Beschwerden

Internet-Handel: Hilfe gegen Online-Ärger

Mit dem Boom beim Online-Shopping wächst Zahl der Verbraucherklagen
Von AFP / Marie-Anne Winter

Das Drei-Sterne-Hotel von der Internet-Seite entpuppt sich als lausige Absteige, auf dem Web-Foto vom Strand ist die benachbarte Großbaustelle nicht zu sehen und der Gebrauchtwagen in Deutschland, den ein Franzose online angezahlt hat, war schrottreif. Streitfälle um Internet-Geschäfte beschäftigen zunehmend die Mitarbeiter der Europäischen Verbraucherzentren (EVZ). Im vergangenen Jahr gingen bei den Verbraucherzentralen der 25 EU-Staaten 831 Beschwerden zu Online-Transaktionen ein, gegenüber 590 im Jahr davor - ein Anstieg von rund 40 Prozent.

Kaum verwunderlich, schließlich erlebt der Handel per Mausklick in der EU einen regelrechten Boom. Allein in Deutschland ist der Umsatz des privaten E-Commerce dem Branchenverband BITKOM zufolge im vergangenen Jahr um 74 Prozent auf über 22 Milliarden Euro gestiegen.

Besonders häufig klagten Kunden, weil online bestellte und bereits bezahlte Ware nicht ankomme, beschädigt sei oder nicht dem Angebot entspreche, erläutert der Jurist Ulrich Walter vom deutsch-französischen Verbraucherzentrum Euro-Info in der badischen Grenzstadt Kehl am Rhein. Viele Beschwerden betrafen Internet-Reisebuchungen, etwa ausgefallene Flüge oder Unterkünfte. "Oft sehen Hotelzimmer oder Ferienhäuser auf dem Bildschirm ganz anders aus als in Wirklichkeit."

Anlaufstellen für Beschwerden

Da Online-Käufer sich mit ihrer Beschwerde nicht einfach an ein Reisebüro oder einen Einzelhändler wenden können, wurden bei den EU-Verbraucherzentren E-Commerce-Verbindungsstellen gegründet. Deren Mitarbeiter versuchen, Streitigkeiten möglichst per Schlichtung beizulegen - denn grenzüberschreitende Gerichtsverfahren sind teuer.

Die Juristen der EU-Verbraucherzentren arbeiten eng mit den zuständigen Anlaufstellen in den Mitgliedsländern zusammen. In Deutschland sind dies etwa der Ombudsmann bei der Berliner Verbraucher-Initiative oder eine Schiedsstelle, die fünf führende Internet-Reiseanbieter eingerichtet haben. Die Schlichtung erfordert oft eine gehörige Menge Geduld. Doch die Verbraucherschützer können durchaus Erfolge vorweisen.

Euro-Info in Kehl etwa vermittelte erfolgreich im Fall einer Gruppe deutscher Urlauber, die sich über ein Hotel in Andalusien beschwert hatten. Das Essen sei schlecht gewesen, die Duschen verdreckt und durch den hoteleigenen Strand sei ein übelriechender Bach aus Abwässern geflossen. In diesem Fall schaltete Euro-Info die EU-Verbraucherzentrale in Madrid ein; die geprellten Kunden erhielten schließlich Gutschriften von einem beteiligten Reiseveranstalter.

Beim Versand trägt der Händler das Risiko

Aber auch über kuriose Fälle können die Verbraucherschützer berichten. So half Euro-Info einem Franzosen aus dem Übersee-Departement Martinique, der mit einem Bonner Waffenhändler im Clinch lag. Der Kunde hatte für fast 3 000 Euro eine Pistole bestellt und per Kredikarte bezahlt, diese aber nie erhalten. In einem solchen Fall sei die Rechtslage klar, sagt Walter: Wie beim Versandhandel trägt der Verkäufer das Risiko. Nach dem Ausstausch zahlreicher E-Mails lenkte der Händler schließlich ein. Der Kunde erhielt eine neue Pistole, die er diesmal vorsichtshalber persönlich in Bonn abholte.

Nicht immer freilich geht es so glimpflich aus: Denn im Web tummeln sich auch gewiefte Betrüger - und gegen die ist mit Schlichtungsversuchen nichts zu machen. Die Verbraucherschützer raten Kunden daher, sich möglichst über Anbieter im Internet zu informieren, alle Informationen schriftlich anzufordern und die gesamte E-Mail-Korrespondenz abzuspeichern. Vorsicht sei auch beim Kauf von Gebrauchtwagen angesagt, betont Walter. Wer sich hier nur auf Fotos im Internet verlasse, könne böse Überraschungen erleben. "Grundsätzlich gilt, wer einen Gebrauchtwagen kauft, sollte sich den gründlich angucken."