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Editorial: Alle Preise müssen lesbar sein!

Urteil des Bundesgerichtshof zu Kopplungsangeboten
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Gute Nachrichten für Papierhersteller: Mobilfunk-Prospekte und -Anzeigen werden künftig größer werden. Denn nach einer Leitsatzentscheidung des BGH müssen in der Werbung alle Preise eines Kopplungsangebotes "deutlich kenntlich gemacht werden", wenn mit einem besonders günstigen Preis eines der Bestandteile geworben wird. Die derzeit übliche Praxis, den Kaufpreis von "1 Euro" (bzw. früher "1 Mark") groß herauszuheben, und die entstehenden weiteren Kosten in einem Wust von Fußnoten und Sternchentexten zu verstecken, ist damit höchstrichterlich untersagt worden.

Das Urteil bezieht sich konkret auf eine Anzeige, in der der subventionierte Kaufpreis des Handys ("DM 1,-") sehr groß genannt wurde, und in einer noch recht übersichtlichen Tabelle auch die monatlichen Grundentgelte aufgeführt waren. Erst auf der "zweiten Sternchen-Ebene" und super-klein dann der Hinweis, das "Einmalige Aktivierungskosten 12 Monatsvertrag DM 49,- für alle Tarife". Diese Aktivierungskosten hätten deutlicher genannt werden müssen. Wirtschaftlich mache es keinen Unterschied, ob ein Telefon für 1 DM abgegeben und für die Aktivierung des Netzkartenvertrages 49 DM berechnet würden, oder ob für das Telefon 50 DM berechnet und keine Aktiverungskosten verlangt würden.

Das Urteil ist sehr zu begrüßen. Es kommt allerdings reichlich spät. Die Anzeige, auf die es sich bezieht, liegt bereits zehn Jahre zurück! Die erste Instanz hatte damals so entschieden wie der BGH. Dann kam die Berufung, die Revision zum BGH, der die Sache wegen juristischer Fehler an die zweite Instanz zurückverwies, eine abermalige Berufungsinstanz, die wiederum vor den BGH ging. Das oben zitierte Urteil ist aber nun endgültig, die Sache wurde nicht erneut an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Auch für andere Tk-Dienste anwendbar?

Erfreulich ist der Leitsatz, den der BGH zu der Entscheidung (hier der Volltext) formuliert hat: "Wird für einen Bestandteil eines Kopplungsangebots mit einem besonders günstigen Preis geworben, muss der Preis für die anderen Bestandteile des Angebots in der Werbung deutlich kenntlich gemacht werden." Zwar folgt darauf ein weiterer Satz, der auf den speziellen Fall "Handykaufpreis und Aktivierungskosten" zugeschnitten ist. Es ist jedoch zu vermuten, dass der BGH den Leitsatz durchaus allgemein verstanden haben will.

Ein groß herausgestellter günstiger Handy-Preis und versteckte "monatliche Entgelte" könnten demnach ebenso von dem Vorbot des BGH erfasst werden, wie die günstige DSL-Flatrate für "4,99 Euro monatlich", die nur bei Bezug eines speziellen DSL-Anschlusses für 19,99 Euro gebucht werden kann. Auch die großen magentafarbenen "0en", die die Deutsche Telekom zur Einführung der Ortsnetz-Flatrate druckte, sind nun abmahngefährdet, wenn die weiteren Preisbestandteile, hier insbesondere das monatliche Zusatz-Entgelt, nicht "deutlich kenntlich gemacht werden".

Verbraucherzentralen am Zug

In Deutschland gilt der Grundsatz: "Wo kein Kläger, da kein Richter". Da die Mehrzahl der Mobilfunk-Unternehmen mit plakativen 1-Euro-Preisen wirbt, ist kaum davon auszugehen, dass die Unternehmen diesbezüglich in großer Zahl gegeneinander vorgehen und Unterlassungsklagen einreichen. Wenn keiner klagt, könnte die Branche aber so weitermachen wie bisher. Dasselbe gilt für den Bereich der DSL- und Festnetzanbieter, die zunehmend ebenfalls mit plakativen Einzelpreisen werben. Gefordert sind somit die Verbraucherzentralen, die mit ihrem Verbandsklagerecht ebenfalls gegen Wettbewerbsverstöße vorgehen dürfen. Ziel muss sein, zu halbwegs übersichtlichen Leistungs- und Preisangaben zurückzukehren.