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Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Büssow


24.11.2001 00:23 - Gestartet von chocochip
An den Ministerpräsidenten
des Landes Nordrhein-Westfalen
Herrn Clement


Dienstaufsichtsbeschwerde

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,

nachdem ich mich bei Herrn Tauss, MdB nach Möglichkeiten erkundig habe gegen den Regierungspräsidenten des Regierungsbezirkes Düsseldorf Herrn Jürgen Büssow vorzugehen, erhebe ich hiermit förmlich Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Herrn Büssow.

Herr Büssow hat in meinen Augen in nicht zu akzeptierender Art und Weise Amtsanmaßung und Mißbrauch des selben begangen und dabei das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland mißachtet.

Ferner hat er hernach Kritiker dieser Entscheidungen im Rundfunk und in Presseerklärungen als rechtsradikal beleidigt und verleumdet, wohl wissend, daß sich diese nicht in ebenso medial glänzender Art und Weise wehren können.


Begründung:

Ich möchte mit dem Punkt der Mißachtung des Grundgesetzes und der Amtsanmaßung beginnen, da diese die schwerwiegendsten Vorwürfe sind.

Herr Büssow hatte in einem offenen Brief an Internetprovider (ISIS und andere) in NRW unter Androhung von Bußgeldern diese aufgefordert Internetseiten zu sperren. Dabei stellte er die Behauptung auf, daß er das Recht und die Pflicht nach dem Medienstaatsvertrag habe dies zu fordern.
Internetprovider sind jedoch, wie Sie sicherlich wissen keine Anbieter von Medieninhalten, oder Content, wie es Herr Büssow so schön angliziert ausdrückt, sondern lediglich Vermittler, der Medienstaatsvertrag kann also auf sie gar nicht angewandt werden. Herr Büssow hat sich also rechtswidrig angemaßt Internetprovider unter Druck zu setzen und seiner Rechtsauffassung Folge zu leisten, wie ISIS Sprecher sogar öffentlich zugaben. Da Herr Büssow durch Gerichtsurteile wußte, daß diese bisher wie im Falle Compuserve anders entschieden haben, wandte er diese zweifelhaften Mittel an.

Dabei ist es unerheblich, ob rechtsradikale Seiten zu sperren waren, oder andere.
Internetprovider unterliegen nicht dem Medienstaatsvertrag, genauso wenig wie das die Post oder die Telekom tut.

In einer Stellungnahme erklärte Herr Büssow es sollten nur rechtsradikale Seiten gesperrt werden, was sich jedoch bald als Unwahrheit erwies, denn auch die Seite rotten.com, die zugegebenermaßen ekelerregende Kriegsbilder zeigt, war darunter. Mir ist jedoch unbekannt, daß diese nicht angeschaut werden dürfen, denn schließlich zeigt RTL II unbehelligt von Herrn Büssow solche Bilder in gerichtsmedizinischen Sendungen auch, ohne den Widerspruch des obersten Medienhüters zu erregen.

Herr Büssow hat mit der Androhung von Zwangsgeldern durchgesetzt, daß diese Seiten gesperrt wurden und damit dazu beigetragen, daß Artikel 5 des Grundgesetzes mißachtet wurde, nachdem keinerlei Zensur ausgeübt werden darf. Seine Drohung wurde dazu benutzt eine Providerfirma zu zwingen gegen das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland zu verstoßen. Mithin zeigt sich deutlich, daß Herr Büssow auch persönlich dafür gesorgt hat, daß gegen Grundrechte und sogar Menschenrechte verstoßen wurde, denn das Recht auf informationelle Freiheit umfasst auch den Zugriff auf ausländische
Informationsquellen.
ISIS Kunden wurden also durch die Anordnung und deren Umsetzung an der Ausübung ihrer informationellen Freiheit gehindert.

Zumindest im Falle rotten.com wurde keinerlei strafbares Material aus den USA nach Deutschland verbreitet, ergo entspricht die Sperrung einer willkürlichen Zensurmaßnahme seitens des Regierungspräsidenten.

Herr Büssow ist Mitglied der Exekutive, nicht jedoch der Judikative. Eine Sperrung von Internetseiten kann aber nur die Judikative beschließen. Der richtige Weg wäre also gewesen Strafanzeige gegen die Betreiber dieser Seiten in den USA zu stellen, oder aber deutsche Gerichte mit der Frage zu betrauen, ob ISIS verantwortlich für die transportierten Inhalte ist.

In einem weiteren Punkt hat sich Herr Büssow des Verstoßes gegen das Datenschutzgesetz schuldig gemacht, weil Nutzer von ISIS, die rotten.com anschauen wollten automatisch auf die Seite des Regierungsbezirks umgeleitet wurden. Dabei wurden dann die Daten der Umgeleiteten ohne deren Einwilligung protokolliert, um sie vermutlich bei späteren Gelegenheiten zu verwenden.
Dies ist eine unzulässige Vorratsdatenspeicherung.
Ob in diesem Zusammenhang durch die Änderung des DNS-Systems vielleicht sogar eine Sabotage an Computernetzen vorliegt vermag ich nicht zu entscheiden.

