Frei Sprechen
13.08.2008 11:47

Die Kundenhotline Ein Verlaufsprotokoll

Der Weg vom herzlichen Willkommen bis zum Rauswurf
teltarif.de Leser bilderbuch schreibt:
Ich liebe Hotlines! Nein, wirklich. Sie sind so unterhaltsam. Was ich da alles geboten bekomme! Eine herzliche Begrüßung, viele nützliche Hinweise einer freundlichen Computerstimme, Auswahlmöglichkeiten für mein Anliegen, entspannende Musik, persönliche Beratung und das in einigen Fällen sogar umsonst.

Nun ... Spaß beiseite und zurück zur Wahrheit :-) Viele Kundenhotlines im Telekommunikationsbereich (in anderen Bereichen habe ich nicht so die Erfahrung) sind eher ein Ärgernis für den Kunden als eine Hilfe. Auch hier bei Frei Sprechen lese ich ab und zu davon. Es scheint grad so, als würden die Anbieter verschiedene Faktoren mit Absicht so kombinieren, dass sie den Anrufer möglichst schnell auf die Palme bringen. Im Folgenden mal ein beispielhafter Ablauf.

„Herzlich Willkommen bei ...“

Hach, herrlich. Bei so einer Begrüßung bin ich erstmal guter Dinge und zuversichtlich, dass sich mein Problem schon lösen lassen wird. Trotz maschineller Begrüßung bin ich hoch motiviert.

„Übrigens: Haben Sie schon von unserem Angebot XY gehört?“

Äh...nein. Und ehrlich gesagt interessiert mich das im Moment auch überhaupt nicht. Genauso wenig möchte ich dem Vorschlag nachgehen, mich über irgendetwas im Internet zu informieren. Viel lieber würde ich möglichst schnell meine Anfrage stellen. Ich bekomme den leisen Verdacht, dass man mir hier nicht wirklich um mein Wohl besorgt ist. Glauben die wirklich, ich lasse mich auf diese Weise von einem neuen Angebot überzeugen? Einmal hatte ich auch schon den Fall, dass ich etwas genervt „nein, hab ich nicht“ vor mich hingebrummelt habe. Schwubs wurde ich verbunden. Funktioniert aber scheinbar nicht immer :-)

„Worum geht es bei Ihrem Anruf?“

Aha. Jetzt wird’s ernst. Ich lausche geduldig der Aufzählung verschiedener Anliegen...und bin enttäuscht. Leider habe ich keine Ahnung, in welche Kategorie meine Frage passt. Tja, für irgendwas muss ich mich entscheiden und irgendwo werd ich schon landen. Also wähle ich auf gut Glück einfach etwas aus. Gleichzeitig frage ich mich, ob es eigentlich relevant ist, was ich nehme. Hat dort wirklich jeder Mitarbeiter ein Spezialgebiet? Oder will man mir nur weismachen, dass ich in einem spezialisiertem Bereich lande? Manchmal habe ich auch den Eindruck, dass das Durchstellen besonders lange dauert, wenn ich ein Problem habe, es aber schneller geht, wenn es nur um meine Kundendaten geht.

„Der nächste freie Mitarbeiter ist für Sie reserviert“

Schon plärrt mir die Warteschleifenmusik entgegen. Ich halte den Hörer ein wenig weiter vom Ohr weg, da ich nach diesem Hörgenuss den Mitarbeiter ohne Hörschaden verstehen möchte. Während das Gedudel läuft, mache ich mir Gedanken darüber, was diese Art von Musik in dieser Qualität wohl bezwecken soll. Soll mir das gefallen? Soll es beruhigend wirken? Oder soll ich vielleicht schnell wieder auflegen, weil ich das Geplärre nicht ertragen kann? Ich komme zu keinem Ergebnis. Dann stoppt die Musik. Ein leises Knacken in der Leitung. Es tutet. Ich verdränge die Musik-Frage und widme meine Aufmerksamkeit wieder dem Hörer.

„Guten Tag! Meine Name ist XY. Was kann ich für Sie tun?“

Dann wollen wir mal. Ich schildere mein Anliegen und nenne nach Aufforderung meine Kundennummer. Kurzes Schweigen, während der Mitarbeiter sich irgendetwas ansieht. Was genau, weiß ich leider nicht, da ich gehört habe, dass diese Callcenter-Mitarbeiter häufig gar keinen vollständigen Zugriff auf die Daten haben. Jedenfalls stellt sich heraus, dass mir der gute Mensch nicht helfen kann. Alternativ gibt es auch den Fall, dass die Informationen auf Grund meines Vorwissens so unwahrscheinlich klingen, dass ich sie nicht glauben kann. Oder der Mitarbeiter verspricht, dass das Problem gelöst ist und hält dann sein Versprechen nicht.

