vor Gericht

Urteil: Handyhersteller sind nicht schuld an Autounfällen

Im Land der unbegrenzten Möglichkeiten ist nicht alles möglich
Von Björn Brodersen

Wer sich in den USA in einem Fastfood-Restaurant einen Becher frisch gebrühten Kaffee auf den eigenen Schoß kippt, kann vor Gericht auf bis zu 4,5 Millionen Dollar Schadensersatz hoffen, wenn der Anbieter nicht ausdrücklich darauf hinwies, dass der Kaffee heiß ist. Handybesitzer allerdings, die beim Autofahren telefonieren und dabei einen Unfall bauen, müssen im Land der unbegrenzten Möglichkeiten mit weniger Kulanz der Richter rechnen. So entschied kürzlich ein Berufungsgericht im Bundesstaat Indiana, dass Handyhersteller nicht für Autounfälle verantwortlich sind, wenn der Fahrer über das Mobiltelefon telefoniert. Vielmehr sei es die Unachtsamkeit des Fahrers, die für den Unfall sorgt. So berichtet es die Tageszeitung Indianapolis Star.

Dem Bericht zufolge hatte Frau Williams Frau Meagher verklagt, weil diese im März 2002 am Steuer telefoniert und dabei einen Unfall gebaut haben soll. Wiliams verklagte außerdem den Mobilfunknetzbetreiber Cingular Wireless, weil dessen Mobiltelefon der Grund für die Unachtsamkeit der Fahrerin gewesen sein soll. Ihre Klage stützte sie auf Studien und Kommentare über die Gefahren des Telefonierens während des Autofahrens. Nachdem in erster Instanz das Gericht im Vanderburgh County die Klage abwies, brachte die Klägerin ein neues Beweisstück hervor - einen Cartoon mit der Figur Blondie, die während des Fahrens mit dem Handy telefoniert und einen Unfall baut.

Ein Cartoon als letztes Beweismittel

Williams Argumentation: Wenn ein Produkt bei bestimmter Gebrauchsweise gefährlich sei und man davon ausgehen könne, dass es Dritte gefährden kann, dann müsse man Dritte vor dieser Gefahr schützen. Das Berufungsgericht entschied aber jetzt, dass ein Verbot vom Handygebrauch während des Fahrens, das in bestimmten US-Bundesstaaten gilt, die Handyhersteller nicht haftbar macht. Es sei die Pflicht des Fahrers, mit ausreichender Vorsicht zu fahren. In Indiana ist das Telefonieren mit dem Handy beim Autofahren bislang nicht verboten, allerdings liegt ein entsprechender Gesetzesvorschlag vor.

Allerdings befand das Gericht die Klage nicht für unseriös, Cingular muss deshalb seine Anwaltskosten selber tragen. Laut Indianapolis Star laufen in den USA noch weitere ähnliche Prozesse gegen Mobilfunkanbieter, die davon reden, beim Telefonieren mit Handys während der Autofahrt auf Sicherheit zu achten. Lisa Sheikh von der Anwaltsgruppe Partnership for Safe Driving dazu: "Untersuchungen haben gezeigt, dass es keinen sicheren Weg gibt." Jeder, der während des Fahrens telefoniere, vergrößere die Unfallgefahr.