Digital Radio

Neuer Anlauf für digitales Radio

Digital 5 startet digitales Programm, das per DVB-H auf dem Handy empfangbar ist
Von dpa / Anja Zimmermann

In Deutschland wird Radio meistens über UKW gehört. Trotz einiger Anläufe hat sich am Prinzip des alten Dampfradios in den vergangenen Jahrzehnten wenig geändert. Jetzt kommt wieder Bewegung in die Hörfunklandschaft: Die Landesmedienanstalten wollen das über Antenne empfangbare Digitalradio forcieren. Nach dem Willen der Medienhüter könnte ab Ende kommenden Jahres digitaler Hörfunk bundesweit an den Start gehen, der mit neuen Programmen und podcast-ähnlichen Zusatzdiensten den Hörfunk revolutionieren könnte. Vor wenigen Tagen wurden die privaten Sender aufgefordert, bis Ende April ein "tragfähiges Gesamtkonzept" vorzulegen.

"Wir wollen sehen, was der Markt denkt", sagt Joachim Becker von der hessischen Landesmedienanstalt in Kassel. Auch die ARD mit ihren über 50 öffentlich-rechtlichen Sendern weiß, dass ein Neubeginn dringlich ist. "Es droht der Generationenabriss", sagt Helwin Lesch, Experte beim Bayerischen Rundfunk (BR). Die "Generation iPod" mit ihren völlig neuen Hörgewohnheiten werde man sonst nicht mehr erreichen. Beim BR in München ist die Technik-Kommission von ARD/ZDF und Deutschlandradio angesiedelt.

Hit Radio FFH steht bereits in den Startlöchern

Bei den Privaten stehen einige Sender wie der hessische Marktführer Radio FFH bereits in den Startlöchern. Mit vier anderen führenden deutschen Privatwellen hat FFH sich zum größten deutschen Radiokonsortium digital 5 zusammengeschlossen, um 2009 mitzumachen. "Das wird ein richtiger Paukenschlag", hofft der Chef von Radio/Tele FFH, Hans-Dieter Hillmoth.

Die neue Technik DAB plus - DAB steht für Digital Audio Broadcasting - soll in einem Kanalblock (Multiplex) bis zu 15 bundesweite Hörfunkprogramme oder spezielle Zusatzdienste möglich machen. In zwei weiteren Blöcken stünden 25 bis 30 landesweite Programme zur Verfügung. Im UKW-Netz sind die Frequenzen derzeit längst erschöpft. "Wir wollen einer der großen "Player" werden", hat Hillmoth als Devise für digital 5 ausgegeben. Unter der Federführung der Hessen sind daran auch Antenne Bayern, Radio Hamburg, radio ffn und Hit-Radio Antenne Niedersachsen beteiligt.

Allerdings war die Branche in Sachen Digitalradio schon vor einigen Jahren einmal höchst euphorisch. Doch das DAB-Radio, das vor allem für Autoradios bis zum Jahr 2010 hätten kommen sollen, wurde zum großen Flop. Die Konsumenten hatten kein Interesse, und Hörfunkbetreiber sowie Gerätehersteller gaben sich gegenseitig die Schuld am Stillstand. Lähmend wirkte sich dabei auch der Kompetenz-Wirrwarr in der deutschen Medienpolitik aus.

Diesmal soll aber alles besser werden: Einmal gilt DAB inzwischen viel leistungsfähiger und es gibt neue Frequenzen. Auch Endgeräte sind billiger geworden, da es in vielen Ländern bereits Digitalradio gibt wie zum Beispiel in Großbritannien oder der Schweiz. Jetzt scheint bei allen Beteiligten auch der Wille vorhanden, die Chance beim Schopfe zu packen.

Neustart kann nur mit Unterstützung der öffentlich-rechtlichen Sender gelingen

"Wir sind uns mit den Privaten einig, dass der Hörfunk einen eigenen digitalen Verbreitungsweg über die Antenne braucht", sagt BR-Experte Lesch. Derzeit gebe es Gespräche mit den Bundesländern über ein neues Projekt zur Einführung des Digitalradios. Auch die KEF (Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs für die öffentlich- rechtlichen Anstalten) habe dafür 30 Millionen Euro in der kommenden Gebührenperiode in Aussicht gestellt. Dann werde man sich auf Länderebene mit den Privaten verständigen, wie man den Neustart auch technisch gemeinsam angehen könne.

Auch die Landesmedienanstalten wissen, dass der Neubeginn nur zusammen mit der ARD gelingen kann. Ohnehin werde das UKW-Radio nicht vor 2020 oder 2025 verschwinden, glaubt Joachim Becker. Die bundesweite Verbreitung eines privaten Digitalsenders wird auch nicht billig werden. FFH-Chef Hillmoth rechnet mit drei Millionen Euro - dazu kommt noch eine Million Euro für die Herstellung des Programms.

Einen Vorgeschmack auf die "goldene Zukunft" soll ein Projekt geben, mit dessen Start im Hause von Radio FFH in Bad Vilbel bei Frankfurt bereits in den kommenden Monaten begonnen wird. Unter dem Namen "MyFun Radio" will digital 5 einen Sender für Comedy und Karaoke starten. Das Programm soll über die neue mobile DVB-H-Technik auf dem Handy gegen eine Gebühr empfangen werden können. Derzeit wird dafür eine Redaktion aufgebaut.