planmäßige Irreführung

Betrügerischer SMS-Chat-Dienst vom Netzbetreiber gesperrt

Statt eines SMS-Flirts gab es eine dicke Rechnung
Von Marie-Anne Winter

Das Landgericht München [Link entfernt] bestätigte die Rechtmäßigkeit der Sperrung eines Dienste-Anbieters durch einen Mobilfunkbetreiber. Ein Hamburger SMS-Chat-Dienst warb in Zeitungsanzeigen neben dem Bild einer attraktiven Frau mit der Vermittlung von SMS-Dates für "nur" 80 Cent pro SMS. Wenn Kunden auf eine derartige Anzeige reagierten, erhielten sie eine Antwort-SMS mit vorformulierten Texten aus einem Call-Center. So weit, so schlecht. Das Schlimmste aber kommt noch: Allein für die erste Kontaktaufnahme über die in der Anzeige angegebene Mobilfunknummer verschickte der Anbieter eine Rechnung über 49,95 Euro. Denn womit die Kunden nicht gerechnet hatten, war, dass 40 Euro für die Mindestabnahme von 50 SMS berechnet wurden und weitere 9,95 Euro für eine Freischaltgebühr.

Der Vertrag über dieses Überraschungspaket der anderen Sorte kam nach Meinung des Chat-Dienstes über einen winzigen, am rechten Rand der Anzeige angebrachten Hinweis zustande. Zur Abwicklung der Chat-Geschäfte wurden drei Mobilfunknummern eines bekannten Netzbetreibers benutzt. Dieser kündigte nach Bekanntwerden des Missbrauchs seiner Nummern den Vertrag mit dem Anbieter der zweifelhaften Chat-Dienstleistung fristlos und schaltete die gebuchten Nummern ab. Gegen die Abschaltung stellte Dienste-Anbieter einen Antrag auf den Erlass einer einstweiligen Verfügung.

Das Landgericht München I lehnte diesen Antrag ab und gab dem Netzbetreiber recht (Az: 22 O 9966/03). Niemand könne verpflichtet werden, sich an strafbaren Handlungen eines anderen zu beteiligen, lautete die Begründung. Der Richter Franz-Benno Delonge beanstandete die Werbeanzeigen des Chat-Dienstes als planmäßige Irreführung über die Preisgestaltung und als unlauteren Wettbewerb. Der Richter hält das Angebot des Chat-Dienstes außerdem für Betrug zum Nachteil des Kunden. Dem Kunden werde durch die Werbung für ein "SMS-Date" vorgespiegelt, er könne auf diese Weise eine attraktive Frau näher kennen lernen.

In Wirklichkeit werden die Antwort-SMS jedoch nicht von potentiellen Interessentinnen, sondern von bezahlten Mitarbeitern aus Call-Centern verschickt, die überhaupt nicht daran interessiert seien, Telefonkunden näher kennen zu lernen. Für den Richter stellt sich die Geschäftstätigkeit des Chat-Dienstes als Versuch dar, aus der Einsamkeit oder Kontaktarmut anderer Menschen in irreführender, unlauterer Weise Kapital zu schlagen.