Tendenz steigend

Begehrte Beute: Jährlich werden 90 000 Handys gestohlen

Was tun, wenn das Handy weg ist?
Von dpa / Marie-Anne Winter

Das Handy gehört in Deutschland mittlerweile zum Alltag: Mehr als 50 Millionen Exemplare sind in der Bundesrepublik heute im Gebrauch - doch nicht alle befinden sich in den Händen ihres rechtmäßigen Besitzers. "Auch bei Kriminellen steht das Handy hoch im Kurs", sagt Lothar Hofner, Kriminalhauptkommissar beim Landeskriminalamt Sachsen in Dresden. Zwar gibt es keine offiziellen Zahlen. Nach Schätzungen von Experten werden jedoch bundesweit jährlich bis zu 90 000 Handys gestohlen - Tendenz steigend.

In mehr als der Hälfte der Fälle verschwinden die Mobiltelefone aus Autos. Häufig blieben sie dort wie auf dem Präsentierteller im Innenraum liegen, klagt Hofner: "Besonders die Freisprech-Anlagen verleiten dazu, das Handy einfach stecken zu lassen." Aber auch aus Gaststätten, Büros, Baustellen und Wohnungen werden die kleinen Geräte gerne mitgenommen.

Wird der Verlust bemerkt, ist der Dieb oft schon über alle Berge. Dennoch kommt es auf jede Minute an. "Sofort bei der Kundenbetreuung anrufen und das Handy sperren lassen", rät Christian Schwolow, Sprecher des Netzbetreibers D2 Vodafone in Düsseldorf. Dazu muss allerdings neben der Telefonnummer des verschwundenen Gerätes auch die so genannte PUK-Nummer (Personal Unblocking Key) oder das Passwort genannt werden, das der Kunde bei Vertragsabschluss mit seinem Anbieter vereinbart hat. "Das sollte man natürlich parat haben, am besten irgendwo notieren", rät Schwolow. In Ausnahmefällen könne die Sperrung auch ohne Kennwort erfolgen, dann allerdings nur nach Zusendung einer Personalausweis-Kopie, so E-Plus-Sprecherin Christiane Kohlmann in Düsseldorf.

Problematisch wird es, wenn das Gerät in eingeschaltetem Zustand verschwunden ist oder der Besitzer aus Bequemlichkeit die PIN-Nummer deaktiviert hat: In diesem Fall kann der Dieb auf Kosten des Besitzers in die ganze Welt telefonieren. "Bis uns mitgeteilt wird, dass die Karte entwendet wurde, gehen wir davon aus, dass der Besitzer damit telefoniert", sagt Andrea Fey, Sprecherin von T-Mobil in Bonn. Andere Betreiber übernehmen hingegen unter bestimmten Bedingungen einen Teil der Kosten.

Doch auch so kommen auf den Bestohlenen zahlreiche Ausgaben zu: Während die Sperrung bei D2 Vodafone und ePlus kostenlos ist, werden dafür bei T-D1 17,25 Mark und bei Viag Interkom 25 Mark an Gebühren fällig. Dafür stellt T-D1 dem Kunden für 14,25 Mark eine Ersatzkarte zu, die bei D2 Vodafone 34,50 Mark und bei ePlus 30 Mark kostet. Bei Viag Interkom gibt es die Ersatzkarte sogar gratis. Weniger eindeutig ist geregelt, ob der Bestohlene auch ein verbilligtes oder gar kostenloses Neugerät bekommt. Dies ist nach Auskunft der Betreiber Verhandlungssache. "Wir schauen nach der Situation, etwa wie lange jemand schon Kunde ist", so Schwolow.

Nach dem Verlust eines Handys durch Diebstahl oder Raub sollte unbedingt auch bei der Polizei Anzeige erstattet werden. Ihr sollte auch die so genannte IMEI-Nummer mitgeteilt werden. Diese 15-stellige International Mobile Equipment Identity lässt sich durch die Tastenkombination *#06# in Erfahrung bringen und ist gewissermaßen die Fahrgestellnummer des Gerätes. Allerdings bietet auch sie kaum Gewähr für die laut Hofner "schwierige" Wiederbeschaffung des Handys.

Auch die Betreiber scheinen mittlerweile resigniert zu haben. So bietet D2 Vodafone seinen Diebstahlschutz, der jahrelang zum Service gehörte, nicht mehr an. Früher konnte ein Dieb damit sogar geortet werden, falls er versuchte, sich ins Netz einzuwählen. "So dumm ist heute keiner mehr - die packen einfach eine andere Karte in das Gerät", so Schwolow. Ein effektiver Schutz wäre nur möglich, wenn sich weltweit alle Netzbetreiber auf einen Schutz gegen Diebstahl einigen würden, meint auch D1-Sprecherin Vey. Hersteller wie Nokia bieten Bestohlenen immerhin an, ihr Gerät in eine "Blacklist" eintragen zu lassen. Tauche das Gerät eines Tages im Service auf, könne es dadurch identifiziert werden, heißt es bei Nokia in Düsseldorf.

Bisweilen werden die Netzbetreiber auch von sich aus tätig. So werde Vodafone misstrauisch, wenn bei einem ansonsten mäßig telefonierenden Kunden plötzlich innerhalb weniger Tage eine Rechnung von mehreren 1000 Mark auflaufe. "Dann rufen wir ihn an - und wenn wir ihn nicht erreichen, sperren wir vorsorglich", so Unternehmenssprecher Schwolow.

Eine gewisse Hoffnung liegt für bestohlene Mobiltelefonierer auch in einer entsprechenden Versicherung. So zahle die Hausratversicherung, wenn das Handy bei einem Einbruchdiebstahl oder einem Überfall abhanden kommt, sagt Wolfgang Scholl, Versicherungsexperte der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf. "Ein einfacher Diebstahl allerdings ist nicht abgedeckt - das Handy muss schon vom Gürtel abgerissen werden oder durch Gewaltandrohung geraubt worden sein." Auch wenn das Handy aus dem Auto gestohlen wird, zahle die Versicherung nicht.

Einige Unternehmen bieten mittlerweile auch eine spezielle Handy-Versicherung an. Gegen eine Prämie von 50 Mark jährlich etwa wird dann das Mobiltelefon bis zum Wert von 2000 Mark gegen Diebstahl und Raub, aber auch gegen Bedienungsfehler und Regen versichert. "Unsinnig" nennt Scholl solche Angebote, da sie sich meist nicht lohnten: "Der Wert eines Handys, also das riskierte Kapital, ist viel zu niedrig." Zudem sei häufig eine hohe Selbstbeteiligung fällig.

Ein Merkblatt der Polizei ist im Internet unter http://www.polizei.prokp.de, [Link entfernt] Rubrik "Mediathek", zu finden. Wer sein gestohlenes Handy sperren lassen will, muss bei den einzelnen Netzbetreibern folgende Hotlines anrufen:

  • D1: 01803/30 22 02,
  • D2: 0800/172 12 12 oder 0172/12 12,
  • E-Plus: 0177/1000 oder 0177/1150,
  • Viag Interkom: 01805/43 64 66 oder 0179/552 22