Stellenabbau

Kooperation von Nokia und Siemens kostet Arbeitsplätze (aktualisiert)

Bis 2010 mindestens 6 000 Stellen betroffen
Von dpa / ddp / Ralf Trautmann

Der Münchener Technologiekonzern Siemens und der finnische Telekommunikationskonzern Nokia gründen wie berichtet ein Gemeinschaftsunternehmen für Infrastruktur und Dienstleistungen für Fest- und Mobilfunknetze. Darin sollen die Netzwerk-Sparte von Nokia und das Geschäft mit Netzbetreibern von Siemens zusammengelegt werden, wie der deutsche Konzern heute in München mitteilte. Der Bereich gehörte bislang zur Problemsparte Communications (Com), die nach und nach aufgelöst werden soll.

Das gemeinsame Unternehmen soll unter Nokia Siemens Networks firmieren. Bis 2010 werde die Zusammenlegung einen Stellenabbau um 10 bis 15 Prozent bei der ursprünglich 60 000 Mitarbeiter zählenden Belegschaft nach sich ziehen. Dies müsse aber noch mit den Arbeitnehmervertretern abgestimmt werden.

Im Siemens-Konzern sind dabei weltweit rund 37 000 Mitarbeiter von der Milliardenfusion mit Nokia betroffen. Rund 12 000 davon arbeiten nach Angaben einer Firmensprecherin in Deutschland. Größter Standort der Siemens-Netzwerksparte ist München mit rund 6000 Beschäftigten. Weitere große Standorte sind Berlin und Bruchsal bei Karlsruhe mit jeweils mehr als 1000 Mitarbeitern. Daneben gibt es eine ganze Reihe kleinerer Standorte in anderen Regionen.

Synergieeffekte von 1,5 Milliarden Euro angestrebt

Wie es weiter hieß, werden bei der rechtlich eigenständigen Nokia Siemens Networks Synergieeffekte von rund 1,5 Milliarden Euro angestrebt, die bis 2010 "stufenweise" erreicht werden sollen. Die Transaktion solle bis zum Ende des Jahres abgeschlossen werden.

Simon Beresford-Wylie, derzeit Executive Vice President und General Manager von Nokia Networks, soll unmittelbar nach Abschluss der Zusammenlegung den Vorstandsvorsitz von Nokia Siemens Networks übernehmen. Peter Schönhofer, derzeit Mitglied des Vorstands der Siemens AG Österreich, werde Finanzvorstand. Das neue Unternehmen, an dem beide Konzerne zu jeweils 50 Prozent beteiligt sind, werde seinen Hauptsitz in Helsinki sowie eine starke regionale Präsenz in München haben. Drei der insgesamt fünf Geschäftseinheiten sollen ihren Sitz in der bayerischen Landeshauptstadt haben. Der Mitteilung zufolge hat der Siemens-Vorstand weiter beschlossen, die Konsolidierung in der Enterprise-Networks-Industrie aktiv zu verfolgen. Siemens sei in Verhandlungen mit mehreren Interessenten zur Umsetzung dieser Strategie. Das Wireless-Modules-Geschäft werde ab dem 1. Oktober 2006 in den Siemens-Bereich Automation and Drives integriert.

Arbeitnehmervertretung und IG Metall kritisieren Konzern-Management

Die Arbeitnehmervertretung bei Siemens und die IG Metall haben die geplante Auflösung der Konzernsparte Kommunikation bedauert und das Management des Münchener Technologiekonzerns scharf kritisiert. Die Abtrennung des Unternehmensbereichs Com sei der bislang radikalste Bruch in der Geschichte des Hauses Siemens, erklärten der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Ralf Heckmann und der Vizechef der IG Metall, Berthold Huber, am Montag. Die Kommunikationstechnologie sei das Kerngeschäft von Siemens schlechthin und es ein "schwerer Fehler" gewesen, sie nicht in die strategische Ausrichtung des Unternehmens aufzunehmen.

Die anstehende Abspaltung des Bereichs sei "eine Notoperation, damit im Herbst eine optisch saubere Bereichsbilanz vorgelegt werden kann", heißt es weiter in der Erklärung. Gesamtbetriebsrat und IG Metall hielten es nach wie vor "für einen schweren Fehler, dass sich die Unternehmensleitung mit ihrem von vorneherein unrealistischen und unnötig starren Zeitplan für die Margenziele so in Zugzwang gebracht hat".

Für die Mitarbeiter der in ein Joint Venture mit Nokia ausgegliederten Netzwerksparte und der anderen Com-Mitarbeiter fordern Gesamtbetriebsrat und IG Metall den Erhalt aller Standorte und die Weiterbeschäftigung zu den bestehenden Beschäftigungsbedingungen.

Die im deutschen Leitindex DAX notierten Siemens-Aktien zogen bereits vorbörslich deutlich an. Analysten beurteilten das Joint Venture positiv. Die Kosten allein in Forschung und Entwicklung würden um bis zu 750 Millionen Euro fallen, sagte Analyst und Aktienstratege Heino Ruland. Das bedeute allein von dieser Seite einen zusätzlichen Gewinn je Siemens-Aktie von 0,52 Euro. Die Aktie sei bisher fair bewertet und nun ein "Kauf". Im Handel hieß es, das neue Joint Venture sei selbst börsenfähig.