Geld zurück

Steuerrechtler: Milliardenabschreibungen von Vodafone rechtens

Der Staat hat auch bei Gewinnen aus Aktienverkäufen abkassiert
Von dpa / Marie-Anne Winter

Die geplante Milliardenabschreibungen von Vodafone im Zusammenhang mit der Übernahme des Mannesmann-Konzerns ist nach Ansicht von Steuerexperten rechtens. "Es entspricht der Durchsetzung des objektiven Nettoprinzips, Verluste auch in dieser eklatanten Höhe in den Verlustvorträgen zu berücksichtigen", sagte der Wirtschaftsjurist Alexander Lüdtke-Handjery vom Kölner Institut für Steuerrecht heute der dpa. Schließlich habe der Staat auch bei Gewinnen aus Aktienverkäufen kräftig abkassiert.

Am Wochenende war bekannt geworden, dass die Vodafone Deutschland GmbH bei den Finanzbehörden wegen des drastisch gesunkenen Unternehmenswertes so genannte Teilwertabschreibungen in Höhe von 50 Milliarden Euro beantragt habe. Sollte die Behörde das akzeptieren, könnte Vodafone in Deutschland über einen längeren Zeitraum bis zu 20 Milliarden Euro an Steuern sparen. Geltend machen will die deutsche Tochter des britischen Konzerns die Verluste ab dem Jahr 2001. Ein Vodafone-Sprecher nannte die Pläne einen "ganz normalen Vorgang". Politiker aller Parteien hatten auf dieses Vorhaben mit Empörung reagiert.

Johanna Hey, Professorin für Unternehmensteuerrecht an der Universität Düsseldorf, warnte davor, eine Lex Mannesmann zu schaffen. Zwar sei der Kaufpreis von 190 Milliarden Euro, den Vodafone im Jahr 2000 im Zuge eines Aktientausches für Mannesmann zahlte, enorm hoch gewesen. Aber das Unternehmen habe mit ganz gängigen Mittel agiert. "Eine unabgestimmte Verlustbeschränkung gefährdet in letzter Instanz die steuerliche Systematik".

Der Geschäftsführers der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), Ulrich Hocker, verwies auf die Problematik, Firmenzukäufe mit Aktien zu bezahlen und anschließend Steuern zu sparen. Nach dem Handelsrecht muss ein Unternehmen eine Wertminderung durch eine bilanzielle Maßnahme berücksichtigen. Schwieriger sei aber die steuerrechtliche Bewertung. Vodafone müsse den Finanzbehörden klar machen, dass es sich um eine dauerhafte und langfristige Wertminderung handele, meinte der Aktionärsschützer.

Bundesregierung erwartet keine weiteren Steuerausfälle

Die Bundesregierung wies darauf hin, dass seit 2002 Teilwertabschreibungen nur noch begrenzt bei dauerhafter Wertminderung steuerlich geltend gemacht werden könnten. Deswegen seien neue Gesetzesinititiativen, wie sie von einigen Politikern gefordert wurden, nicht notwendig, sagte ein Sprecher des Finanzministeriums heute in Berlin. Zudem dürften Konzerne seit 2004 höchstens noch 60 Prozent des aktuellen Gewinns mit Verlusten verrechnen und so die Steuerlast mindern. Weitere Steuerausfälle für den Fiskus durch solche Abschreibungen würden nicht erwartet, sagte der Ministeriumssprecher weiter. Die im Gesetz zum Abbau von Steuervergünstigungen angenommenen Werte zu Verlustabschreibungen seien zwar Prognosen gewesen. "Wir gehen aber nicht von zusätzlichen Steuerverlusten aus." Dem Bund seien bisher keine anderen Unternehmen mit derartigen Steuerplänen bekannt.

Über die Vodafone-Pläne, die Steuerlast durch Milliardenabschreibungen zu drücken, werden jetzt die Finanzbehörden von Nordrhein-Westfalen entscheiden. Sollte die Behörde die Pläne akzeptieren, könnte Vodafone in Deutschland über einen längeren Zeitraum bis zu 20 Milliarden Euro an Körperschaft- und Gewerbeertragsteuern sparen.