Ferner ist es vielsagend, daß Herr Büssow Kenntnis darüber hat, daß es in München einen Betreiber einer Webseite für die Wiedererrichtung der KPD gibt. Diese Seite stand jedoch nicht auf seinem Index. Mithin ist diese Liste willkürlich und es liegt verschärfend eine willkürliche Zensur vor.

Auch das Argument des Jugendschutzes im Falle rotten.com zieht nicht, denn die meisten Nutzer des Internets sind erwachsene Menschen, die auf diese Seite in legaler Weise Zugriff bekommen müssen. Dieser Zugriff wird jedoch durch die Vorgehensweise von Herrn Büssow unmöglich gemacht. NRW reiht sich damit nahtlos in staatliche Zensurmaßnahmen des Internets wie in der Volksrepublik China oder dem Irak und Iran ein, dank Herrn Büssow. Möchten Sie sich als erstes Land Deutschlands in dieser zweifelhaften Nähe sehen? Überlegen Sie mal, wie unsere Verbündeten die Amerikaner darüber denken, daß Seiten, die bei ihnen legal sind bei uns gesperrt werden, nur weil sie nicht für Jugendliche geeignet sind.

Seine Auslegung des Medienstaatsvertrages ist außerhalb von Düsseldorf von namhaften Juristen und Politikern kritisiert worden.


Doch lassen Sie mich zum persönlichen Teil meiner Beschwerde kommen.

Als ich von dieser Zensurmaßnahme im Internet bei heise.de las fasste ich den Entschluß mich persönlich bei Herrn Büssow darüber zu beschweren, da doch immer wieder seitens der Politik gefordert wird, daß Bürger aktiv in der Politik mitwirken sollen.

Doch die Antwort, die von Herrn Büssow kam konterkarierte dieses Bestreben und
beleidigte mich zutiefst, denn er behauptete während eines vorübergehenden Aussetzens der Zensur, daß dies auf Druck der massenhaften rechtsradikalen Zuschriften geschehen sei, die sowohl er, als auch ISIS erhalten haben.

Mit keinem Wort ging er darauf ein, daß es auch demokratisch artikulierte Kritik gegeben hat. Nicht nur ich fasste diese Äußerungen von Herrn Büssow im Rundfunk als Beleidigung meiner Person und meines Engagements auf, sondern auch viele liberale und linke Mitdiskutanten in den Foren von heise.de.

Es kann schließlich nicht angehen, daß gegen demokratische Kritik an Sachentscheidungen einer nicht gewählten, sondern ernannten Bezirksregierung, die Rechtsextremismus Keule geschwungen wird. Das stellt in meinen Augen eine schändliche Instrumentalisierung des Aufstandes der Anständigen dar und hat dazu geführt, daß die Zugriffe auf die von Herrn Büssow indizierten Seiten schlagartig anstiegen, weil jeder wissen wollte, was sich denn hinter seinen Maßnahmen verbarg, wenn man schon als rechtsextrem tituliert wird.

Insofern hat Herr Büssow sogar sein Ziel verfehlt und exellente Werbung für die Verbreitung dieser Seiten geleistet.

Auf diverse Anfragen im Forum der Bezirksregierung hin wurde anscheinend eine neue Presseerklärung verbreitet, in der mit keinem Wort des Bedauerns aufgewartet wurde, sondern wiederum festgestellt wird, daß es abgesehen von einer kleinen Zahl von überzeugten Zensurgegnern überwiegend rechtsradikale
Äußerungen gab. Das ist für mich keine Entschuldigung, sondern eine Rechtfertigung seiner ersten Anschuldigungen auch gegen demokratische Mitbürger.

Ich fordere daher eine persönliche Entschuldigung Herrn Büssows in den gleichen Medien, die er nutze um seine pauschalen Anschuldigungen zu machen und hoffe, daß Sie Herr Clement in Zukunft dafür Sorge tragen, daß sich dieser Mann adäquat zu Gegnern seiner Politik verhält, wie es unter guten Demokraten angemessen ist. Der Kampf gegen Rechtsextremismus kann nicht mit verfassungsfeindlichen Mitteln geführt werden, ansonsten begibt man sich auf die gleiche Stufe wie diejenigen, die man bekämpfen möchte.

Ein Verhalten wie von Herrn Büssow iniitiert gibt meines Erachtens Anlass zu einer Strafanzeige bei den zuständigen Staatsanwaltschaften sowie beim Generalbundesanwalt gegen Herrn Büssow und das Land Nordrhein-Westfalen als dessen Dienstherrn wegen der Durchsetzung verfassugsfeindlicher Maßnahmen sowie der Verbreitung von Zielen, die geeignet sind Artikel des Grundgesetzes in ihrem
Wesensgehalt abzuschaffen. Aus diesem Grunde fordere ich die sofortige Aufhebung der Sperrungen.


Mit freundlichen Grüßen


xx (FDP)


Quellen:

Pressemitteilung 467/2001 der Bezirksregierung Düsseldorf vom 22.11.2001

Pressemitteilung 469/2001 der Bezirksregierung Düsseldorf vom 23.11.2001

http://www.bezreg-duesseldorf.nrw.de/cat/SilverStream/Pages/THEMEN_Beitrag_druckbar.html?query=THBTR.ID%3d3101

Sowie Äußerungen von Herrn Büssow im WDR.