Alternative

"Domain-Rebellen" wollen alternatives Internet aufbauen

Neue Adressendungen sollen das immer enger werdende Netz erweitern
Von dpa /

Kritische Worte musste sich die zentrale Verwaltungsorganisation für Internetadressen, ICANN, schon öfters anhören. Doch jetzt sollen Worten Taten folgen. Eine Reihe von "Domain-Rebellen" formieren sich gegen die Registrierungsstelle, um mit neuen Adressendungen das immer enger werdende Netz zu erweitern. Dazu gehören Initiativen wie die deutsche BeatNIC [Link entfernt] und die US- amerikanische New.net, die das Monopol der ICANN auf die so genannten Top Level Domains (TLD) brechen wollen. Statt nur Internetadressen mit Endungen wie ".de", ".com" oder ".org" zuzulassen, ermöglichen die alternativen Anbieter Webadressen mit ".kids", ".buch" oder ".auto".

Pascal Bernhard, Geschäftsführer des Internet-Dienstleisters Cube, war es überdrüssig, auf neue TLDs von der ICANN zu warten. Mit Gleichgesinnten baut er zurzeit eine Registrierungsstelle für die alternativen Adressendungen auf. Seit März können Webseiten- Betreiber kostenlose Adressen mit 20 neuen TLDs bei dem Projekt BeatNIC anmelden. "Das Experiment läuft gut an", sagte Bernhard. Europaweit sollen elf Hauptrechner als Schaltstellen des alternativen Internets (Root-Server) ein stabiles Netz mit erweiterten Namen gewährleisten. Die neu gegründete Dachorganisation RSCAC (Root Service Center Advisory Committee) soll dafür sorgen, dass sich die verschiedenen Netze miteinander verständigen können - egal ob von der ICANN oder einer anderen Organisation verwaltet. "Eine Spaltung des Internets ist nicht unser Interesse", machte Bernhard deutlich.

Mit den alternativen Webadressen würde eine Nachfrage bedient, die die ICANN vernachlässige, meinen viele Kritiker. Die zentrale Registrierungsstelle hätte zwar im November vergangenen Jahres neue TLDs wie ".name", ".info" oder ".museum" genehmigt, 40 weitere Namen jedoch abgelehnt. Kritische Stimmen werfen der ICANN auch zu viel Sympathie für die US-Industrie und Ignoranz gegenüber der nichtkommerziellen Nutzergemeinde vor.

Zur Zeit hat das Gros der Internetgemeinde jedoch keinen Zugriff auf die alternativen TLDs. Da sie nicht Teil des allgemeinen Domain- Name-Systems der ICANN sind, transportieren und beantworten Internetprovider entsprechende Anfragen nicht. Die Provider müssten ihre Einstellungen ändern, sagte Bernhard. "Wir haben eine zunehmende Zahl von Internet-Providern, die sich dafür interessieren", ist er zuversichtlich. Darüber hinaus könnten Surfer Einstellungen mit der Hand in ihrem Betriebssystem ändern, um Zugriff auf die Erweiterungen zu erhalten.

Technisch sehe er zwar kein großes Problem mit alternativen Netzräumen, sagte ICANN-Vorstandsvorsitzender Vint Cerf in einem Gespräch mit dem Onlinemagazin "Telepolis". Er befürchte aber eine Spaltung der Internet-Gemeinde. Auch die deutsche Verwaltungsstelle der Domains mit der Endung ".de", DeNIC, sieht zum zentralen System der ICANN keine Alternative. "Ein einheitliches System ist die Basis des Internets", sagte DeNIC-Sprecherin Sabine Dolderer. Ansonsten könnten massive Probleme in der Kommunikation zwischen verschiedenen Rechnern im Internet auftreten.