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Kein Schrecken - die Datenrate ist nur theoretisch


30.07.2000 13:26 - Gestartet von Matti
Hallo !

Die genannten Datenraten sind nur Theoretisch und ob sie
umsetzbar sind, ist eine andere Frage.
Es sollen die Gesprächspausen anderer Teilnehmer ausgenutzt werden um Datenpakete zu übertragen. Denn wenn auf einem anderen Zeitschlitz ein Teilnehmer ein Gesprächspause hält, dann wird auch, wenn so in der BTS eingestellt, nichts übertragen.
In der Zeit sollen dann die Datenpakete übertragen werden.

Wenn 2 Teilnehmer mit diesem Verfahren übertragen wollen, dann ist es vorbei mit der Datenrate.
Oder wenn die 25% Gesprächspausen nicht erreicht werden, was auch anzunehmen ist, dann ist es ebenfalls vorbei mit der Datenrate.

Des weiteren wird es wohl technisch schwierig, die Gesprächspausen auzunutzen.

Ich habe nichts gegen Sascha Haenel, ich finde es Super, wenn sich ein "Jugendlicher" so mit dem Thema beschäftigt, welches relativ komplex ist.

UMTS wird es nicht aufhalten !


Matthias Versen
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[1] Thilo antwortet auf Matti
30.07.2000 20:14
Die Fortsetzung dieser Inanspruchnahme fremder Frequenzen bzw. Zeitschlitze wäre doch dann ein GPRS auch für Gespräche. Warum macht man das nicht schon längst? Wenn die Frequenzen und Timeslices kostbar sind, dann sollte man sie nicht derart verschwenden, sondern auch Sprache paketorientiert übertragen. Kann so schwer nicht sein, denn auch Festnetzgespräche werden meines Wissens zumindest teilweise schon so übertragen (Voice-over-IP). Man muß "nur" sicherstellen, daß die Verzögerungen nicht zu groß werden.

Thilo
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[1.1] Mobilfunk paketvermittelt?
scotchco antwortet auf Thilo
31.07.2000 10:58
Hi,

"Die Fortsetzung dieser Inanspruchnahme fremder Frequenzen bzw. Zeitschlitze wäre doch dann ein GPRS auch für Gespräche. Warum macht man das nicht schon längst?"

Im Prinzip wird das ja schon durchgeführt: schliesslich liegen die Bandbreiten für den Mobilfunk deutlich unter 19,2k, im Gegensatz zum 64k Festnetz. Die "Luft" ist dabei dann aber schon weitgehend raus, die Sprachqualität auch entsprechend schlechter. Weitere Massnahmen, wie Nutzung von Gesprächspausen für "andere" Verbindungen o.ä. führen vor allem zu einer weiteren deutlichen Verschlechterung der Sprachqualität, ohne drastischen Zugewinn auf der Kapazitätsseite. Daneben kommt natürlich dazu, daß die Basisstationen zwar schon auf einen Softwareupgrade auf GPRS vorbereitet sind, grundsätzliche Modifikationen auf der Sprachseite aber schwierig werden dürften. Z.b. wird bei GPRS der gesamte Datenstrom auf einen Breitband-Zugansserver weitergeleitet, der das Sessionhandling macht, und die Pakete je nach IP Zieladresse im Internet des jeweiligen Carriers weiterleitet. Für Sprache gibt es entsprechende Techniken in dieser Form nicht - es ist immer noch eine kanalorientierte Technik, ohne Adressinformation in der eigentlichen "Daten"einheit.

"Wenn die Frequenzen und Timeslices kostbar sind, dann sollte man sie nicht derart verschwenden, sondern auch Sprache paketorientiert übertragen."

Nicht so einfach, das für den Handybetrieb zu realisieren. Dann müsste auch der gesamte Codec für VoIP integriert sein, inklusive Jitter Buffer, Echocancellation, Handhabung von Leistungsmerkmalen, usw., im Prinzip der Inhalt eines kompletten IP-fähigen Telefons. Das DSP dafür würde vermutlich den Strombedarf und die Kosten in ungeahnte Höhen entschwinden lassen. Ausserdem, wie gesagt, was würde man dadurch wirklich überhaupt noch gewinnen? 50%? 30%? Wäre das den Aufwand wert?

"Kann so schwer nicht sein, denn auch Festnetzgespräche werden meines Wissens zumindest teilweise schon so übertragen (Voice-over-IP). Man muß "nur" sicherstellen, daß die Verzögerungen nicht zu groß werden."

