entschärft

Neuer TKG-Entwurf gibt Telekom mehr Spielraum

Regulierung erst bei "beträchtlicher Marktmacht"?
Von Marie-Anne Winter

Wie berichtet, kommt das neue Telekommunikationsgesetz (TKG) so langsam, dass die EU-Kommission bereits ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet hat - denn die Frist zur Umsetzung der EU-Vorgaben ist längst abgelaufen. Die verschiedenen Interessengruppen ringen hinter den Kulissen noch immer erbittert um Formulierungen. Wie vwd heute berichtet, wurde der Gesetzentwurf nun kurz vor der Verabschiedung durch das Kabinett zu Gunsten der Deutschen Telekom abgeändert.

Und zwar wurde umdefiniert, ab wann das frühere Monopolunternehmen der Regulierung unterliegen soll. Sollte eine Regulierung in früheren Entwürfen bei einer "marktbeherrschenden Stellung" des Unternehmens beginnen, die bereits bei einem Drittel Marktanteil gegeben ist, heißt es nun, dass künftig erst reguliert werden muss, wenn eine "beträchtlicher Marktmacht" vorläge. Diese wird erst bei mindestens 40 Prozent Marktanteil gesehen.

Das bedeutet, dass der Spielraum der Telekom größer würde, wenn dieser Entwurf durchkäme. Künftig müssten zahlreiche Einzelmärkte daraufhin untersucht werden, ob die Telekom dort noch zu regulieren ist oder nicht. Mit dieser Änderung folgt die Regierung den Vorgaben der Europäischen Kommission, in deren Richtlinienpaket vom vergangenen Jahr die beträchtliche Marktmacht zugrunde gelegt wird. Dagegen war das bisher vom Wirtschaftsministerium angelegte Kriterium der Marktdominanz am deutschen Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) orientiert.

Die Position der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post soll gemäß den Vorgaben aus Brüssel gestärkt werden. Die Regulierer sollen einen erheblichen Ermessensspielraum für ein Eingreifen gegenüber der Telekom bekommen. So wurde im aktuellen Entwurf ein in der Branche umstrittener wichtiger Punkt von einer "Soll"- in eine "Kann"-Bestimmung umgewandelt: Der Regulierer kann danach die Telekom verpflichten, für ihre Konkurrenten ihren Abrechnungs- und Inkassoservice zu gewähren. Für die Wettbewerber ist das wichtig, weil ihnen die Abrechnung von Kleinstbeträgen, wie sie bei der gelegentlichen Nutzung von Call-by-Call-Nummern anfallen, hohe Kosten verursachen würde.

Die alternativen Anbieter fürchten noch einen anderen Nachteil: Auch ein Passus zur Bereitstellung von Vorleistungen durch die Telekom wurde im neuen Entwurf geändert. Danach handelt der Ex-Monopolist nicht missbräuchlich, wenn er seinen Tochter- oder Partnerunternehmen bestimmte Leistungen früher anbietet als den Wettbewerbern. Außerdem sollen künftig nur noch die Preise für Vorleistungen der Telekom vorab genehmigungspflichtig sein. Die Endkundenentgelte sollen nur noch bei Verdacht auf Missbrauch im Nachhinein überprüft werden. Die Wettbewerber fürchten, dass sie nun weniger Einfluss auf die Preiskontrolle haben werden.