaltung in BT Group und mmO2 noch einmal reinen Tisch gemacht: So hat er nicht nur die Beteiligung an Japan Telecom an den Erzrivalen Vodafone verkauft und das ambitiöse Internet-Projekt Concert mit der amerikanischen AT&T aufgelöst, er hat auch mmO2 durch eine Schuldenumschichtung mit lediglich 500 Millionen Pfund Schulden an die Londoner Börse entlassen.

Während mmO2 nun versuchen will, durch besonders pfiffige Technik so zu tun, als habe man gerade das Mobiltelefon neu erfunden und mmO2-Europachef Keith Cornell überlegt, ob und wie Viag Interkom profitabel gemacht werden kann, sucht BT nach einer neuen Spitze. Außer Sir Peter Bonfield hat auch Finanzvorstand Philip Hampton sein Ausscheiden mitgeteilt: Damit sind die beiden Schlüsselpositionen vakant. Auf die Nachfolger wartet viel Arbeit: Im dritten Quartal wies BT einen Vorsteuer-Verlust von 1,35 Milliarden Pfund aus - ein Jahr zuvor waren es 471 Millionen Pfund Gewinn.