Das sollte man etwas verifizieren: Es gibt zur Zeit keinen großen Carrier der Sprache über IP in seinem Backbone betreibt, sondern lediglich eine (kleine) Handvoll Feldversuche und Sondercarrier. Was man findet ist Sprachübertragung über ATM, ebenfalls eine Datentechnik, hier allerdings wieder in einem zeitscheibenähnlichen Verfahren (CES - Circuit Emulation Services) mit dem dedizierte Festnetzverbindungen emuliert werden. Die ganzen "großen" Ortsvermittlungsanlagen sind gegenwärtig nicht für VoIP einsetzbar.

Es stellt sich auch die Frage nach dem Sinn: Der gegenwärtige Ausbau der Festnetze ist ausreichend, um in 99,99% (oder mehr) aller Fälle eine Vermittlung, d.h. einen freien Kanal, zu gewährleisten, und die Lastsituation ist durch den Aufbau alternativer Netzinfrastrukturen wie z.B. von GTS o.ä. eher noch entzerrt worden. Bandbreite ist demnach mehr als ausreichend vorhanden, und auch eine Zunahme der erforderlichen Kanäle Ende-Ende im Festnetz-Backbone ist kaum zu erwarten.
Scheinbare Engpässe, wie sie manchmal z.B. bei Internetzugängen auftreten, sind eher Faktoren wie politischen Rangeleien der Telekom mit anderen Anbietern, Fehlplanungen bei Leitungskapazitäten und Anschlüssen und Kapazitätsengpässen in kleinen Ortsvermittlungsanlagen zurückzuführen (also eher menschliches Versagen und Inkompetenz als tatsächliche Engpässe).

Daneben spielt die Qualität eine ausschlaggebende Rolle: VoIP wird gewöhlich mit ca. 8k Komprimierung gefahren, die Qualität ist dadurch oft nur noch mit der über Mobilnetze zu vergleichen (egal was die Presse von den Prospekten der Hersteller abschreibt), dazu kommen Probleme bei der Übertragung von Leistungsmerkmale (Klingelton, Freizeichen, Rufnummer, Anklopfen, 3er Konferenz, Rückruf u.ä.) - schliesslich kommt die Technologie aus USA, immer noch ein analog-dominiertes Umfeld, ohne großen Technologiedruck in diese Richtung.

Schliesslich stellt sich noch die Frage nach Daten- und Faxübertragung von an ein solches Netz angeschlossenes Festnetzanschlüssen, und schlussendlich das völlige Fehlen von ausreichend Personal mit Sachkompetenz zu diesen Fragen, sowohl im Management als auch im Betrieb, bei den in Frage kommenden Carriern. Man hat Personal mit Sprachexpertise, und Personal auf der Datenseite, aber praktisch niemanden, der in der Lage ist Probleme die durch die Kombination der zwei Welten entstehen zu antizipieren und zu lösen. Welcher Datenexperte weiss schon wo und wie der Klingelton überhaupt entsteht, was weiss er von Echo, von MOS und Erlang? Was weiss der Betreuer einer Vermittlungsanlage von Delay, Congestion, Jitter, von Queueing und Discards? Auch die "Greencard" wird DIESES Problem nicht lösen.

Wenn sich VoIP durchsetzt, dann wird dies auf der Ebene der WAN Backbones integrierter Firmennetze sein, mit kleinen bis mittleren IP-fähigen TK Anlagen, bsp. der Alcatel OmniPCX 4400 (http://www.alcatel.de/telecom/bsd/voice/a4400.htm) und einer Kostenkalkulation die weniger auf Einsparungen bei der Leitungsbandbreite (ein Scheinargument der uninformierten Fachpresse) beruht als auf Ersparnisse beim integrierten Service und Betrieb eines, statt wie früher zweier Netze.

MfG,
scotchco
http://fogi.webloft.de
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[1.1.1] Thilo antwortet auf scotchco
31.07.2000 23:08
Hey scotchco!

Das war ja ein mega-ausführliches Posting, das eine ganze Menge von meinen Behauptungen korrigiert bzw. getarnten Fragen ;-) beantwortet hat. Na ja, da habe ich dann doch gemerkt, daß ich mein Telefonie-Wissen allein aus der Telekom-Werbung und dem Studium meiner Handy-Anleitung habe :-).
Das Stromverbrauchs-Argument hat mir sehr eingeleuchtet. - Allerdings hatte ich tatsächlich gelaubt, daß VoIP gerade bei internationalen Verbindungen schon stärker verbreitet sei. - Stimmt es eigentlich, daß derzeit schon über 80% des TelKo-Verkehrs Daten sind und nur noch 20% Sprache?
Im übrigen halte ich mich mit meinem Laien-Wissen nun ein bißchen zurück...
Thilo
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[1.1.1.1] scotchco antwortet auf Thilo
03.08.2000 14:42
Hi,
"Stimmt es eigentlich, daß derzeit schon über 80% des TelKo-Verkehrs Daten sind und nur noch 20% Sprache?"

