Konkurrenzkampf

Telekomanbieter: Ernüchterung und Zukunftsangst

Mit der Pleitewelle unter den alternativen Festnetznbietern droht eine Remonopolisierung
Von dpa / Marie-Anne Winter

Die Aufbruchstimmung im deutschen Telekommunikationsmarkt ist längst vorbei. Mehr als drei Jahre nach Marktöffnung bläst den Konkurrenten der Deutschen Telekom der Wind immer schärfer ins Gesicht. Der mörderische Kampf um Marktanteile im Festnetz hat die Telefonpreise in den Keller purzeln lassen. Doch was den Verbraucher freut, ist für manche Anbieter fatal.

Mit hauchdünnen Margen bleibt ihnen kaum Luft zum Atmen. Das Urteil von Harald Stöber ist niederschmetternd: "Der Markt für Call- by-Call-Gespräche ist tot", sagt der Vorstandschef der Telefonfirma Arcor. Das zweitgrößte deutsche Telekommunikationsunternehmen, das zur britischen Vodafone gehört, sieht inzwischen in anderen Festnetz- Bereichen mehr Wachstumspotentiale, etwa beim Datenverkehr, bei Mehrwertdiensten und im schnellen Internetzugang.

Den kleinen Anbietern droht indes ihr wichtigstes Geschäftsfeld wegzubrechen. Dabei waren es gerade die Call-by-Call-Gespräche - die Kunden wählen vor dem Telefonat über eine Netzkennziffer die gewünschte Telefongesellschaft -, die den Telekom-Markt in Schwung gebracht hatten. Aber auch das Preselection-Geschäft - bei der die Kunden auf eine Gesellschaft ihrer Wahl voreingestellt werden, läuft immer schlechter. In die missliche Lage haben sich die Neulinge nach Ansicht von Experten selbst hineinmanövriert.

So drückten im Fernbereich Billiganbieter die Minutenpreise in der Hauptzeit auf unter sechs Pfennig. Manche Tarife seien einfach selbstmörderisch, meint auch Stöber. Für die wirtschaftlich bedrängte Konkurrenz zeigt Telekom-Sprecher Ulrich Lissek kein Mitleid: "Der Preiskampf, an dem alle jetzt ersticken, ist von denen doch selbst entfacht worden."

Bei mehr als 350 Sprachlizenzen und rund 75 aktiven Gesellschaften trennt sich jetzt die Spreu vom Weizen. So haben Anbieter wie Teldafax, Callino oder Viatel wegen Zahlungsunfähigkeit das Handtuch geworfen. Andere suchen ihre Rettung in Allianzen und Fusionen. So schluckte Arcor bereits vor einiger Zeit den Konkurrenten o.tel.o und übernahm Mehrheiten an Regional- und Stadtnetzbetreibern.

Als Übernahmekandidat gilt derzeit auch Talkline, die deutsche Tochter von Tele Danmark aus Elmshorn. An dem Unternehmen sollen unter anderem Mobilcom, debitel und das spanisch/finnische UMTS- Konsortium Group 3G interessiert sein. Als aggressiver Aufkäufer auf dem deutschen Markt betätigt sich auch der finnische Konzern Elisa.

In Nordrhein-Westfalen fasste das Unternehmen Stadtnetzbetreiber in der Tropolys zusammen. Derzeit gehören bundesweit 16 regionale Carrier zu Elisa, die im vergangenen Jahr auch das defizitäre Festnetzgeschäft der Kölner Drillisch AG gekauft hatte. Ein Einstieg beim Regionalcarrier Netcologne scheiterte allerdings. Gute Chancen für eine Übernahme soll weiterhin die Callahan-Gruppe haben, die von der Telekom das TV-Kabelnetz in NRW erworben hatte.

"Was wir derzeit sehen, ist eine Re-Monopolisierung des Marktes", sagt Unternehmensberater Thomas Müller-Schwemer über den Umbruch in der Telekommunikation. Der Geschäftsführer der MC Telecommunication in Bad Homburg sieht klare Anzeichen dafür, dass der Wettbewerb zum Stillstand kommt. Und er prophezeit: "In fünf Jahren wird der Markt völlig anders aussehen." Bis dahin, glaubt Müller-Schwemer, könnte sich eine neue Gruppe von Anbietern einen festen Platz im Markt erobert haben: die Kabelnetzbetreiber.