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Berufungsgericht: Microsoft wird nicht zerschlagen

Fortune: "Das Monster ist wieder da"
Von Daniel Jahn, AFP / Marie-Anne Winter

Bill Gates ist wieder obenauf. Noch vor einem Jahr hatte es so ausgesehen, als stehe sein Software-Imperium vor dem Zusammenbruch. Doch am Donnerstag kippte das Berufungsgericht in Washington den Gerichsbeschluss vom Juni 2000, wonach Microsoft wegen Verstößen gegen das Kartellrecht zerschlagen werden sollte. Diese Maßnahme erschien der übergeordneten Instanz als viel zu drakonisch. In einer neuen Verhandlung soll nun entschieden werden, was mit Microsoft geschieht. Doch auch wenn nicht auszuschließen ist, dass dabei Gates' ehrgeizige Pläne für das nächste Betriebssystem Windows XP gebremst werden - er wird es verschmerzen können. Wirtschaftlich steht sein Konzern glänzend da. "Das Monstrum ist wieder da", titelte bereits Anfang Juni das US-Wirtschaftsmagazin "Fortune".

Die juristische Auseinandersetzung um Microsoft zieht sich bereits seit Jahren hin. Der Streit war in voller Schärfe entbrannt, nachdem der Konzern 1997 seinen Internet-Browser direkt in das Windows-Betriebssystem eingebaut hatte. Nach Meinung seiner Kritiker versuchte Microsoft damit, die Vormachtstellung von Windows zu nutzen, um sein Internetprogramm Explorer auf dem Markt durchzusetzen und den konkurrierenden Navigator/Communicator von Netscape zu verdrängen. Die US-Regierung und 20 Bundesstaaten verklagten Microsoft deshalb 1998 wegen Verstoßes gegen die Kartellgesetze. Der Konflikt gipfelte in der Anordnung von Richter Thomas Jackson, der Konzern müsse aufgespalten werden: in einen Teil für die Betriebssysteme und einen Teil für die Anwendungsprogramme. Dagegen ging Microsoft in die Berufung - und gewann.

Die Berufungsrichter ließen Jacksons Argumentation nur teilweise gelten. Zwar kamen auch sie zu dem Schluss, dass Microsoft gegen Kartellrecht verstoßen hat. Doch gelte dies nur für den Versuch, sein Monopol auf dem Markt der Betriebssysteme aufrecht zu erhalten. In diesem Punkt wurde Jacksons Urteil bestätigt. Einen Monopolmissbrauch auf dem Markt der Internet-Browser vermochten die sieben Richter dagegen nicht zu erkennen. Sie trugen damit der Tatsache Rechnung, dass PCs mit Windows zusätzlich zum Explorer auch mit Browsern der Konkurrenz ausgerüstet werden können.

Vor allem ließ das Berufungsgericht am Richter der Vorinstanz kein gutes Haar. Thomas Jackson hatte seine ganz persönliche Antipathie für Bill Gates allzu deutlich gezeigt. So verspottete er den Microsoft-Magnaten unter anderem als "Möchtegern-Napoleon". Die Berufungsrichter wollten Jackson zwar nicht direkt Voreingenommenheit anlasten, fanden aber, dass es dafür Anzeichen gebe. Jackson habe geheime Gespräche mit der Presse geführt und "in der Öffentlichkeit abfällige Bemerkungen über Veranwortliche von Microsoft" gemacht. Ihm wurde deshalb von den Berufungsrichtern die Zuständigkeit für den Fall entzogen. Gates kann davon ausgehen, dass der neue Richter mehr Gehör für die Argumente von Microsoft zeigt.

Bei der neuen Verhandlung könnte es auch um das neue Betriebssystem von Microsoft gehen, das am 25. Oktober auf den Markt kommen soll. Darin will Gates die Zugänge zum Internet noch ausbauen. Angesichts steil nach oben zeigender Geschäftszahlen in diesem Jahr träumt der Selfmade-Milliardär von einem neuen Eroberungsfeldzug im Internet, nachdem er das Reich der PCs schon seit Jahren unangefochten beherrscht. Doch die Microsoft-Kritiker sind bereits alarmiert. Die Bundesstaaten Connecticut und Iowa kündigten an, sie wollten möglicherweise ihre Bedenken gegen Windows XP in die neue Berufungsverhandlung einbringen.

Nicht auszuschließen also, dass Gates von seinen hochgesteckten Zielen Abstriche machen muss - dass er sie ganz beerdigen muss, ist kaum anzunehmen. Denn schließlich ist auch das politische Umfeld für Microsoft seit dem Machtwechsel in Washington freundlicher geworden. Präsident George W. Bush hatte schon im Wahlkampf betont, es müsse die wichtige Rolle berücksichtigt werden, die der Softwareriese für den technologischen Fortschritt spiele.