TELCO Trend

Mobilfunk: Zählt das Image oder der Preis?

Virtuelle Netzbetreiber zwingen etablierte Mobilfunker zum Umdenken
Von Marie-Anne Winter

Mobilfunkanbieter ohne eigenes Netzwerk sorgen für Bewegung im Mobilfunkmarkt: Um bis zu 30 Prozent könnten dank der so genannten virtuellen Netzbetreiber die Tarife für die Mobiltelefonie sinken, so die Einschätzung der Unternehmensgruppe Steria Mummert Consulting. In Dänemark hat die Präsenz der virtuellen Netzbetreiber für einen Preisrutsch von 40 Prozent gesorgt. Die Billiganbieter zwingen die großen etablierten Netzbetreiber zum Umdenken - auch wenn sie bei der Einführung des ersten Billigtarifs unisono erklärten, dass es sich damit allenfalls um Nischenprodukte handele. Doch auch derzeit glauben noch drei Viertel der Entscheider deutscher Mobilfunkcarrier, die Kundschaft entscheide sich aufgrund der Bekanntheit der Marke und des Images. Nur zwei von fünf der befragten Fach- und Führungskräfte sind der Ansicht, die Kunden lassen sich vor allem mit günstigen Tarifen locken. In diese Lücke stoßen neue Discountanbieter wie Tchibo oder Payback, die erfolgreich mit niedrigen Tarifen Marktanteile erobern. Das ist ein Ergebnis der aktuellen Studie TELCO Trend der Unternehmensgruppe Steria Mummert Consulting und des Spezialisten für Umfrage- und Beschwerdemanagement-Software Inworks.

Zählt die Marke oder der Preis?

Der Handymarkt ist nahezu gesättigt. Rund 72 Millionen Nutzer zählen die deutschen Mobilfunkbetreiber im Januar dieses Jahres. Die neuen, virtuellen Netzbetreiber wie Tchibo haben jedoch mit ihren Niedrigpreiskonzepten erhebliche Potenziale, die deutsche Mobilfunklandschaft tief greifend zu verändern, so die Einschätzung der Unternehmensgruppe Steria Mummert Consulting. Sie setzen weitestgehend auf niedrige Tarife oder bieten maßgeschneiderte Angebote für spezielle Zielgruppen. Die großen etablierten Netzbetreiber sind gleichzeitig immer noch der Ansicht, ihre Kunden vor allem über die Marke oder die hohe Netzverfügbarkeit zu binden. 75 Prozent der befragten Fach- und Führungskräfte bei Mobilfunkcarriern glauben beispielsweise, Kunden würden aufgrund der Bekanntheit der Marke zu ihrem Unternehmen wechseln. Immerhin noch 70 Prozent halten die Netzabdeckung für einen Wechselgrund. Nur 37,5 Prozent der Entscheider rechnen damit, dass sich der Kunde aufgrund der Preise und günstigen Tarife für einen anderen Anbieter entscheidet.

Die neuen Anbieter greifen jedoch genau hier an. Lange Zeit war Tchibo mit einem einheitlichen Minutenpreis von 35 Cent eine günstige Alternative zu T-Mobile & Co. Doch selbst der Kaffeeröster hat mit Schwarzfunk und SIMply zwei neue, günstigere Konkurrenten bekommen. SIMply bietet zu bestimmten Zeiten Telefonate ins Festnetz für einen Cent an. In Europa buhlen derzeit 20 virtuelle Mobilfunkbetreiber um die Gunst der Kunden. Die Hälfte setzt dabei auf günstige Preise, die andere Hälfte geht mit Spezialangeboten für bestimmte Zielgruppen auf Kundenfang.

Virtuelle Netzbetreiber lasten Netze aus

Während die großen Mobilfunkunternehmen den Markt aus ihrer Marktführerschaft beobachten und gegebenenfalls mit eigenen Billigmarken auf den Markt kommen, stellen die kleinen Betreiber ihre Netze gerne zur Verfügung. Beispiel Tchibo: Obwohl die virtuelle Kaffeebohne im Display blinkt, telefonieren die Kunden real über das Netz des kleinsten deutschen Netzbetreibers o2. Die kleinen Mobilfunkcarrier sehen in den virtuellen Netzbetreibern eine Chance, schneller zu wachsen. Die Netze sind schließlich vorhanden und jeder neue Nutzer hilft, die Infrastrukturen wirtschaftlicher zu betreiben. Durch die Auslastung der bestehenden Netzwerkkapazitäten sind auch weitere Investitionen in die Netze verstärkt gesichert. Andererseits - so zeigt die Erfahrung aus dem Ausland - führen niedrige Preise auch zu steigender Nutzung der Mobiltelefone und sorgen wiederum für mehr Umsatz.

Für den TELCO Trend wurden von Dezember 2004 bis Januar 2005 124 Fach- und Führungskräfte der Telekommunikationsbranche befragt - davon 40 von Mobilfunkcarriern.