Digital Radio

Deutsche und schweizerische Radioverbände gegen DAB-Neustart

Digitale Radiotechnologie sei "nicht marktgetrieben" und zu teuer
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Einen kräftigen Dämpfer erlebte die Einführung des neuen Hörfunkstandards DABplus in dieser Woche. Erwartungsgemäß und trotz aller Kritik hat die Fachbereichsversammlung Radio und Audiodienste des Privatfunkverbandes VPRT nach umfassender Analyse und Bewertung der Rahmenbedingungen, der Marktchancen und Risiken der Systemeinführung sowie der Situation in den europäischen Nachbarstaaten einstimmig beschlossen aus dem Neustart des digitalen Radios auszusteigen. Die im VPRT organisierten Radiounternehmen bewerten das System DABplus und die Systemeigenschaften als "nicht marktgetrieben". Die seitens des VPRT stets als Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche DABplus-Einführung geforderten Rahmenbedingungen seien nicht erfüllt. Die erheblichen Einführungs- und Betriebskosten können von den privaten Radiounternehmen des VPRT nicht aufgebracht werden. Vor dem Hintergrund der Wirtschaftskrise bleibe erst recht keine Luft für derartige Risikoinvestitionen.

Die im VPRT organisierten Radiounternehmen sehen daher zum gegenwärtigen Zeitpunkt in DABplus keine wirtschaftlich tragfähige Zukunft. Selbst bei maßgeblicher Förderung des Systems durch öffentliche Gelder und unter regulatorischem Druck bestünden mindestens für die nächsten fünf bis zehn Jahre nur geringe Chancen auf eine Teil-Refinanzierung aus dem Markt. Vor diesem Hintergrund spricht sich der VPRT gegen die im Herbst 2009 geplante Einführung von DABplus aus.

Band III-Frequenzen für mobiles Internet

Unabhängig davon sehen die im VPRT organisierten Radiounternehmen die Notwendigkeit, die wertvollen Frequenzen des Bandes III für digitale Entwicklungsperspektiven zu sichern. Es sollte unter den Marktbeteiligten gemeinsam eine technische, wirtschaftliche und ordnungspolitisch tragfähige Perspektive für das Band III entwickelt werden. Dabei müssten Rundfunk und Telemedien sowie mobiles Internet in einem Netz und in den zukünftigen Endgeräten integriert werden. Zudem gelten digitale Technologien auf UKW wie HD Radio - neben Internetradio - als Alternative. Die Zuständigkeit für Rundfunk und Telemedien liegt bei den Ländern.

Schweizer Privatfunkverband rät Mitgliedern von DABplus ab

Neben dem VPRT in Deutschland hat überraschend auch der Verband Schweizer Privatradios (VSP) seinen Mitgliedern geraten, sich bei der Entscheidung für eine digitale Verbreitungstechnologie gegen DABplus und für die günstigere HD Radio-Technologie unterstützt. Bei HD Radio kann ein Sender weiter sein analoges Signal senden und auf gleicher UKW-Frequenz zusätzlich bis zu drei digitale Programme mitübertragen. In einem sechsseitigen Papier mit dem Titel "Digitalisierungsstrategie des VSP" rechnet der Privatradioverband detailliert vor, dass ein Radiounternehmer "mit Defiziten von mindestens 5 bis 8 Millionen Franken rechnen" müsse, "bis er einen Break-even-Punkt erreicht". Das alles könne "für den einen oder anderen Veranstalter aus markenstrategischen Gründen sinnvoll sein", könne aber für viele die finanziellen Möglichkeiten "übersteigen und eine unternehmerische Gefahr darstellen", hieß es. In der Schweiz wurden bereits die Sendeplätze für ein nationales Privatfunkensemble im Standard DABplus vergeben, der Start sollte im Herbst 2009 erfolgen. Nun ist fraglich, ob die lizenzierten Sender nach der VSP-Empfehlung überhaupt noch ein Interesse an DABplus haben.