Funkschnittstelle

Funkschnittstelle beim Mobilfunk: So funkt ein Handy

Die Funk­schnitt­stelle ist bei einem Mobil­funk­netz entschei­dend. Wir erklären Ihnen alles zu den Funk­stan­dards und den Frequenzen.
Von / Julian Ruecker

Ein Handy­netz besteht zum einen aus der Technik, die hinter dem Sende­mast zum Einsatz kommt - der soge­nannten Netz­archi­tektur -, aber auch aus der entschei­denden Strecke vom Sende­mast zum Handy. Gerade diese Funk­schnittstelle ist entschei­dend für das korrekte Funk­tio­nieren eines Mobilfunk­netzes. Wir erklären Ihnen, wie die Sprach- und Daten-Signale vom Sende­mast zum Nutzer gelangen und was die Anbieter beim Aufbau neuer Sende­masten beachten müssen.

Mobil­funk­stan­dards: GSM, UMTS, LTE, 5G

Zwei BTS-Schränke für UMTS und GSM Zwei BTS-Schränke für UMTS und GSM. Über HF-Kabel wird das Signal zum Sendemast geleitet
Foto: teltarif.de
In Deutsch­land kommen aktuell drei Mobil­funk­stan­dards zum Einsatz: GSM (2G), LTE (4G) und 5G. UMTS (3G) wurde 2021 abge­schaltet.

Für GSM, LTE und UMTS gibt bzw. gab es entspre­chende Erwei­terungen, die sich vor allem auf die Daten­geschwindigkeit auswirken. Es handelt sich dabei um EDGE bzw. Evolved EDGE, um HSPA (3.5G) und um LTE-Advanced (4.5G) bzw. LTE-Advanced (Pro). GSM, UMTS (vor der Abschal­tung) und LTE sind auf der Funkebene in der Regel drei voll­kommen getrennte Netze. Theo­retisch wäre die Abstrah­lung über gleiche Sende­ele­mente möglich, prak­tisch wird dieses aber nur selten gemacht.

Frequenz- oder Zeit-Multi­plex-Verfahren

Mobilfunk­netze arbeiten hier­zulande mit einem Verfahren, das zwei mögliche Übertragungs­prinzipien einer Luft­schnittstelle koppelt: Möglich ist zum einen, dass eine Frequenz für Down- und Uplink (also Gesprächs­teile Sende­mast-Handy bzw. Handy-Sende­mast) zeit­lich geteilt und in einem Bruch­teil einer Sekunde in die eine und in einem anderen Bruch­teil in die andere Rich­tung gesendet wird (Fach­begriff Time Divi­sion Duplex, TDD). Ange­wendet wird dieses beispiels­weise bei DECT-Tele­fonen. Vari­ante zwei nennt sich Frequency Divi­sion Duplex (FDD). Hierbei hat ein Teil­nehmer für die Zeit seines Gesprächs eine feste Frequenz für die Empfangs- und eine feste Frequenz für die Sende­richtung. Weiterer entschei­dender Unter­schied: Bei FDD kommt ein Frequenz-Paar zur Anwen­dung, bei TDD nur eine Frequenz.

Die Kombi­nation sieht so aus, dass ein Handy­nutzer für jede Sende­richtung zunächst einmal unterschied­liche Frequenzen nutzt. So kann es sein, dass ein o2-Kunde bei einem Gespräch seinen Partner auf der Frequenz 930,1 MHz empfängt, selbst aber auf 885,1 MHz sendet. Diese beiden Frequenzen nutzt der entspre­chende o2-Kunde aller­dings nicht alleine, sondern auf den glei­chen Frequenzen können je nach Konfi­gura­tion des Senders noch sechs bzw. sieben weitere Gespräche statt­finden, ohne dass die Teil­nehmer sich gegen­seitig stören.

Der Wechsel der Zeit­schlitze und somit der Zeit­fenster, in denen die Sprach-Daten über­tragen werden, erfolgt so schnell, dass es das mensch­liche Gehör nicht wahr­nehmen kann. Vergleichbar ist das mit einem Kino­film, der pro Sekunde aus 25 einzelnen Bildern besteht. Die Länge eines solchen Zeit­schlitzes beträgt 577 Mikro­sekunden.

Bei GSM enthält jeder Kanal 8 Zeit­schlitze, die nach­ein­ander auf das Medium zugreifen dürfen. Acht Benutzer teilen sich diesen Kanal, das heißt: Erst, wenn Nutzer Zwei bis Acht ihre Daten über­mit­telt haben, darf Nutzer Eins wieder Daten senden. Durch Kompres­sion des Gespro­chenen in den übrigen sieben Zeit­schlitzen schaffen es Handy und Netz, die komplette Sprache in diesem kleinen Zeit­rahmen zu über­mit­teln. Über einen solchen Zeit­schlitz werden auch Signalisierungs­daten, etwa die bei einem Gesprächs­aufbau über­tra­genen Authen­tifizierungs-Daten, aber auch SMS über­tragen.

