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Cybercafe a la Havanna: Browserspaß nur mit Nummer und Reisepass

Kubaner dürfen im Cafe sitzen, auch mal dem ausländischen Freund über die Schulter schauen, mehr nicht!
Von dpa /

Wer in Havanna während eines Stadtbummels im Internet surfen und E-Mail-Grüße verschicken will, braucht Geduld und einen nichtkubanischen Reisepass. Über zwei Dutzend Leute sind an diesem Nachmittag im "Cybercafe" mit seiner über zwölf Meter hohen, stuckverzierten Decke im massigen Capitolio Nacional in Havanna. Drei davon sind Kubaner: Eine freundliche Dame mit blonder, wetterfest gefönter Mähne und ein junger Schwarzer, die beide kassieren, Liste führen, Kaffee brühen und Bier verkaufen. Hinzu kommt der alle Zeit einsatzbereite Techniker.

Wer im bisher einzigen Internet-Cafe in Fidel Castros Reich ans Net will, muss seinen Namen in eine Liste eintragen und bekommt eine Nummer. Die Passkontrolle erfolgt beim ersten Mausklick. "So sind bei uns die Regeln", sagt die Blonde auf Nachfragen eines argentinischen Gastes. Kubaner dürfen im Cafe sitzen, auch mal dem ausländischen Freund über die Schulter schauen, mehr nicht.

Die sechs Bildschirme plus Gemeinschaftsdrucker und das Gästebuch, das von den Ausländern meist nur Lobendes über das vor gut einem Jahr eröffnete Cafe und sein Personal beinhaltet, werden von täglich bis zu 200 Gästen aus aller Welt volle zwölf Stunden genutzt. Meist sind es junge Leute aus Kanada, Südamerika, Spanien, Italien und auch viele Deutsche. Die bis zu dreistündige Wartezeit muss nicht abgesessen werden. Viele besichtigen die Altstadt und das Capitolio. An seinem Hauptportal weist ein Schild auf das "Cybercafe" hin.

Wer die 20 Meter durch die hohe Halle direkt ins Cafe schreitet, muss nicht die drei US-Dollar Museums-Eintritt zahlen, für Kubaner kostet er "mn 2", also zwei Peso, moneda nacional, nationale Währung. Für einen Dollar in der Wechselstube gibt es 22 Peso. Knapp 200 Peso verdient ein Verkäufer im Monat. 30 Minuten Internet kosten drei, 60 Minuten fünf Dollar. In den Fünf-Sterne-Hotels mit Internet-Zugang sind die Preise mehr als doppelt so hoch.

Der in den zwanziger Jahren errichtete Präsidentenpalast ist dem Kapitol in Washington nachgebaut. Außer riesigen Hallen und Kongressräumen sind auch das frühere Präsidentenbüro zu besichtigen. Vom Terrassencafe des Capitolio fällt der Blick auf Touristenbusse, Fotografen, Fahrrad-, Lada- und Oldie-Taxis und die Schlange, die geduldig auf den Bus wartet. Im rauchigen Cybercafe, wo mancher Gast lässig eine Cohiba oder andere Handgedrehte pafft, gibt es Postkarten und Poster mit Cheguavara und Literatur über die Revolution.

Nur wenige Menschen auf der Insel haben per Firmen-PC zum E-Mail-Verkehr Zugang. Und nicht jeder, der eine E-Mail-Adresse hat, wie staatliche Betriebe, Hoteldirektoren, Wissenschaftler oder wichtige Kräfte der Partei, kann beliebig surfen und im Net CNN und Deutsche Welle verfolgen. An den Universitäten ist der Zugang zum Web nur nach strikten Regeln möglich. Mancher tolerante Chef stellt aber Mitarbeitern seine E-Mail-Adresse zur Verfügung und ermöglicht so auch ein paar zusätzliche Kontakte ins Ausland. Tendenz steigend.

Wer nach seiner Kuba-Reise privat mit Freunden oder Kollegen in Kontakt bleiben will, muss in der Regel einen Brief schreiben oder zum Telefon greifen. Zumindest einer im Haus hat einen Anschluss. Und der läuft gern ein paar Treppen und klopft an die Tür, wenn ein Freund aus Argentina oder Alemania in der Leitung wartet. Nachbarschaftshilfe wird groß geschrieben in Kuba.