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freenet: Die DSL-Abfrage wird zur Werbefalle

Interessenten gehen durch versteckte Textpassage in die Falle
Von Marc Kessler

freenet-Chef Eckhard Spoerr findet derzeit keinen Käufer für seine DSL-Sparte und steht auch von Seiten der Großaktionäre und intern unter massivem Beschuss. Ob dies auch ein Grund dafür ist, potenzielle Neukunden mit einem fragwürdigen Taschenspielertrick in die Werbefalle zu locken, muss offen bleiben. Betroffen sind jedenfalls all jene, die auf der freenet-Website die DSL-Verfügbarkeitsabfrage [Link entfernt] nutzen oder in jüngster Vergangenheit genutzt haben.

Bevor man ein DSL-Paket bei einem Anbieter bestellt, gehört eine Verfügbarkeitsabfrage eigentlich zur Normalität. Nur so kann man feststellen, ob der gewünschte Anbieter am Wohnort einen Anschluss schalten kann, wenn, in welcher Geschwindigkeit und ob zum Beispiel ein sogenannter Regio-Zuschlag bei Bitstream-Schaltung anfällt.

"Unverbindliche Nachberatung"

Bei freenet jedoch entpuppt sich die bei praktisch allen Anbietern unverfängliche DSL-Abfrage als Werbefalle. Für den Normal-User kaum erkennbar - und an dieser Stelle auch nicht zu erwarten - steht im Kleingedruckten (siehe Screenshot) unterhalb der freenet-DSL-Verfügbarkeitsabfrage: "Mit einer Prüfung der Verfügbarkeit gibt der Interessent das Einverständnis, zur unverbindlichen Nachberatung angerufen zu werden." Genau das tut freenet dann offensichtlich auch und beschäftigt seine Call-Center mit der telefonischen Akquise der vermeintlich Einverstandenen.

So erging es auch teltarif-Leser Ingo Rösser aus der Nähe von Eschwege. Ihn erreichte vor einigen Tagen ein Anruf mit unterdrückter Rufnummer, Die freenet-Verfügbarkeitsabfrage
(Hervorhebung von uns,
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dessen Ursprung sich als freenet-Callcenter entpuppte, das ihm ein freenetKomplett-Paket verkaufen wollte. Auf seine Intervention, keine Werbung gewollt zu haben, gab man ihm "in frecher Art und Weise" zu verstehen, mit der DSL-Recherche habe er der Nachberatung schließlich zugestimmt.

Entrüstet schrieb Rösser an unsere Redaktion und fragte: "Wie aber soll ich die Recherche durchführen, ohne im Nachgang mit Telefonterror rechnen zu müssen? Normalerweise sollte dieser Option explizit zugestimmt werden müssen - oder wenigstens die Option zum Abwählen gekennzeichnet werden. So aber hat man keine Chance, dem Vorgehen dieser Firma zu entkommen."

Anwalt für IT-Recht: Vorgehen illegal

Der Augsburger Fachanwalt für IT-Recht, Hagen Hild, sieht im freenet-Kleingedruckten eindeutig ein nicht legales Vorgehen. "Dass ich hier eine Einwilligung erteile, dass ich angerufen werde, ist sicherlich überraschend", sagt Hild. Zudem sei der graue Text nicht hervorgehoben und werde am wenigsten auf der Abfrage-Seite wahrgenommen. Hild: "Man muss davon ausgehen, dass hier keine rechtlich zulässige Einwilligung vorliegt. Ich kann nur dann meine Erlaubnis zu etwas geben, wenn mir auch bewusst ist, dass ich dies tue." Letztlich handele es sich bei der von freenet gewählten Variante zudem um eine "Einwilligung unter Zwang. Der Nutzer hat gar keine andere Möglichkeit, wenn er die Abfrage nutzen will."

Kommentar: Pure Verzweiflung oder einfach nur Chuzpe?

Am Schluss bleibt die Frage: Warum? Ist man bei freenet angesichts der aktuellen wirtschaftlichen Situation mittlerweile derart verzweifelt, dass man Neukunden auf Biegen und Brechen generieren muss? Oder hat man sich doch "nur" entschlossen, auf mehr als fragwürdige Art und Weise die Kundenzahl zu erhöhen?

Wie dem auch sei: Wer Interessenten auf die gezeigte Art und Weise über den Tisch zieht und belästigt, darf sich nicht wundern, wenn diese ihre Empörung und ihren Unmut äußern - auch und gerade über die Presse. Wie lautet der freenet-Slogan doch so schön? "freenet - normal ist das nicht."

Update: freenet bedauert

Eine Sprecherin der Unternehmenskommunikation von freenet meldete sich bei uns am Abend und bedauerte den besagten Passus im Kleingedruckten. Verantwortlich sei ihren Angaben zufolge das zuständige Fachteam. "Dass das Fachteam das eigenverantwortlich hochgestellt hat, war von uns und der Geschäftsleitung so nicht gewünscht."

Das Fachteam, so die Sprecherin, sei "wohl über das Ziel hinausgeschossen." Und: "In der PR haben wir das leider nicht mitbekommen." Man werde die Passage nun entfernen und wolle für die Zukunft sicherstellen, dass die entsprechenden Prozesse im Unternehmen optimiert würden. Vertriebsmethoden dieser Art seien seitens freenet nicht gewünscht.