Spagat

Handyhersteller auf der Suche nach Kundschaft

´Zeit-Totschläger´ und ´Zeitsparer´ - die Industrie versucht mit neuen Produkten beide Nutzergruppen zu umwerben
Von dpa / Matthias Maetsch

Die weltweit führenden Handy-Hersteller müssen mit einer sehr gespaltenen Kundschaft leben. "Es wird zwei Arten von Handy-Nutzern geben: ´LZeit-Totschläger´ und ´Zeitsparer´ ", sagt der Ericsson-Spitzenmanager Torbjörn Nilsson. Dieser Einsicht scheint sich keiner der großen Hersteller auf der Computermesse CeBIT in Hannover zu verschließen: An ihren Ständen stehen digitale Muskelpakete mit E-Mailfunktionen, Internetzugang und Farbbildschirmen neben Anwendungen, denen die Aufforderung "Spiele mit mir" deutlicher anzusehen ist als "Telefoniere mit mir".

Ericsson beispielsweise zeigt eine Aufsteckkamera für das Handy, eine Idee, die Gameboy-Benutzern bekannt vorkommen dürfte - dort gehört ein Mini-Fotoapparat zu den beliebtesten Zusatzgeräten. Nokia protzt mit 169 verschiedenen Gehäusefarben und animierten Bildschirmschonern. Motorola bietet für die "Mikro-Langeweile" eine Handy-Version von "Wer wird Millionär".

Andererseits weisen die Flaggschiffe aller Hersteller schon in die Zukunft der Mobiltelefonie. "3G" heißt die Zauberformel der Branche, die 3. Generation der Funknetze im UMTS-Standard. Mobiles Internet und mobiler Handel sind die Schlagwörter, um die sich die Hoffnungen der Hersteller ranken. Schon im Jahr 2003, so schätzt man bei Ericsson, werden mehr Menschen mobil ins Internet gehen als über den herkömmlichen Leitungsweg. Fast scheint es, als sei auf dem Weg dorthin nur noch die Frage der Marktführerschaft ungeklärt.

Dabei haben die Handyproduzenten Grund zur Sorge: Die schwache US-Konjunktur drückt den Absatz. Gewinnwarnungen und Entlassungen in den Unternehmen waren die Folge. Und vor "3G" steht "2,5G" - der ebenfalls schnelle, aber durch den Milliardenpoker um die UMTS-Lizenzen in den Hintergrund gedrängte GPRS-Standard. Während die Handy-Hersteller übereinstimmend schätzen, dass UMTS schon im Jahr 2003 den Massenmarkt erreichen wird, sehen bei einer Expertenumfrage der Zeitschrift connect mehr als die Hälfte der Befragten 2006 als realistisches Datum an.

So versucht auf der CeBIT beispielsweise Motorola ausdrücklich, die Vorteile von GPRS wieder ins Bewusstsein der Öffentlichkeit zu rücken. "Das ist eine Revolution für die mobile Kommunikation", sagt Vizepräsident Mike Zafirovski. Als einziger Hersteller können die Amerikaner gleich fünf GPRS-Geräte anbieten - mit dem ersten waren sie schon im Jahr 2000 auf der CeBIT. Die Netzbetreiber tun das Ihre, um Werbung für "2,5G" zu machen: E-Plus will Ende des Jahres "i-Mode" aus der japanischen Internetwelt nach Deutschland bringen. Der über GPRS erreichbare virtuelle Marktplatz bietet Handy-Nutzern eine Vielzahl von Möglichkeiten vom Bankgeschäft bis zum Online-Spiel.

Ob die bisherigen Angebote aber ausreichen, sowohl die ´Zeit-Totschläger´ als auch die ´Zeitsparer´ zu Investitionen in Hardware, sprich neue Handys zu bewegen, ist unklar. Erschwerend kommt hinzu, dass die Netzbetreiber ihre Subventionen für Mobiltelefone reduzieren wollen, die Preise für den Endverbraucher also steigen. Aber Bange machen gilt nicht, lautet die auch von Motorola-Chef Robert L. Growney verbreitete Botschaft an den Ständen der CeBIT: "Die Industrie steht an einem Scheideweg. Aber die Menschen haben das Bedürfnis, zu kommunizieren."