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442 falsche Verträge


11.08.2001 15:01 - Gestartet von federico
Südthüringer Zeitung vom 8.August 2001

Erfurt (ils). Fast eineinhalb Stunden dauerte die Verlesung der Anklage: Hunderte Zahlen, Codes, Namen und Mobilfunknummern. Jeder einzelne der Fälle eines umfangreichen Handy-Betrugs musste genannt werden.
Insgesamt 442 Telekommunikationsverträge durch Betrug und Urkundenfälschung abgeschlossen und dadurch Provisionen in Höhe von 133.000 Mark kassiert zu haben - so lautet die Anklage gegen den 33-jährigen Matthias K., der aus der Untersuchungshaft vorgeführt wurde. Gestern begann am Landgericht Erfurt der Prozess gegen ihn.

Die jeweiligen 'Vertragspartner' waren entweder nicht mehr lebende, überhaupt nicht existierende Menschen oder Personen, denen ihr Ausweis gestohlen worden war oder die ihn verloren hatten. Die Mobiltelefonanbieter überweisen Vertragshändlern bei jedem Abschluss eine Provision, die zwischen 350 und 600 Mark liegen kann. Die Rechnungen gehen natürlich an die jeweils genannten Vertragskunden. Die fielen aus allen Wolken - sofern sie überhaupt existierten.

Der gelernte Elektriker K. war aus seinem heimatlichen Heidelberg 1998 nach seiner Heirat nach Gräfenroda gezogen. Dort und in Ilmenau, später auch in Erfurt, eröffnete er Handy-Shops. Die auf redliche Weise abgeschlossenen Nutzerverträge waren jedoch nur der kleinere Teil seiner Geschäfte. Ein Außendienstmitarbeiter soll, so ein Einwurf der Staatsanwältin, beispielsweise in Berlin Obdachlosen ihre Ausweise für 50 Mark abgekauft haben, um sie für die Telefonverträge fälschen zu können.

Schwunghaft weitete sich das Betrugsmanöver aus, nachdem K. Anfang 2000 einen 'Mobilfunkhändler' Michael M. aus Hamburg kennen gelernt hatte. Der lieferte seinem Thüringer Kumpan so genannte Kundenlisten einschließlich gefälschter Ausweiskopien oder Bankverbindungskarten, die Daten sandte K. dann per Internet an die Provider. Gegen den Hamburger, der eine komplett ausgestattete Fälscherwerkstatt betrieben haben soll, wird gesondert verhandelt.

Das Betrugsmanöver funktionierte nur zwei Monate. Die aufgeregten Empfänger von Rechnungen für etwas, das sie nicht bestellt hatten, ließen die Kundenleitungen der Provider heiß laufen. Die schalteten schließlich die Polizei ein.

(Quelle:http://www.stz-online.de/nachrichten/archiv/resyart.phtm?id=139568)

f.