Digital Radio

DAB-Blockade der Privatsender in der Kritik

Zahlreich Parteien erzürnt über Ankündigung des Privatfunkverbandes VPRT
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Zu heftiger Kritik und Reaktionen von zahlreichen Sendern und Institutionen hat die Ankündigung des Verbands privater Rundfunk und Telekommunikation (VPRT), den Neustart des digitalen Radios im DAB-Modus platzen zu lassen, geführt. Dabei stellt sich immer mehr heraus, dass entgegen der VPRT-Argumentation auch im Privatfunklager keine Einigkeit zu dem Thema herrscht. "Die Zukunft des Radios ist digital und liegt damit nicht im UKW-Transistorradio", kommentiert etwa Felix Kovac, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Privater Rundfunk (APR), die Auseinandersetzung zwischen ARD und VPRT um das Digitale Radio. Dem APR gehören vor allem kleinere Privatsender an. Kovac mahnt zur sachlichen Diskussion, wechselseitige Vorwürfe der "Abzocke" würden der Komplexität der zu bewältigenden Aufgabe nicht annähernd gerecht und schaden der Hörfunkbranche insgesamt.

Das Internet sei entgegen der VPRT-Meinung "nicht der zukünftige digitale Übertragungsweg für Radio", betont Kovac. Wolle man damit die für das Radio notwendige Flächendeckung auch für den portablen und mobilen Empfang sicherstellen, koste die Verbreitung so viel Geld, dass im Vergleich dazu die Investitionen in die digitale terrestrische Infrastruktur gering seien. Daher brauche die Hörfunkbranche das DAB-Frequenzband III, betont Kovac.

Bei der Vorbereitung der internationalen Planungskonferenz des Jahres 2006 hätten die Radioveranstalter um dieses Band gekämpft und sich durchgesetzt. "Das ist unsere Rückversicherung für die Zukunft", hebt Kovac hervor. Beim Aufbau der Infrastruktur seien - wie seinerzeit bei UKW, dem Kabelfernsehen und anderen Infrastrukturen - öffentliche Mittel notwendig. Auch der Einsatz von Rundfunkgebühren gehöre dazu, um für alle Marktteilnehmer den Weg zu ebnen. "Schließlich zahlen auch diejenigen Rundfunkgebühren, die mit ihrem Radio nur die privaten Programme hören."

IMDR: "Abwrackprämie" für analoge Altradios

"Eine weiter andauernde Hängepartie können sich weder die Programmveranstalter, noch die Industrie und der Verbraucher leisten", mahnt der Vorstandsvorsitzende der Initiative Marketing Digital Radio (IMDR), Michael Richter. Mit dem von der IMDR erstellten Papier 'Handlungsempfehlungen zum Einstieg in Digital Radio Plus' wolle man jetzt alle Beteiligten zum Handeln animieren, so Richter weiter.

Kern der Handlungsempfehlung ist die Forderung an die Politik, den "verpflichtenden Übergang von der analogen in die digitale Rundfunkwelt von Radio und Fernsehen auf den Plattformen Satellit, Kabel und Antenne bis 2015 als verbindlich" festzulegen. Das soll den Radiohörern durch eine "Abwrackprämie" für analoge Geräte schmackhaft gemacht werden. Von der Politik werde zusätzlich gefordert, die Industrie ab 2010 auf die Produktion von Mehrnormengeräten zu verpflichten. Ein staatlicher "Infrastrukturfonds" soll zudem die Sendernetze finanzieren.

Geringere Verbreitungskosten und bessere Versorgungsqualität

Der Intendant des Deutschlandradios, Dr. Willi Steul appelliert an den Privatsender-Verband VPRT, die Einführung des digitalen Hörfunks auf Basis der DAB-Systemfamilie nicht zu verhindern. Er sagt: "Ich kann angesichts der schwierigen Wirtschaftslage nachvollziehen, dass umfangreiche Investitionen in DAB von den Privatradios nur schwer zu stemmen sind. Für die Lösung dieses Problems sollten jedoch Möglichkeiten entwickelt werden können."

Dass andernfalls jedoch die Digitalisierung des terrestrischen Hörfunks auf Jahre hinaus blockiert werde, sei unverantwortlich. Investitionen in DAB müssten vielmehr als Investition in die Zukunft des Hörfunks gesehen werden, die langfristig im Vergleich zu UKW zu geringeren Verbreitungskosten, zu einer deutlich besseren Versorgungsqualität in der Fläche und zu einem vielseitigeren Programmangebot für alle Hörer führen werde.

Geht es auch um die Marktposition?

Unterdessen mehren sich in Branchenkreisen Spekulationen, nach denen es bei der Auseinandersetzung auch um das Thema "Festigung von Marktpositionen" geht. Vor allem die großen privaten Sender sind aus verständlichen Gründen gegen einen Neustart von DAB: Im UKW-Bereich konnten sich die Platzhirsche schon alleine aufgrund von reichweitenstarken Frequenzen einen Vorsprung vor der Konkurrenz erarbeiten. Bei einer Abschaltung des UKW-Bandes müsste diese Position aufgegeben werden, denn bisher reichweitenschwächere Konkurrenten und völlig neue Programme würden gleichberechtigt in einem DAB-Bouquet Platz nehmen. Damit ergäbe sich eine völlig veränderte Wettbewerbssituation.

So ist es kein Wunder, dass vor allem die großen Privatsender eine analoge UKW-Abschaltung ablehnen und im digitalen Bereich eher auf Zusatzangebote im Internet setzen. Oder auf Techniken wie HD Radio, die neben dem analogen Signal auch digitale Übertragungen auf gleicher UKW-Frequenz, etwa mit zusätzlichen Programmen (Beibooten), erlauben.

Im Endeffekt hilft wohl nur eine staatlich angeordnete Analog-Abschaltung wie beim analogen terrestrischen Fernsehen und eine Verpflichtung zu DABplus als Standard, um die Diskussionen um das digitale Radio zu beenden.