Interview

TelDaFax-Vorstand Steffen Koch zur Lage seines Unternehmens

Vorwurf der Konkursverschleppung absurd
Von Frank Rebenstock

In einem längeren Telefongespräch hat sich heute Mittag Stefan Koch, Vorstand des insolventen Marburger Anbieters TelDaFax zur aktuellen Lage seines Unternehmens geäußert. Vier wesentliche Punkte kamen dabei zur Sprache: Die Vorwürfe zur Konkursverschleppung, das Vorgehen der Deutschen Telekom gegen den Wettbewerber, die Beziehungen zwischen TelDaFax und WorldAccess sowie die Bemühungen, einen Käufer für das angeschlagene Unternehmen zu finden.

Der Marburger Oberstaatsanwalt Woelk bestätigte inzwischen auf Anfrage von teltarif.de, dass gegen Herrn Koch ein Stranfantrag vorliegt. Die beiden Verdachtsmomente Konkursverschleppung und Scheinselbständigkeit sind jedoch nach Meinung von Herrn Koch "völliger Quatsch". Es dürften nicht alleine die drei offenen Monatsrechnungen gegenüber der Telekom als Indiz für die bevorstehende Insolvenz herangezogen werden, der gesamte Cashflow des Unternehmens müsse gesehen werden. Der Insolvenzverwalter Bernd Reuss habe im übrigen bestätigt, dass der Zeitpunkt für den Konkursantrag richtig gewählt worden sei. Der Vorwurf der Scheinselbständigkeit sei bereits dreimal gerichtlich überprüft worden. Jedesmal sei festgestellt worden, dass die Kriterien der Scheinselbständigkeit auf die Handelsvertreter von TelDaFax nicht zutreffe. Sie sind "lediglich im Bereich der Telefondienstleistungen exklusiv an TelDaFax gebunden". Bei allen anderen TK-Dienstleistungen, die diese Vertreter anbieten, zum Beispiel Verkauf von TK-Anlagen oder Installationen, sind sie in der Wahl der Firmen und Produkte frei.

Einer der Antragsteller, so Herr Koch, sei ein ehemaliger Filialleiter des Wetzlarer Großhändlers für Kommunikationselektronik Demuth & Dietl [Link entfernt] gewesen. Dieses Unternehmen ist eine 51 prozentige Tochter von TelDaFax. Es sei nicht unwahrscheinlich, dass dieser ehemalige Mitarbeiter noch Animositäten gegen Koch hege.

Angesprochen auf das rigide Vorgehen der Telekom, äußerte Koch die Vermutung, es sei dem Ex-Monopolisten nicht alleine um die Schulden gegangen. TelDaFax sei der größte Anbieter von Router-Anbindungen für Geschäftskunden gewesen. In Verbindung mit einem der Business-Tarife der Telekom, die Pre-Selection vertragsmäßig ausschließen, ein für größere Kunden attraktives Angebot. Da der Routerzugang zulässig ist und günstigere Preise für Ziele offeriert, auf die in den Business-Tarifen der Telekom kein Preisnachlass gewährt wird, könne dies ein Grund für das harte Vorgehen der Telekom sein. Auch von der plötzlichen Abschaltung sei man "überrascht" gewesen: Nach einer ersten Teilzahlung an die Telekom sei diese noch während laufender Verhandlungen erfolgt. So sei es dem Anbieter nicht möglich gewesen, seine Kunden so rechtzeitig zu informieren, dass diese sich nach einem anderen Anbieter umsehen konnten. Koch zitierte dazu aus einem Schreiben der Telekom, diese sei jedoch "gerne behilflich" die TelDaFax-Kunden "schmerzfrei" zur Telekom "zurückzuführen".

WorldAccess habe sich ab vorigem Oktober in das operative Geschäft bei TelDaFax mit eingemischt: Ziel war eine Umstellung der Vertriebsstruktur vom selbständigen Handelsvertreter auf Multilayer-Marketing. Dieses Vorhaben scheiterte jedoch an den Gegebenheiten des bundesdeutschen Marktes, und im November hat sich WorldAccess wieder aus dem operativen Geschäft bei TelDaFax zurückgezogen. In Gesprächen mit WorldAccess sei bis Ende März immer wieder die Rede von 100 Millionen Dollar Cash gewesen und TelDaFax habe seinen Mehrheitsaktionär auch darauf hingewiesen, möglicherweise finanzielle Hilfen in Anspruch nehmen zu müssen. Offenbar sei dieses Geld, sofern überhaupt vorhanden, von WorldAccess in den Verhandlungen mit der Telekom nicht ins Spiel gebracht worden. Zuvor jedoch waren alle Ankündigungen von WorldAccess in Bezug auf TelDaFax, seine Europaaktivitäten auf Marburg zu konzentrieren, umgesetzt worden.

Abschließend sprach Herr Koch auch über die Verkaufsaussichten für TelDaFax: 3U habe zwar Interesse gezeigt, sei aber nicht hinreichend finanzkräftig. Während bei TelDaFax rund 18 Millionen Gesprächsminuten pro Monat anfallen, sind es bei 3U lediglich zweieinhalb Millionen Minuten pro Monat. MobilCom-Chef Gerhard Schmid sei nur an der Übernahme der Kunden interessiert gewesen, Colt wiederum nur an einzelnen Teilen der Firma. TelDaFax sei aber bestrebt, das Unternehmen als Ganzes und auch die Arbeitsplätze zu erhalten. Eventuell sei dies mit einem Quereinsteiger zu realisieren, mit dem derzeit verhandelt werde. Aussichtsreich sollen auch nach den Feiertagen beginnende Gespräche mit einem der künftigen UMTS-Netzbetreiber sein. Dabei könnte es sich um die Group 3G aus der spanischen Telefónica und der finnischen Sonera handeln, da diese als einzige Lizenznehmerin bislang noch gar nicht auf dem deutschen Markt vertreten ist. Das 2 800 Kilometer lange Glasfasernetz von TelDaFax und andere Einrichtungen könnten dabei eine wertvolle Starthilfe sein.