„Da verbinde ich Sie mal mit der XY-Abteilung.“

Ok. Solange man mir dort weiterhelfen kann, finde ich das in Ordnung. Wieder ertönt die schmerzhafte Musik. Eine Minute.....fünf Minuten....zehn Minuten. Die Zeit vergeht und meine Zuversicht auch. Während ich warte, wandere ich im Haus umher und erledige ein paar Dinge. Plötzlich ein leises Knacken, dann werde ich aus der Leitung geworfen ...

So. Prima. Das war ja ein voller Erfolg! Und das schöne ist: Ich kann das ganze mindestens noch einmal machen! Für solchen Service gebe ich doch gerne Geld aus!

Kommentare zum Thema (3)
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Oh wie war, diese Wait-Lines
zoelac antwortet
13.08.2008 12:18
Da kann ich ja richtig mitfühlen...
Ein DSL-Router der spinnt, denn sollte man doch über die Hotline zum laufen bringen, dachte ich.

Zusammengefasst: mehrere Anrufe mit min. 1/2h brachten das Ergebnis, dass keine DSL-Störung auf der Leitung vorliegt, aber eigentlich 6000 statt 2000 geschaltet sein sollte und mir bei dem Routerproblem nicht geholfen werden kann, hatte ich 1 Stunde später nochmal angerufen. Hier bekam ich nach einer Stunde Warteschleife eine freundliche und hilfsbereite Person ans Rohr, die den DSL-Test nicht mehr machte, sondern mich zur techn. Hotline verband. Nach wieder 1h war ein Herr von der Technik für mich da, schön. 10 Minuten Abklärungen und Test und mitten im Gespräch: Knacks, "herzlich Willkomen bei T-COM" --> ich war wieder in der Eingangsschleife.
Der nächste Anruf ging seltsame Weise innerhalb 5 Minuten durch und der Hinweis auf einen Rausschmiss der Geräte und explodierenden Kunden wurde sehr schnell reagiert. Ich bekam einen neuen anderen Router und die DSL-Geschwindigkeit wurde angepasst.

Kleine Bemerkung: ich kenne mich mit der Technik aus, meine Bekannte nicht. Wie lange wäre bei ihr wohl die Hotline (oder Waitline) hilfsbereit gewesen?

zoelac
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Erlebnis Service CallCenter
neffetS antwortet
13.08.2008 23:21
Hallo Bilderbuch,

Ein amüsanter Bericht, hast Dir viel Mühe gegeben
auf humorvolle Weise die Sache zu beleuchten.

Ja, in gewisser weise gibt es schon spezialisierte Richtungen,
auch sind die Fragen oftmals wirklich nicht exakt in die richtige Schublade einzuordnen.
Deshalb sollten ja möglichst viele CallCenterAgenten wiederum allgemein geschult sein.

Die Sache mit dem „kurzen Schweigen“ hast Du gut erkannt,
hier schaut der CCA kurz was für ein Tarif, und welche Optionen im Bestand sind,
ob er Kd gerade umgezogen ist? Mit Erfahrung und ein bisschen Glück
weis ein geschulter Agent dann schon warum der Kd anruft,
bzw. wie er im weiteren sein Gespräch lenken wird.

Jedoch egal was ist, das Ziel ist es den Kundenwunsch zu 99,9% sofort abzuschließen.
Um so dem Auftraggeber den „Rücken frei zu halten“. Jeder Anruf bringt dem CallCenter Geld. Auch weiter Verbinden ist nicht gewollt, ein neuer Anruf bringt neues Geld.
Deshalb die vielen Fehlversuche beim Verbinden……

Und dieses CC ist nicht auch zwangsläufig dem Kunden sein TK Anbieter,
Ich meine Fremdfirmen, Leih und Zeitarbeiter sind schon lange in der Überzahl,
denn sie sind flexibel und doch so schön billig…

Der Schwerpunkt ist allerdings abgesehen von einer kurzen Gesprächszeit ein ganz anderer.
Nämlich dem Kunden von den Vorzügen eines höherwertigen Tarifes zu umgarnen.
Der Arbeitgeber sagt dazu: Zu jedem kd seinen passenden Tarif….
Verkauf wird überdimensional groß geschrieben,
dazu gibt es fast wöchentlich Schulungen aller Art.
Während dessen Fachwissen meist auf der Strecke bleibt.
Ab und zu ein Zettel durch die Bankreihen gereicht, das entspricht der Praxis.

Zwischen dem Kd Wunsch und dem Unternehmerischen Denken vom Arbeitgeber liegen Welten. Der CCAgent, wenn er noch ein Gewissen hat versucht auf vernünftiger Art dem Kunden zu helfen.

Gruß neffetS
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Rauswurf
Spam.General antwortet
14.08.2008 18:32
Noch schlimmer ist es, wenn man gerade zig mal verbunden wurde, mit der Störungsstelle telefoniert und dann die Mobilfunkverbindung zusammenbricht.
Eigentlich sollte man meinen man wird dann von dem Herrn Sachbearbeiter zurück gerufen. Weit gefehlt.

Also ist das Wort Kundenservice einfach falsch.
Service findet in diesem Fall nicht statt!