Mobile Gaming

Zocken am Telefon

UMTS soll Handy-Spielen zum Durchbruch verhelfen
Von dpa /

In den voll besetzten Zügen aus den Vorstädten in die Metropolen sitzen morgens Tausende von Pendlern, die gebannt auf die Displays ihrer Mobiltelefone starren und eifrig Knöpfe drücken. Ein Geschäftsmann jubelt: "Tor! 3:0 für Bayern München!", und ein Student fragt seinen Sitznachbarn: "Spielst du mit mir eine Partie Worms?". Geht es nach den Vorstellungen interessierter Unternehmen, soll dieses Szenario schon in wenigen Jahren Wirklichkeit sein.

Mobile Gaming - elektronische Spiele für unterwegs - bilden einen enormen Wachstumsmarkt, schätzen Experten. In einem Fachbericht der britischen Firma Mobile Streams mit Sitz in Newbury erklärt die Markt-Analytikerin Jennifer James, "dass erfolgreiche Unternehmen gigantische Gewinne einfahren werden, liefern sie wettbewerbsfähige Software über mobile Empfangsgeräte".

Bislang ist die Nachfrage allerdings gering. Nach Angaben des Verbandes der Unterhaltungssoftware Deutschland (VUD) in Paderborn verdiente die Branche mit digitalen Unterhaltungsmedien in Deutschland im Jahr 2000 rund 1,6 Milliarden Euro (3,13 Mrd. Mark). 95 Prozent dieser Summe erwirtschafteten die Firmen mit Spieletiteln für die Plattformen PC, PlayStation, Playstation 2, N-64 und Gameboy. Spiele für Mobiltelefon und Handheldcomputer sind in kleiner Anzahl erhältlich, die meisten per Download im Internet oder vorinstalliert auf dem jeweiligen Mobiltelefon. Der Marktanteil dieser Titel liegt bei unter einem Prozent.

Theodossios Theodorides, PR-Manager des Spiele-Entwicklers Eidos Interactive in Hamburg, rechnet für das Jahr 2003 mit einer deutlichen Steigerung: Bislang seien nur Titel mit dem Übertragungsstandard WAP (Wireless Application-Protocol) produziert worden. "Solange sich UMTS nicht durchgesetzt hat, wird dies ein Nischenmarkt bleiben."

Eidos produziert "Gangsters" für den Mobiltelefonhersteller Nokia. Wenn sich die UMTS-Technik durchsetzt hat - frühestens im Jahr 2003 - will das Unternehmen Bestseller wie "Tomb Raider" für Handy und PDA anbieten. Im nächsten Jahr, dem letzten vor UMTS, soll eine Umsetzung des erfolgreichen PC-Ratespiels "Wer wird Millionär?" das Potenzial von Mobile Gaming erkunden.

Der japanische Branchenriese Sony gab bereits im Oktober die Gründung einer Abteilung für Mobile Gaming bekannt. Das Unternehmen rechnet mit einem jährlichen Wachstum von bis zu 500 Prozent ab dem Jahr 2003. Der "Moorhuhnjagd"-Vertrieb Phenomedia in Bochum nutzt im übernächsten Jahr die Mobilfunk-Techniken UMTS und GPRS (General Packet Radio Service). Käufer sollen Action- und Rätseltitel in Farbe und mit lebensechtem Klang spielen können. Unternehmenschef Markus Scheer freut sich über die Prognosen der Forschungsinstitute: "Bis 2005 wird der Markt für mobile Unterhaltung in Westeuropa und den USA von derzeit 0,1 auf etwa fünf Milliarden US-Dollar wachsen."

Die Prognosen verleiten allerdings nicht alle Mitbewerber zu Begeisterungsbekundungen. Die Vertriebsfirmen Take 2, Electronic Arts und Infogrames lassen die Produktion von Titeln für Handy, Organizer PDA auf Sparflamme laufen. Die Devise lautet: Erst mit UMTS und GPRS wird der Markt reif sein für eine große Auswahl an Mobil-Titeln. Die Bedeutung der Grundlagentechnik zeigt die Situation in Japan: Dort spielten im Herbst 2001 etwa zehn Millionen Menschen Mobile Games auf Mobiltelefonen. Die Firma NTT DoCoMo setzt dort die Technik i-Mode ein. Anders als die vergleichsweise langsame WAP-Technik ermöglicht i-Mode flüssiges Online-Spielen durch hohe Datenübertragungsraten.

Als Prototyp des Mobile-Gamings gilt der Gameboy. Im Jahre 1989 veröffentlichte die japanische Firma Nintendo den ersten Gameboy, ein schokoladentafelgroßes, weißes Kästchen mit Knöpfen und Richtungskreuz. Wie bei einem Videorekorder können Spieler das Kästchen mit Spiele-Kassetten füttern. Beliebt war etwa Tetris - ein Kombinations-Spiel, bei dem Spieler herabfallende Bauklötzen anordneten. 120 Millionen Menschen kauften bis Mitte 2001 einen Gameboy oder dessen Farb-Variante Gameboy Color, rund zwölf Millionen Spieler leisteten sich das seit März 2001 erhältliche Nachfolgemodell Gameboy Advance: Das größere Anzeigefeld erlaubt es, grafisch aufwendigere Abenteuerspiele zu nutzen. Der Gameboy Advance kostet rund 130 Euro (254,26 Mark) ohne Zubehör.

Allerdings bietet auch der Gameboy Advance keinen Internetzugang, und genutzt wird er vornehmlich von Kindern und Jugendlichen. Dabei ist der potenzielle Markt für Handyspiele deutlich größer einzuschätzen: Laut einer aktuellen Studie des Instituts für Demoskopie Allensbach kann im Jahr 2004 fast jeder Bundesbürger mit seinem Handy spielen - wenn er will. 65 Prozent der Deutschen zwischen 14 und 64 Jahren besitzen ein Mobiltelefon, im Jahre 2003 werden es der Studie zufolge über 90 Prozent sein. Von den Kaufwilligen legen 30 Prozent Wert auf eine attraktive Auswahl an vorinstallierten Spielen.