Nicht alle Frequenzen können an einem Standort genutzt werden

Sendemasten von o2 mit Richtfunkschüssel Vom Sendemast aus geht das Signal dann an die Handys. Am Mast zu erkennen: Die Richtfunkschüssel für den Abtransport der Daten zum nächsten Controller.
Foto: teltarif.de
Jede Zelle benö­tigt mindes­tens zwei Schlitze für diese Signali­sierungen und die Synchro­nisation der Handys mit den Basis­stationen. Nicht alle GSM-Frequenzen können an jedem Standort einge­setzt werden, da sie sich über­lagern würden. Daher spricht man hier von einem Re-Use-Faktor, der unterschied­lich hoch sein kann. Das bedeutet, dass um einen Sende­mast herum in waben­artiger Form andere Masten mit jeweils anderen Frequenzen aufge­baut werden müssen und erst dann die gleiche Frequenz wieder verwendet werden darf.

Anders formu­liert: Einem Netz­betreiber steht jeweils pro Mast nur ein Teil der eigent­lich zur Verfü­gung stehenden Frequenz­menge zur Verfü­gung. Würde der Re-Use-Faktor nicht einge­halten, könnte es zu Störungen kommen. Ausnahme: Klein- und Kleinst­sender (Piko­zellen), die nur wenige Meter weit strahlen, aber die Kapa­zität erhöhen, können auch inner­halb eines Sende­mast-Radius aufge­baut werden, da ihre Sende­lei­tung so gering ist, dass sie den nächsten Sende­mast nicht stören.

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Beispiel einer Sende­masten-Konfi­gura­tion

Auf einem Sende­mast, also hinter einer Basis­sta­tion (BTS: Base Trans­ceiver Station), hängen drei Sektoren. Diese drei Sektoren sind die Antennen-Elemente, die in unter­schied­liche Himmels­rich­tungen abstrahlen. Auf diese Sektoren (oder auch Zellen) können dann unter­schied­lich viele Träger­fre­quenzen aufge­schaltet werden. Die Anzahl der Träger­fre­quenzen richtet sich nach den Kapa­zitäts­bedürf­nissen, aber auch nach freien Frequenzen (Frequenz Re-Use). Wird nun ein Segment mit vier Träger­fre­quenzen ausge­stattet, so haben in der Regel auch die anderen Segmente vier Frequenzen, es werden also an diesem Standort insge­samt 12 Träger­fre­quenzen benö­tigt.

Acht gleich­zei­tige Gespräche pro Frequenz möglich

Unterschied bei der Frequenzplanung für GSM und UMTS Unterschied bei der Frequenzplanung für GSM und UMTS
Grafik: teltarif.de
Jede dieser Frequenzen hat 8 Zeit­schlitze, kann also bis zu acht Gespräche gleich­zeitig führen. Besten­falls können also nach Abzug der Signalisierungs­kanäle (zwei pro Zelle) auf dem Sende­mast maximal 90 gleich­zei­tige Gespräche geführt werden. Hat eine BTS hingegen nur eine Träger­fre­quenz pro Segment, so sinkt die Zahl der gleich­zeitig mögli­chen Gespräche auf 18.

Einige BTS haben auch weniger als drei Sektoren. Dabei handelt es sich vor allem um Verstärker­zellen, die lokal (etwa einem Dorf oder einer stark befah­renen Kreu­zung) zusätz­liche Kapa­zitäten bereit­stellen sollen. Zusätz­liche Träger­frequenzen auf einem Segment werden erst dann akti­viert, wenn sie auch benö­tigt werden. Das redu­ziert die Strah­lung und Sende­leistung.

UMTS: Alle Teil­nehmer auf der glei­chen Frequenz

Auch bei UMTS gab es eine Down- und eine Uplink-Frequenz. Es wurde hier jedoch nicht mit Zeit­schlitzen gear­beitet, die Strah­lung war daher auch nicht gepulst. Viel­mehr wurde bei UMTS ein Code Divi­sion Multiple Access-Verfahren (CDMA) genutzt. Dieses unter­schied verschie­dene Teil­nehmer auf der glei­chen Frequenz nicht durch verschie­dene zuge­wie­sene Zeit­schlitze, sondern durch Codie­rungen. Das ange­spro­chene Handy wurde also adres­siert.

Durch die Codie­rung konnte ein Netz­betreiber die gesamte Frequenz­band­breite zum Senden und Empfangen nutzen. Die deut­schen Anbieter hatten jeweils zwei Kanal­paare mit 2 x 5 MHz erstei­gert. Durch die Codie­rung und Adres­sie­rung musste auch keine Frequenz­pla­nung vorge­nommen werden, da ohnehin immer die volle Band­breite genutzt wurde. Theo­retisch reichte es also, einen neuen Sende­mast aufzu­bauen, anzu­schließen und senden zu lassen. Eine Abstim­mung mit Frequenzen benach­barter Sender war nicht nötig.

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