Unter Strom

Endlich möglich: Internet aus der Steckdose

Ascom produziert ab April 100 000 Powerline Endgeräte / EnBW startet noch diesen Sommer mit 7500 Kunden / RWE kündigt Marktstart zum 1. Juli an
Von Frank Rebenstock / Matthias Maetsch

Es scheint, als sei der Schweizer Firma ascom hinsichtlich der Powerline-Technik der große Durchbruch gelungen: Die heute auf der CeBIT vorgestellten Geräte seien in 16 Testgebieten ausgiebig erprobt worden und nun stehe ab April die industrielle Serienproduktion an. Stefan Riva, CEO der ascom Powerline Communications AG, erklärte, dass die ersten Serienprodukte Übertragsraten von 4,5 Megabit pro Sekunde leisten sollen. Mittelfristig sollen sogar bis zu 20 Megabit pro Sekunde möglich sein. Damit können über das Stromnetz Daten, Sprache und bestimmte Services der Energieversorger übertragen werden.

Ein Outdoor Master koppelt die Daten außerhalb des Hauses in der Ortsnetzstation des Energieversorgers auf den Strom, im Haus nimmt ein Outdoor Access Point genannter Hauskoppler die Daten in Empfang und verteilt sie an mehrere Adapter im Haus, die Daten und Strom wieder trennen. Im Außenbereich können so ohne einen zusätzlichen Repeater maximal 300 Meter überbrückt werden. Im Haus beträgt die Reichweite 100 Meter, ebenfalls ohne einen Repeater. Auf der "letzten Meile" im Außenbereich werden die Frequenzen von 1,3 bis 13 Megahertz genutzt und im Haus die für Haushaltsgeräte nicht störenden Frequenzen von 15 bis 30 Megahertz. Hinsichtlich der elektromagnetischen Abstrahlungen erfüllen die PLC-Produkte von ascom, so Herr Riva, die zukünftige Norm NB 30 der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (RegTP). Die Abstrahlung des Powerline Adapters sei geringer, als die eines Netzteils für ein Laptop. Bis zu 250 Häuser können an einen Outdoor Master angeschlossen werden, dabei kommt es dann allerdings schon zu einem merklichen Absinken der verfügbaren Kapazität. Versuche in einem Studentenwohnheim hätten jedoch gezeigt, dass selbst in Spitzenzeiten der Belastung die Kapazität nicht unter 1,5 Megabit absinken würde.

In Kooperation mit ascom wird die RWE der erste große Anwender dieser Technologie sein. Am 1. Juli startet man in den Städten Essen und Mühlheim/Ruhr. Düsseldorf, Berlin, Kölln, Bonn und Leipzig folgen einige Zeit später. Für eine Monatspauschale von 49 Mark erhält man ein freies Transfervolumen von 250 Megabyte, zahlt man 69 Mark, ist ein GB inklusive und für monatlich 99 Mark gibt es 2 GB. Businesskunden zahlen eine Monatspauschale von 249 Mark und erhalten 10 GB freien Datentransfer. Darüber hinausgehende Megabytes werden im 49 Mark-Tarif mit 13 Pfennig berechnet, in allen anderen Tarifen kostet das zusätzliche Megabyte 3,7 Pfennig. Die maximale Übertragungsgeschwindigkeit beträgt in allen Tarifen zwei Mbit/s für Up- und Download, falls das Netz durch mehrere Nutzer gleichzeitig stark belastet ist, soll trotzdem mindestens noch eine Geschwindigkeit von einem Megabit pro Sekunde in beide Richtungen möglich sein. Die erforderlichen Modems kosten 199 bis 349 Mark und müssen vom Kunden selbst angeschafft werden. RWE berechnet eine einmalige Anschlussgebühr von 99 Mark.

Obwohl vor kurzem der Hauptpartner der Energieversorgung Baden-Würtenberg (EnBW), die Münchener Siemens AG, die Zusammenarbeit beim gemeinsamen Powerline-Projekt wegen "zu ungewisser Rahmenbedingungen" beendete, kündigte die EnBW heute ihren Powerline-Marktstart an. Für die Bewohner des Stadtgebietes von Ellwangen am östlichen Rand der Schwäbischen Alb beginnt ein neues Zeitalter der Datenübertragung: Dort wird der Startschuss für die Markteinführung von Powerline fallen. Rund 7500 Stromkunden des in Ellwangen ansässigen EnBW Tochterunternehmens EnBW Ostwürttemberg DonauRies AG - kurz ODR - werden ab Sommer 2001 nicht nur Kilowattstunden, sondern auch Daten über das Stromnetz beziehen können. Entsprechend den individuellen Internet-Nutzungsgewohnheiten werden die Kunden nach der derzeitigen Planung unter mehreren Tarifen wählen können. Die unterschiedliche Tarifgestaltung berücksichtigt dabei Internet-Einsteiger und Gelegenheitssurfer genauso wie diejenigen, die stundenlang im world wide web unterwegs sind. Genaue Preise konnte der Anbieter allerdings noch nicht nennen.

Obwohl die Regulierungsbehörde bis heute keine allgemein gültigen Frequenzen für den Betrieb von Powerline freigegeben hat, ist die EnBW zuversichtlich, dass bald eine Entscheidung fallen wird. Andernfalls müsste man sich zwischenzeitlich mit einer auf Ellwangen begrenzten Genehmigung zufrieden geben und Verzögerungen beim weiteren Ausbau in Kauf nehmen.

Ob und wann die Powerline-Technologie eine flächendeckende Konkurrenz zum T-DSL Internet-Zugang der Telekom werden kann, ist indes reine Spekulation. Ohne eine generelle Freigabe dieser umstrittenen Technologie durch die Regulierungsbehörde, wird Powerline weiterhin nur ein grosses Pilotprojekt sein. Der Insider Siemens scheint dahingehend weniger Optimismus als die Energieversorger zu haben.