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Welcher Datenschutz, welches Fernmeldegeheimnis?


06.05.2014 10:16 - Gestartet von IMHO
einmal geändert am 06.05.2014 10:29
"In dem Transparenzbericht versicherte die Telekom, streng darauf zu achten, das Fernmeldegeheimnis und den Datenschutz einzuhalten."
Was meinen die damit? Mit solch' pauschalen Aussagen kommt man in der Diskussion doch nicht voran. Jeder Staat der Terrorismus erlebt hat, hat das Fernmeldegeheimnis aufgebohrt. Das betrifft die USA/NSA, UK/GCHQ aber auch den deutschen Grundrechtsparagraphen Artikel 10 Abs.2 und das G10-Gesetz

(1) Das Briefgeheimnis sowie das Post- und Fernmeldegeheimnis sind unverletzlich.
(2) Beschränkungen dürfen [!] ... angeordnet werden. .... so kann das Gesetz bestimmen, daß sie dem Betroffenen nicht mitgeteilt wird und ....

Original z.B. http://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_10.html

Fernmeldegeheimnis und Datenschutz besagen doch nur noch, dass es der Wohnungsnachbar nicht erfährt. Die Ermittlungsbehörden behalten sich das Recht vor abzuhören (sofern sie dabei Auflagen einhalten). Und Abhören funktioniert grundsätzlich nur dann, wenn der Abgehörte nicht vorgewarnt ist. Das klingt für jeden Ermittler doch logisch.
Auf der anderen Seite gibt es politische Aktivisten, die stören sich an den internationalen Austauschabkommen der Geheimdienste und malen Szenarien an die Wand, dass der GCHQ die USA dann überwacht, wenn es die NSA nicht darf und umgekehrt die NSA Großbritannien überwacht, wenn es die GCHQ nicht darf. Die Geheimdienste stellen sich natürlich nicht auf ein Podest und sagen "Ja wir geben zu, dass wir..." Nein es kommen z.B. Antworten von Mr.Alexander "Nein ihre Akte können sie nicht einsehen"
Oder das Pofalla-Zitat "Die NSA hält sich an alle Abkommen, die mit der deutschen Bundesregierung, vertreten durch die deutschen Nachrichtendienste, geschlossen wurden, und hat sich auch in der Vergangenheit stets daran gehalten."
http://staseve.wordpress.com/2013/08/13/geheimdienst-affare-vernebelungsstunde-furs-volk-aus-dem-hause-profalla-us-geheimdienste-halten-sich-geheim-an-recht-und-gesetz/

Was nützt ein Transparenzbericht der Formulierungen verwendet:
"Ein geringerer Teil der Überwachungsmaßnahmen basierte auf dem Artikel 10-Gesetz und den Landespolizeigesetzen."

Zur Lektüre http://www.gesetze-im-internet.de/g10_2001/__12.html :

(1) Beschränkungsmaßnahmen nach § 3 sind dem Betroffenen nach ihrer Einstellung mitzuteilen. Die Mitteilung unterbleibt....übergreifender Nachteile für das Wohl des Bundes oder eines Landes absehbar ist. ... Die G10-Kommission bestimmt die Dauer der weiteren Zurückstellung [der Mitteilung an den Betroffenen]. Einer Mitteilung bedarf es nicht, wenn die G10-Kommission einstimmig festgestellt hat, dass
1. ...
2. sie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch in Zukunft vorliegt ...

Das sind Freifahrtscheine zur Überwachung! Keine bedingungslosen Freifahrtscheine aber Freifahrtscheine! Es gibt kein wissenschaftlich-objektivierbares Maß, gleichsam einem technischen Stand des Expertenwissens!
In allen anderen Rechtsbereichen müssen dann Gerichte und Richter her wenn solche Fragen entschieden werden müssen, die in ihrer Interpretierbarkeit Spielraum erkennen lassen.

Es ist ein zutiefst gesellschaftspolitischer Vorgang, ob die G10-Kontrollkomission eine derart geheime Überwachungsmaßnahme genehmigt oder nicht. Dazu lässt sich ganz viel diskutieren und meinen (Pro und Contra).

Ein Transparenzbericht eines TK-Unternehmens ausweislich der Formulierung "ein geringer Teil" basierte auf dem G-10-Gesetz macht dazu gar nichts transparent!
Es geht doch nicht um Richterschelte, ob so ein Humbug wie bei den Kölnern Entscheidungen zur Herausgabe der Redtube-Daten gemacht wird. Das ist doch bürgerrechtlich ausreichend geregelt. Auch Richter machen Fehler und müssen sie korrigieren. Das OLG Köln hat in aller Öffentlichkeit genug Schelte bekommen, um daraus gelernt zu haben.

Es geht doch auch nicht darum, dass irgendjemand der Telekom unterstellen will, dass bei einer Anfrage des Landesamtes für Verfassungsschutz o.ä. irgendein Mitarbeiter so blöd ist abends am Stammtisch davon zu erzählen "heute haben sie den Anschluss von Franz Beispielhuber angezapt, ich dachte schon immer dass der was Krummes macht"

Es geht doch darum, wer die geheimen Ausnahmen festlegt. Wie oft geheime Ausnahmen gemacht werden. Und wer diese "Ausnahmen-Festleger" kontrolliert.
Das Fernmeldegeheimnis aus GG Art10 Abs.1 ist doch schon längst durchlöchert.

Dass man einer Frau Z. keinen Brief schickt "Liebe Frau Zschäpe ab heute wird ihr Handy-Simkarte mit Rufnummer 0170-12345678 überwacht. Bitte kaufen sie sich eine neue Simkarte, wenn sie nicht überwacht werden wollen" muss jedem klar sein.
Ein Transparenzbericht der Telekom der genau zu diesen Geheimdienstaktivitäten ohne Mengenangaben nebulös bleibt ist aber kein Transparenzbericht.

Zur Überschrift:
Datenschutz vor dem Nachbarn, Datenschutz vor dem Arbeitgeber, Datenschutz vor der Polizei/Staatsanwaltschaft ODER Datenschutz gegenüber den Geheimdiensten?
Wieviele Anträge waren korrekt? Wieviele Abhöranträge der Geheimdienste waren formal/inhaltlich so schlecht begründet, dass sie abgelehnt wurden.

Sowas erwarte ich von einem Transparenzbericht.