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Problem Streitwert


09.09.2006 11:35 - Gestartet von Kai Petzke
Ich glaube, es ist falsch, dieses Urteil auf eine reine "ja-nein-Frage" reduzieren zu wollen: Handelt die Frau gewerblich, wenn sie fast hundert Artikel bei ebay einstellt? Wahrscheinlich ja, zumindest befindet sie sich in einer Grauzone zwischen "privatem" und "gewerblichem" Handeln. Auch ein "Trödler" handelt in der Regel gewerblich.

Andererseits: Welcher Umsatz ist mit knapp hundert Gebrauchtartikeln zu erwarten? Vielleicht knapp 1000 Euro. Die Abmahnung sollte daher auf den Geschäftswert 1000 Euro (statt der sonst üblichen 10000 bis 25000 Euro) beschränkt werden! Und die sich daraus ergebende RA-Gebühr sinkt dann auf gut 100 statt gut 1000 Euro. Da macht dem Anwalt das Abmahnen dann auch nicht mehr so viel Spaß wie bisher, und die halbgewerblichen Privatverkäufer haben wieder ihre Ruh.


Kai
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[1] spl antwortet auf Kai Petzke
09.09.2006 12:23
Benutzer Kai Petzke schrieb:
Welcher Umsatz ist mit knapp hundert Gebrauchtartikeln zu erwarten? Vielleicht knapp 1000 Euro. Die Abmahnung sollte daher auf den Geschäftswert 1000 Euro (statt der sonst üblichen 10000 bis 25000 Euro) beschränkt werden! Und die sich daraus ergebende RA-Gebühr sinkt dann auf gut 100 statt gut 1000 Euro. Da macht dem Anwalt das Abmahnen dann auch nicht mehr so viel Spaß wie bisher, und die halbgewerblichen Privatverkäufer haben wieder ihre Ruh.

Der Gegenstandswert bemisst sich nach dem potenziellen Schaden des Anspruchstellers, wobei auch ideelle Werte eine Rolle spielen können. Dieser muss nicht deckungsgleich sein mit dem reinen Wert der Waren, die der Anspruchsgegner verkauft.

spl
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[1.1] Kai Petzke antwortet auf spl
10.09.2006 16:51
Benutzer spl schrieb:

Der Gegenstandswert bemisst sich nach dem potenziellen Schaden des Anspruchstellers, wobei auch ideelle Werte eine Rolle spielen können.

Auch mit "ideellen Werten" und der üblichen Hochrechnung auf Jahresumsatz etc. muss aber der Streitwert in einem sinnvollen Verhältnis zum möglichen Schaden (z.B. Umsatzverlust) stehen. Und der ist nunmal bei ein paar gebrauchten Kleidungsstücken nicht allzu hoch.


Kai
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[1.1.1] spl antwortet auf Kai Petzke
11.09.2006 10:32
Benutzer Kai Petzke schrieb:
Auch mit "ideellen Werten" und der üblichen Hochrechnung auf Jahresumsatz etc. muss aber der Streitwert in einem sinnvollen Verhältnis zum möglichen Schaden (z.B. Umsatzverlust) stehen. Und der ist nunmal bei ein paar gebrauchten Kleidungsstücken nicht allzu hoch.

Beispiel: Anbieter A wirbt damit, der billigste Anbieter zu sein. Anbieter B unterbietet ihn, was er sich leisten kann, weil er die Kunden über das Widerrufsrecht täuscht, so dass deutlich weniger Kleidungsstücke zurückgegeben werden. Unter Umständen steht A nun als Sprücheklopfer da und die teure Werbekampagne ging nach hinten los. Irgendein Onlinemagazin berichtet über den Widerspruch, das Image ist ruiniert, und viele Kunden kehren dem Anbieter den Rücken.

Ich sehe das Hauptproblem nicht so sehr in den hohen Gegenstandswerten. Den grundlegenden Fehler sehe ich darin, Abmahnungen überhaupt als Geschäftsführung ohne Auftrag zu qualifizieren. Andernfalls wäre nämlich, wie bei anderen Mahnungen auch, die erste Abmahnung vom Abmahnenden zu bezahlen.

spl
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[1.1.1.1] Kai Petzke antwortet auf spl
11.09.2006 11:27
Benutzer spl schrieb:

Ich sehe das Hauptproblem nicht so sehr in den hohen Gegenstandswerten. Den grundlegenden Fehler sehe ich darin, Abmahnungen überhaupt als Geschäftsführung ohne Auftrag zu qualifizieren.

Auch das würde vielen Abmahnungen wegen Kleckerkram den Boden entziehen.


Kai
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[1.2] tychon antwortet auf spl
12.09.2006 11:56
Benutzer spl schrieb:
Der Gegenstandswert bemisst sich nach dem potenziellen Schaden des Anspruchstellers, wobei auch ideelle Werte eine Rolle spielen können. Dieser muss nicht deckungsgleich sein mit dem reinen Wert der Waren, die der Anspruchsgegner verkauft.

spl

Bitte um Erklärung: Worin liegt der "potenzielle Schaden des Anspruchstellers" - also des abmahnenden Rechtsanwalts??
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[1.2.1] spl antwortet auf tychon
12.09.2006 14:20
Benutzer tychon schrieb:
Bitte um Erklärung: Worin liegt der "potenzielle Schaden des Anspruchstellers" - also des abmahnenden Rechtsanwalts?