Das ist relativ schwierig zu beantworten: Was genau ist "TelKo"-Verkehr?

Wir müssen unterscheiden zwischen den "alten" Telefonfirmen, Beispiel: Deutsche Telekom, deren Hauptgeschäft nach wie vor eine relativ statische Anzahl an Telefonfestnezuanschlüssen darstellt, die für diese auch noch den Hauptteil der "Verkehrs" stellen, den "neuen" Telekommunikatio­nsgesellschaften wie Arcor, die neben einem sehr kleinen Telefonanschlussanteil zunehmende Mobilvolumina transferieren, und schliesslich die neuen Carrier wie GTS, Colt, oder WorldCom, deren Hauptgeschäft die Datenverbindungen sind. Letztere nutzen mit Sicherheit den allerüberwiegendsten Teil ihrer Bandbreite für Datenübertragungen. Auch Angesichts der eher statischen Banbreiten für Festnetzanschlüsse gehen die ganzen "neuen" Infrastrukturen (http://www.gnn.de/9907/3771.html) hauptsächlich zugunsten von Daten.

Weltweit hat wohl letztes Jahr der Gesamtdatenverkehr den Gesamtsprachverkehr erstmals übertroffen, so daß man inzwischen wohl von etwas höherem Daten- als Sprachaufkommen reden darf, vielleicht 60% Daten/40% Sprache. Schliesslich dürfen wir nicht vergessen, daß Internet- und Datenanbindungen weltweit gesehen immer noch einer elitären Minderheit vorbehalten sind, während auch in Entwicklungsländern, oder der "2. Welt", oft eine starke Telefondurchdringung bereits erreicht ist (zumindest in Relation zu Daten).

Weiterhin stellt sich die Frage: was wird gemessen? Die Anzahl der für den jeweiligen Verkehrstyp verwendeten Kanäle? Schliesslich kann ich bei Daten sehr genau das Volumen messen, bei Sprache bleibt jedoch immer ein Teil der Bandbreite die für den Ende-Ende Kanal zur Verfügung gestellt wird ungenutzt. Beispielsweise führt ein sehr verteiltes Netzschema im Datenbereich dazu, daß (für Carrier) der Verkehr in beiden Richtungen relativ ausgewogen ist: etwa genauso viele Anwender greifen aus dem Ruhrgebiet auf Berliner Server zu wie umgekehrt. Bei Sprache dagegen bleiben, bedingt durch die Gesprächspausen während des Zuhörens, im Schnitt immer über 50% des zur Verfügung gestellten, eigentlich in beide Richtungen nutzbaren Kanals ungenutzt.

Am Ende stellt sich die Frage ob die Marginalisierung der Sprachverkehrsanteile in Relation zu den Daten, und die damit einhergehende Kostenentwicklung der Datenseite, der Sprachintegration via IP nicht eher schadet als nützt. Der Hauptvorteil von "komprimiertem" VoIP, die optimalere Nutzung vorhandener, begrenzter Bandbreite wird auf den nationalen und internationalen Verbindungsstrecken in den nächsten Jahren angesichts des rapiden Wachstums zur Verfügung stehender Bandbreiten von immer untergeordneterer Bedeutung werden. Wir befinden uns im Augenblick in einer Übergangsphase, während der Daten zwischen europäischen Hauptstädten billiger werden als zwischen zwei deutschen, aber abgelegenen Standorten.

Auf der anderen Seite werden durch immer höhere Datenbandbreiten (http://www.denver-rmn.com/business/0515tech2.shtml) natürlich auch die Probleme von VoIP, nämlich Sicherstellung von QoS (Jitter, Delay) immer unerheblicher. So bleibt als einziger Vorteil das integrierte Management, welches durch die besondere Personalsituation eher Probleme schafft als löst...

Am Ende bleibt abwarten, und Hype-Berichte der einschlägigen Fachpresse, immer hungriger nach neuen Themen als nach qualifizierter Recherche, kritisch zu analysieren.

MfG,
scotchco
http://fogi.webloft.de
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[2] und Fusionsreaktor statt Akku
AlexDA antwortet auf Matti
31.07.2000 10:37
Kernfusion soll ja schon im Wasserglas möglich sein ... ;-)