Cowboy?!

Editorial: Wenn Billigangebote teurer als reguläre Produkte sind

oder: Von der Unsitte billiger Schaufensterpreise
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Erst gestern berichteten wir über weitere Details zum geplanten Prepaid-Discountangebot von T-Mobile. Großer Knackpunkt am Angebot ist die überraschend kurze Gültigkeit des Guthabens - gerade einmal 92 Tage hat ein Kunde des neuen Xtra-Angebotes Zeit, um 15 Euro (Mindest-)Aufladung für Telefonate und SMS zu verbrauchen. Schafft er es nicht, so wird der Mobilfunkanschluss gesperrt, nur eingehende Telefonate und Kurzmitteilungen kommen in den nächsten 92 Tagen noch durch. De facto muss ein Kunde des neuen Xtra-Angebotes also einen monatlichen Mindestumsatz von fünf Euro akzeptieren, will er das neue Angebot von T-Mobile in vollem Umfang nutzen. Längst nicht jeder Prepaidkunde wird bereit sein, diesen Betrag pro Monat auszugeben.

Klassische Xtra-Angebote unter Umständen günstiger

Dass "Billig"-Angebote nicht unbedingt günstiger als reguläre Produkte sein müssen, wissen informierte Verbraucher nicht erst seit der "Geiz-ist-geil"-Welle mancher Elektro-Supermärkte. Auch in diesem Fall zeigt der Bonner Mobilfunknetzbetreiber, dass Discount teurer sein kann als die klassische Xtra-Karte.

Zum einen schneiden alle Kunden mit der neuen Karte schlechter ab, die im D1-Netz primär erreichbar sein wollen, da wie oben beschrieben die Karte bereits nach 184 Tagen und nicht erst nach 307 Tagen deaktiviert wird. Das neue Angebot ist also de facto um fast zwei Drittel teurer als die herkömmliche Xtra-Karte.

Zum anderen zahlen auch bestimmte Kunden mehr, die mit der Prepaidkarte häufiger telefonieren. Kunden, die hauptsächlich abends und am Wochenende telefonieren und die ihre D1-Prepaidkarte im Wesentlichen dazu nutzen, genau eine andere Wunsch-Rufnummer im Festnetz anzurufen, wählten bislang sinnvollerweise den Tarif XtraOne. Gespräche ins deutsche Festnetz kosten hier zwar werktags von 20 bis 7 Uhr mit 39 Cent neun Cent mehr als beim Billigangebot, am Wochenende hingegen fährt man mit XtraOne mit neun Cent pro Minute deutlich günstiger. Gespräche zur gewählten Wunschrufnummer sind bei XtraOne während des ganzen Tages günstiger. Zudem gewährt T-Mobile seinen Kunden bei XtraOne längere "telefonlose" Zeiten bis Guthaben und Handynummer verfallen.

Unsitte: Billiger Preis im Schaufenster

Billigangebote im Mobilfunk müssen in diesen Tagen einen möglichst günstigen Minutenpreis für die Werbung aufweisen und zudem über eine möglichst einfache Tarifstruktur verfügen. Mehr als zwei, maximal drei unterschiedliche Preise für Telefongespräche und Kurzmitteilungen werden vom Verbraucher und in der Berichterstattung der Medien nicht mehr akzeptiert.

Auf der anderen Seite wollen die Netzbetreiber auch heute noch möglichst hohe Gewinne erwirtschaften. Dass Billigangebote und Gewinnmaximierung kein Widerspruch sein müssen, haben bereits die oben zitierten Elektro-Supermärkte vorgemacht. Es ist ein offenes Geheimnis, dass der billigste Drucker im Discountmarkt mehr Toner oder Tinte braucht als ein Gerät, das 20 oder 30 Euro mehr in der Anschaffung kostet. Rechnet man die Verbrauchskosten hinzu, bezahlt man als Kunde beim vermeintlichen Schnäppchen häufig mehr. Ebenso kauft man Verbrauchsmaterialien zum billigen Drucker aus der Werbung preiswerter und hochwertiger im Fachhandel als diese gleich beim Druckerkauf bei Discountmarkt mitnimmt. Überführt in den Mobilfunkmarkt heißt das: Auch Gelegenheitstelefonierer werden verpflichtet, eine gewisse Mindestzeit zu telefonieren bzw. einen Mindestumsatz zu akzeptieren. Nicht alltägliche Dienste und Services sind eher teuer.

Ein Stück weit erinnert die derzeitige Kreativität der Produktmanager verschiedener Mobilfunkmarken an Geschäftskonzepte, wie sie teilweise im Callingcard-Markt vorherrschen und diesem einen zweifelhaften Ruf einbringen. Dort gibt es nahezu alle denkbaren und undenkbaren Preismodelle und Nebenkosten. Speziell Werbeplakate für Auslandstelefonate in entfernte Kontinente für ein, zwei Cent pro Minute oder darunter, die man häufig in Großstädten in Callshops oder Internetcafes sieht, sind voll mit Fußnoten zu weiteren Abrechnungsbedingungen. Durch zum Teil mehrmalige Verbindungsentgelte, Gebühren für das Beenden einer Verbindung, das Aktivieren der Karte oder Verwaltungsgebühren pro Tag bezahlt der Kunde dann effektiv eher zehn bis zwanzig Cent pro Minute oder mehr.

Hoffentlich besinnen sich die Marktteilnehmer, vor allem jene fünf bis zehn, die binnen Jahresfrist mit weiteren Billigangeboten auf den Markt kommen wollen, trotz des sicherlich noch steigenden (Preis-)Wettbewerbs auf einen Slogan, den simyo vor gut zwei Monaten geprägt hat: "Weil einfach einfach einfach ist." Das Erfolgskonzept der ersten Discountmarke aus dem Hause E-Plus war sicherlich nicht nur der zeitlich richtige Markteintritt mit einem attraktiven Preis und Produkt, sondern eben auch das konsequente Verfolgen des eigenen Slogans im gesamten Produkt und Markenauftritt.