Hintergrund

So funktioniert das Telefonieren mit dem Handy

Lesen Sie, was passiert, wenn Sie mit Ihrem Handy tele­fonieren, wie Hand-Over funk­tio­nieren und wie komplex die Funk­tionen im Handy­netz sind.
Von / Julian Ruecker

Geht ein Kunde in einer Groß­stadt durch die Straßen, so werden in der Regel nach wenigen hundert Metern schon andere Sende­masten genutzt, als noch kurze Zeit zuvor. Eine Infor­mation, in welchem Mast sich das Handy einge­bucht hat, hat das Netz aber nicht vorliegen, solange das Handy nicht genutzt wird. Es findet ledig­lich alle paar Stunden eine Über­prü­fung statt, ob das Handy noch verfügbar ist. Erst dann würde an das VLR und HLR die Infor­mation gegeben werden, dass ein Handy gar nicht mehr erreichbar ist, weil es keinen Empfang mehr hat. Sollte in der Zwischen­zeit eine Nach­richt für das Handy kommen, wird diese Infor­mation dann abge­spei­chert.

Aller­dings: Verlässt der Kunde den Bereich eines Base Station Control­lers (BSC), gibt es ein soge­nanntes Loca­tion Update. Ein BSC ist in der Regel für eine zwei­stel­lige Zahl von Sende­masten zuständig. Natur­gemäß verlässt man gerade bei größeren Stre­cken den Bereich einer BSC irgend­wann einmal. Theo­retisch kann dieses auch bei einem Arbeitsweg von nur einem Kilo­meter der Fall sein, wenn zwischen Arbeit und Büro eine BSC-Zustän­dig­keits­grenze verläuft. Oftmals befindet sich der Kunde dann auch in einem neuen LAC. Diese neuen Infor­mationen werden dann wieder neu im VLR gespei­chert und das Netz kennt den neuen, groben Standort des Kunden.

Einbu­chen nach mehreren Tagen oder im Ausland dauert länger

Sind UMTS und GSM an einem Standort, so stehen in der Regel zwei BTS-Schränke nebeneinander. Sind UMTS und GSM an einem Standort, so stehen in der Regel zwei BTS-Schränke nebeneinander.
Foto: teltarif.de
Ist ein Handy mehrere Tage ausge­schaltet oder meldet es sich erst­mals im Netz an (beispiels­weise bei einem Neuver­trag oder beim Urlaub im Ausland), reicht ein Loca­tion Update nicht aus. Hier muss ein Loca­tion Register Update erfolgen.

Im Fall des Urlaubs im Ausland bedeutet dies, dass im VLR des auslän­dischen Netzes ein komplett neuer Daten­satz für den Gast-Kunden ange­legt werden muss. Das VLR fordert sich alle rele­vanten Infor­mationen vom HLR des Netz­betrei­bers des Kunden an. Dieses Loca­tion Register erklärt, warum das erst­malige Einschalten des Handys nach der Landung im Ausland relativ lange dauert während das Einbu­chen des Handys im Netz am nächsten Morgen nicht länger dauert als in Deutsch­land. Das VLR kennt den Kunden am nächsten Morgen noch und muss keine neuen Daten­sätze anlegen, sondern ledig­lich eine Aktua­lisie­rung vornehmen.

Hand-Over während eines Gesprä­ches ist nicht immer leicht

Bewegt sich das Handy während einer Daten- oder Sprach­ver­bin­dung, verhält sich die Über­gabe etwas anders. Schließ­lich muss der neue Sende­mast wissen, dass er ein Gespräch über­nehmen soll. Dabei muss unter­schieden werden, wie viele Netz­ebenen die Gesprächs­über­gabe betrifft. Die einfachste Vari­ante ist die, dass ledig­lich ein anderer Sektor des glei­chen Sende­mastes genutzt wird.