Anspruchsteller ist irgendein Mitbewerber, der RA ist nur sein Vertreter. Deswegen hat ein RA auch entgegen verbreiteter Meinung wenig Interesse daran wild unbegründete Abmahnungen zu verschicken; denn gibt's vom Gegner kein Geld, insbes. weil an der Abmahnung nichts dran ist, bleibt der Auftraggeber auf den Anwaltskosten sitzen. Im Übrigen siehe https://www.teltarif.de/forum/s15004/23-5.html .

spl
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[2] ezc antwortet auf Kai Petzke
10.09.2006 00:02
Benutzer Kai Petzke schrieb:
Ich glaube, es ist falsch, dieses Urteil auf eine reine "ja-nein-Frage" reduzieren zu wollen: Handelt die Frau gewerblich, wenn sie fast hundert Artikel bei ebay einstellt? Wahrscheinlich ja, zumindest befindet sie sich in einer Grauzone zwischen "privatem" und "gewerblichem" Handeln. Auch ein "Trödler" handelt in der Regel gewerblich.


Was aus dem Artikel nicht ganz klar hervorgeht, ob sie ganz überwiegend eigenen Kram verkauft hat (die Kleider ihrer Kinder). Dann würde ich das Urteil ziemlich merkwürdig finden. Wenn sie allerdings auch das Zeug anderer Leute verkauft, sieht das anders aus.

Die Unterscheidung, die ich oben mache, mag zwar im Gesetz nicht vorgesehen sein. Aber eigene gebrauchte Klamotten zu verkaufen, weil sie zu klein geworden sind - das ist für mich kein Gewerbe.
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[3] Hier irrst Du.
iwir antwortet auf Kai Petzke
12.09.2006 17:51
Für die möchtegern NICHT-Unternehmer gibt es weitere offene Flanken - neben der Unternehmereigenschaft nach BGB.

1.) Die freundlichen Herren von der Steuerfahndung interessieren sich brennend im Rahmen Einkommensteuer und Gewerbesteuer für die Umstände.

2.) Sofern dem Möchtegern-NICHT-Unternehmer Vorsatz nachgewiesen werden kann, steht 263 StGB im Raum.

Wird schon noch.

Gruß

iwir



Benutzer Kai Petzke schrieb:
Ich glaube, es ist falsch, dieses Urteil auf eine reine "ja-nein-Frage" reduzieren zu wollen: Handelt die Frau gewerblich, wenn sie fast hundert Artikel bei ebay einstellt? Wahrscheinlich ja, zumindest befindet sie sich in einer Grauzone zwischen "privatem" und "gewerblichem" Handeln. Auch ein "Trödler" handelt in der Regel gewerblich.

Andererseits: Welcher Umsatz ist mit knapp hundert Gebrauchtartikeln zu erwarten? Vielleicht knapp 1000 Euro. Die Abmahnung sollte daher auf den Geschäftswert 1000 Euro (statt der sonst üblichen 10000 bis 25000 Euro) beschränkt werden! Und die sich daraus ergebende RA-Gebühr sinkt dann auf gut 100 statt gut 1000 Euro. Da macht dem Anwalt das Abmahnen dann auch nicht mehr so viel Spaß wie bisher, und die halbgewerblichen Privatverkäufer haben wieder ihre Ruh.


Kai
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[3.1] 0700 antwortet auf iwir
12.09.2006 18:53
Benutzer iwir schrieb:
1.) Die freundlichen Herren von der Steuerfahndung interessieren sich brennend im Rahmen Einkommensteuer und Gewerbesteuer für die Umstände.

2.) Sofern dem Möchtegern-NICHT-Unternehmer Vorsatz nachgewiesen werden kann, steht 263 StGB im Raum.

Wird schon noch.

Gruß

iwir

Genau deswegen sollte man die Toiletten auf deutschen Autobahnen und in Schnellrestaurants etwas genauer unter die Lupe nehmen.
Ich hätte da noch andere Ideen- zum Beispiel die Zigeuner Nummer in der Fußgängerzone oder Überprüfung der Hütchenspieler auf unerlaubtes Glücksspiel ohne Gewerbeschein und Verbringung von Schwarzgeld in die Heimatländer....soll ich noch weitermachen?

Statt dessen interessiert sich die Steuerfahndung für Umsätze unter 100 Euro.
Ist doch auch bequemer und keiner wehrt sich!
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[3.1.1] iwir antwortet auf 0700
13.09.2006 07:01
Genau deswegen sollte man die Toiletten auf deutschen Autobahnen und in Schnellrestaurants etwas genauer unter die Lupe nehmen.
Ich hätte da noch andere Ideen- zum Beispiel die Zigeuner Nummer in der Fußgängerzone oder Überprüfung der Hütchenspieler auf unerlaubtes Glücksspiel ohne Gewerbeschein und Verbringung von Schwarzgeld in die Heimatländer....soll ich noch weitermachen?

Statt dessen interessiert sich die Steuerfahndung für Umsätze unter 100 Euro.
Ist doch auch bequemer und keiner wehrt sich!

Immer der Reihe nach.

Auch die Autobahn-Toiletten wurden bereits mehrfach aus steuerlicher Sicht untersucht.
Da gabs mal den Ansatz. dass die GEBÜHR fürs Verrichten seiner Geschäfte als Geschenke an den Betreiber angesehen wurde, da schenkungsteuerlicher Freibetrag nach Stkl. III ErbStG selten überschritten.

Das Dumme war nur, dass Gewerblichkeit unterstellt werden konnte. Und tschüß nach 42 AO

Gruß

iwir