Handymania

Elektroschrott macht Geschichte - Handys sind ein Fall fürs Museum

Ur-Handys sind in realen und virtuellen Museen zu bestaunen
Von dpa / Frank Rebenstock

Immer kleiner, immer peppiger und immer vielseitiger - Handys können längst mehr als telefonieren. Man kommt mit ihnen ins Internet und auch die Lieblings-Musik lässt sich mittlerweile über das tragbare Telefonwunder abspielen. Wer interessiert sich da schon noch für die Anfänge der Handymania?

Andreas Elmenthaler zum Beispiel. Seit der Dresdener 1994 sein erstes Mobiltelefon in Händen hielt, kann er vom Handy nicht mehr lassen. Der Sachse sammelt Geräte aller Fabrikate. Auf seiner Handy-Homepage unter http://www.handy-sammler.de bietet er anderen Fans und Interessierten die Möglichkeit zum Austausch und ein Nachschlagewerk für Handytypen. Elmenthaler möchte die Entwicklung des Handys nicht aus den Augen verlieren: "Es kommen immer mehr Features ins Spiel. Wie kann man denn neue Technik entwickeln, ohne die Ursprünge zu kennen?"

Vor allem fasziniert den Technikfan, dass einige als Neuerungen gepriesene Funktionen schon wesentlich länger existieren: "Beispielsweise die eingebaute Freisprecheinrichtung, Spiele und wechselbare Beleuchtungsfarben. Damals wurden diese Funktionen belächelt, heute gelten sie als Neuerungen." Darüber hinaus möchte der Webmaster die gesellschaftliche Entwicklung des Mobiltelefons auf seiner Homepage diskutieren: "Noch vor Jahren war das Funktelefon Statussymbol. Heute sind Mobilität und Unabhängigkeit mit die wichtigsten Entwicklungsrichtungen in der Kommunikationstechnik."

Was für viele Menschen nichts anderes als Elektroschrott darstellt, ist für echte Sammler ein Stück Geschichte. Oft werden Geräte kurz vor dem Recycling aus Containern gerettet. Defekte Handys geben dem Fan immerhin noch Aufschluss über Größe, Gewicht und Design. Und manchmal dienen die Geräte als Ersatzteillager.

Während die Handysammler-Homepage in erster Linie Eingeweihte anspricht, möchte die 1995 gegründete Museumsstiftung Post und Telekommunikation mit Sitz in Bonn auch Familien und Kinder für die Entwicklung der Kommunikation begeistern. In den vier Museen der Stiftung spielt auch die Geschichte des Handys eine wichtige Rolle: "Ein Mobiltelefon beeinflusst das Kommunikationsverhalten. Auch die Rede- und Jugendkultur verändert sich drastisch durch neue Technikentwicklungen", sagt Pressereferentin Manuela Schütze. "Das sind aber nur einige Themen, die in unseren Museen Beachtung finden."

Die vier Museen [Link entfernt] befinden sich in Berlin, Frankfurt, Hamburg und Nürnberg. Jedes Haus hat sich einen bestimmten Schwerpunkt gesetzt. "Aber die Grundtendenzen und Entwicklungsschritte der menschlichen Kommunikation und die Geschichte der Nachrichten und Post können in allen vier Städten unter die Lupe genommen werden", so Manuela Schütze. Wessen Herz besonders für moderne Handys und SMS schlägt, der ist in Hamburg genau richtig. Im Museum in der Hansestadt widmet sich eine eigene Wand der Entwicklung der Handykommunikation.

Die Museumsstiftung Post und Telekommunikation veranstaltet außerdem Aktionstage, Foren für Fachleute, Begleitprogramme zu Ausstellungen, Führungen durch die Museen und sogar Internetkurse für Senioren. Manuela Schütze hebt hervor, dass sich in den Kommunikationsmuseen auch Nichttechniker wohlfühlen sollen: "Bei uns ist für jeden etwas dabei. Auch die ISDN-Entwicklung hat ihren Platz in den Ausstellungen. Doch natürlich ist ein Modemkabel nicht so spannend wie ein riesiges Handy aus den Anfängen der Funktelefone."

Von diesen Ur-Handys weiß Karlheinz Groebmair jede Menge zu berichten. Er ist als Sprecher für den deutschen Technikriesen und Mobiltelefonhersteller Siemens tätig. Unternehmen wie Siemens oder Nokia liegt eine Darstellung der Entwicklungsschritte ihres Produkts am Herzen. So unterhält Nokia ein Museum im Haupthaus in Espoo/Finnland. "Das Siemens-Forum [Link entfernt] in München stellt wie ein klassisches Museum die firmeneigenen Geräte aus und informiert im Internet über Veranstaltungen, Entwicklungsschritte und Firmenprodukte", so Groebmair.

Nach Angaben des Siemens-Sprechers fanden die ersten Funktelefone schon im Kriegsdienst Verwendung: "Da die Netze noch nicht sehr groß waren, blieben diese Telefone zunächst dem Militär oder der Polizei vorbehalten." Erst in den siebziger Jahren entstanden recht elitäre, analoge Funknetze. Mit der digitalen GSM-Technik begann vor ungefähr fünf Jahren der Einzug des Handys in die Taschen von Otto Normalverbraucher. Von den Riesen-Mobiltelefonen in Koffergröße wissen die Nutzer, die ihr Handy heute sogar am Handgelenk tragen können, nichts mehr - dafür ist es jetzt Sache der Historiker [Link entfernt] .