Es handelt sich also um den glei­chen Mast, nur eine andere Antenne die in eine andere Rich­tung auf einer anderen Frequenz sendet. Diesen Hand-Over regelt die Basis­sta­tion selbst. Muss das Gespräch an einen anderen Sende­mast über­geben werden, so regelt die BSC die Über­gabe. Befindet sich aller­dings die neue Basis­sta­tion in einem anderen BSC-Bereich, so müssen die beiden BSCs mit Hilfe der über­geord­neten Vermitt­lung (MSC) die Über­gabe regeln. Im "schlimmsten" Fall ist der für den neuen Sende­mast zustän­dige BSC auch noch einer anderen Vermitt­lung unter­stellt, sodass diese Netz­ele­mente die Gesprächs­über­gabe zunächst auch noch mitein­ander aushan­deln müssen.

Bei einer Über­gabe muss zunächst am neuen Sender geprüft werden, ob über­haupt Kapa­zitäten für ein weiteres Gespräch vorhanden sind. Andern­falls würde die Über­gabe schei­tern. Im Ideal­fall werden bei nur verein­zelt über­las­teten Sende­masten in Innen­stadt­lagen Gespräche von einem über­las­teten Sende­mast an einen weniger belas­teten, gering­fügig schlechter zu empfan­genem Sende­mast über­geben, damit nicht erst im Fall einer ankom­menden Gesprächs­über­gabe andere Gespräche verla­gert werden müssen. Diese Aufgabe über­nehmen die BSC selb­ständig.

Sind aller­dings alle Sende­masten voll oder die Sender­dichte so gering, dass eine Verla­gerung nicht möglich ist - etwa auf dem Land - kommt es bei einem geplanten Hand-Over zum Gesprächs­abbruch. Theo­retisch kann dieses auch bei einem zu schnellen Wechsel, etwa bei einer Fahrt im ICE geschehen, wenn der neue Sende­mast zu spät mit einer guten Qualität verfügbar ist.

Initi­iert wird ein Hand-Over durch Kommu­nika­tion mit dem Handy. Dieses kontrol­liert laufend die Sende- und Empfangs­stärke der Basis­sta­tion und empfängt gleich­zeitig schon die Signale anderer Sende­masten. Das Netz kennt diese Nach­bar­schafts­zellen und regelt die Gesprächs­über­gabe dann an eine Zelle, deren Empfangs­para­meter besser sind. Im Ideal­fall merkt der Nutzer nichts davon.

Die Abrech­nung: Unter­schiede zwischen Prepaid und Post­paid

Bei Vertrags­kunden funk­tio­niert die Rech­nungs­legung denkbar einfach: Da im HLR fest­gestellt wurde, dass der Kunde berech­tigt ist, die gewünschten Aktionen durch­zuführen, muss nach Ende der Aktion ledig­lich noch fest­gestellt werden, wie lange die Aktion gedauert hat und die entspre­chenden Rech­nungs­infor­mationen an das Billing­system gegeben werden. Hier wird dann anhand der hinter­legten Tarif­infor­mationen der entspre­chende Preis berechnet und in die Rech­nungs­legung gegeben, sofern der Kunde nicht eine Flat­rate gebucht haben sollte.

Prepaid-Kunden hingegen bekommen vom Abrech­nungs­system immer wieder virtu­elle Frei­sekunden. Um nicht zu viele Abfragen beim Abrech­nungs­system zu gene­rieren, wird diese Infor­mation etwa alle zwei Minuten gesendet. Erst dann, wenn das Guthaben für das nächste Gesprächs­inter­vall nicht mehr reicht, wird die reale Länge des letzten Zeit­inter­valls gesendet.

Viel Aufwand für einfa­ches Tele­fonieren

Die zahl­rei­chen Schritte zeigen, wie viel im Netz eines Mobil­funk­anbie­ters passiert, damit ein einfa­ches Tele­fonat geführt werden kann. Diese Abläufe machen auch plau­sibel, warum nicht alles so perfekt laufen kann wie im Fest­netz, wo die Vermitt­lungs­stellen deut­lich einfa­cher aufge­baut sind.

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