Gericht

Worldcom: Prozess um die größte Firmenpleite der US-Geschichte beginnt

Früherer WorldCom-Chef Ebbers ab Dienstag vor Gericht
Von AFP /

Zweieinhalb Jahre nach der größten Firmenpleite der US-Geschichte kommt der Gründer des Bankrottkonzerns WorldCom vor Gericht: In New York beginnt am Dienstag der Prozess gegen den früheren Chef des Telekommunikationsriesen, Bernard "Bernie" Ebbers. Dem 62-Jährigen wird vorgeworfen, mit Bilanzfälschungen in Milliardenhöhe Anleger, Analysten und Aufsichtsbehörden über den wahren Zustand seines Unternehmens getäuscht zu haben. Die Anklage lautet auf Verschwörung, Wertpapierbetrug und Falschaussage vor der Börsenaufsichtsbehörden SEC. Ebbers drohen bis zu 25 Jahre Haft.

Im Gegensatz zu seinem früheren Finanzdirektor Scott Sullivan bestreitet der frühere Konzernchef bis heute jede Schuld und verweigert die Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft. Die Anklage gegen den gebürtigen Kanadier beruht großenteils auf den Aussagen seines früheren Finanzchefs. Der zunächst auf acht Wochen angesetzte Prozess soll eines der zentralen Kapitel jener Periode großer Firmenskandale und -konkurse erhellen, die zwischen 2001 und 2002 die US-Finanzwelt erschütterten. WorldCom hatte im Juni 2002 eingeräumt, über eineinhalb Jahre hinweg 3,85 Milliarden US-Dollar an Ausgaben als Investitionen statt als laufende Kosten verbucht zu haben.

90 Prozent Kursverlust binnen weniger Tage

Die Folgen dieses Eingeständnisses waren dramatisch: Innerhalb weniger Tage stürzte die WorldCom-Aktie um mehr als 90 Prozent ab. Die Anleger verloren insgesamt mehr als zwei Milliarden Dollar, wie die Staatsanwaltschaft von New York in ihrer Anklageschrift gegen Ebbers ins Gedächtnis ruft. Aus manchen Kreisen hieß es später sogar, dass WorldCom Bilanzfälschungen in Höhe von bis zu elf Milliarden Dollar begangen habe. Der Konzern gab Manipulationen in Höhe von 8,8 Milliarden Dollar zu.

Für den charismatischen Ebbers, der zwei Monate vor Auffliegen des Skandals die Unternehmensleitung abgegeben hatte, war es ein jäher Sturz nach steilem Aufstieg. Der frühere Milchmann, Autohändler, Sportlehrer und Hotelbesitzer war seit den 80er Jahren mit einer Serie von Aufkäufen zu einer der mächtigsten Figuren auf dem US-Telekommunikationsmarkt aufgestiegen. Sein spektakulärster Coup war 1997 die 30-Milliarden-Dollar-Übernahme von MCI. Der Abstieg von Ebbers und seinem Konzern begann mit dem Platzen der Internet-Blase. Die SEC kam zu dem Schluss, dass Ebbers und Sullivan bereits im Sommer 2000 mit den Bilanzfälschungen begonnen haben.

Ex-Chef Ebers meidet die Öffentlichkeit

Nach dem Auffliegen der Manipulationen flüchtete sich WorldCom im Juli 2002 unter das schützende Dach von Kapitel elf des US-Konkursrechts, um unter gerichtlicher Aufsicht und unter dem Namen MCI an seiner Sanierung zu arbeiten. Ebbers aber hüllte sich in den vergangenen zweieinhalb Jahren weitgehend in Schweigen. Er wolle nicht behaupten, dass er "einer der besten Manager der Welt" gewesen sei, sagte er in einem seltenen Interview im August 2003: "Vielleicht hätte jemand Anderes einen besseren Job machen können, keine Ahnung."