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Greenwich-Zeit wird nicht Internet-Standard

Microsoft stemmt sich angeblich gegen Harmonisierung
Von AFP / Steffen Pospischil

Wohl gescheitert ist das Vorhaben des britischen Premierministers Tony Blair, die internationale Zeitmessung von Greenwich (GMT) auch im Internet als Referenz durchzusetzen. Wie die britische Tageszeitung "The Independent" berichtete, brachten technische Schwierigkeiten mit dem Microsoft-Browser Internet Explorer das Projekt zu Fall. Die Software, die derzeit von mehr als 80 Prozent aller Surfer genutzt werde, lasse sich nicht mit der geplanten Internet-Zeit GeT (Greenwich Electronic Time) vereinbaren, betonte die Zeitung. Das Microsoft-Produkt verhalte sich "unvorhersehbar" und lasse die Verwendung einer einheitlichen Zeit nicht zu. Dem Bericht zufolge zeigte sich der Konzern bislang nicht gewillt, seine Software entsprechend zu verändern.

Gegenwärtiger Standard bei E-Mails sind zwar bereits Greenwich Mean Time (GMT) oder die daraus abgeleitete Universal Time Coordinated (UTC). Die Mehrzahl der Personalcomputer überträgt diese Zeit jedoch in die jeweilige Zeit am Ort des Arbeitsplatzes.

Die britische Initiative war von Blair mit symbolischer Geste am ersten Januar 2000 gestartet worden. Die angestrebte Harmonisierung der elektronischen Kommunikation sollte der steigenden Bedeutung des Internet-Handels Rechnung tragen. Auch Rechtsgeschäfte oder Aktientransaktionen würden in Zukunft von einer einheitlichen Zeit im Internet profitieren. Dem "Independent" zufolge bedeutet das drohende Scheitern der Blair-Initiative einen neuerlichen Rückschlag bei dem Versuch, London als "Hauptstadt des E-Commerce" zu etablieren.

Das königliche Observatorium von Greenwich im Osten Londons ist seit mehr als einem Jahrhundert die Wiege internationaler Zeitmessung. Im Jahre 1884 hatten Vertreter der führenden Handelsmächte auf einem Kongress in den USA die Notwendigkeit einer Standardzeit erkannt und den Vertrag über die Zeitzonen (International Meridian Treaty) geschlossen. Die im Welthandel damals dominierenden Briten setzten Greenwich als so genannten Nullmeridian durch. Mehr als drei Viertel der seefahrenden Handelsgesellschaften nutzten den Ort zudem bereits seit Langem als Referenz für ihre Karten.