Umstrukturierung

Pirelli und Benetton übernehmen indirekt Kontrolle über die Telecom Italia

Zusammenarbeit von Deutscher Telekom mit TIM nicht ausgeschlossen
Von dpa / Karin Müller

Pirelli hatte am Wochenende bekannt gegeben, dass der Reifenhersteller gemeinsam mit Benetton indirekt die Kontrolle über die Telecom Italia übernimmt. Ein gemeinsames Unternehmen, das zu 60 Prozent Pirelli und zu 40 Prozent Benetton gehört, übernehme 100 Prozent der luxemburgischen Gesellschaft Bell SA, die über ihre Olivetti-Anteile bislang die Telecom Italia kontrollierte. Die Käufergemeinschaft will zudem auch die Großbanken Unicredito und Banca Intesa-BCI mit ins Boot holen. Danach würden sich die Anteile für Pirelli auf 60 Prozent, für Benetton auf 20 Prozent und für die beiden neuen Partner auf ebenfalls 20 Prozent belaufen.

Telecom Italia steht nach dem Machtwechsel an der Spitze vor einem drastischen Umbau. Der Pirelli-Chef Marco Tronchetti Provera stellte nach italienischen Medienberichten am Montag eine Fusion von Telecom Italia und deren Mutter Olivetti in Aussicht. Zugleich sind zusätzliche Investitionen in die Technologie geplant. Alle nichtstrategischen Tätigkeitsfelder sollen in den kommenden 18 Monaten verkauft werden. Schließlich wird bei Pirelli an eine Aufgabe der Lkw-Reifensparte und des Stromkabelgeschäftes gedacht.

Die Deutsche Telekom lehnte eine Stellungnahme ab. Der Ex-Monopolist wollte vor gut zwei Jahren selbst die Telecom Italia übernehmen. Doch der italienische Olivetti-Konzern durchkreuzte damals die Pläne der Bonner. Allerdings heißt es in der Branche, der Gesprächsfaden zwischen den Telekom-Riesen sei nie ganz abgerissen. So sollen Deutsche Telekom und France Telecom noch im vergangenen Jahr der Telecom Italia ein Übernahmeangebot unterbreitet haben.

Nach Einschätzung des Telekom-Analysten der Privatbank Sal. Oppenheim, Frank Rothauge, könnte es schon in zwei bis drei Jahren zu einer Zusammenarbeit zwischen der Telecom Italia Mobile (TIM) und der Telekom-Tochter T-Mobile kommen. Beide würden sich exzellent ergänzen und bestehende Lücken in ihren Netzen schließen. Kai-Uwe Ricke, im Telekom-Vorstand für das Mobilfunkgeschäft verantwortlich, hat immer wieder auf die Logik eines solchen Zusammengehens hingewiesen. Mit einem Engagement in Italien, Frankreich und Spanien könne die Telekom weiße Flecken auf der Landkarte schließen und den Marktführer Vodafone herausfordern.

Die Aktien von Pirelli und Olivetti haben unterdessen an der Mailänder Börse herbe Kursrückschläge erlitten. Pirelli gaben bis Nachmittag um fast 15 Prozent, Olivetti um knapp zwölf Prozent nach. Zwischenzeitlich waren beide Papiere vom Handel ausgesetzt gewesen. Die Übernahme der 23-prozentigen Olivetti-Beteiligung für 7 Milliarden Euro werde Pirellis Barreserven aufzehren und dem Konzern eine Netto-Verschuldung von 3,1 Milliarden Euro einbringen, begründete ein Mailänder Händler die Kursverluste.

Unterdessen hat der italienische Finanzminister Giulio Tremonti die Abtretung der vom Schatzministerium gehaltenen Anteile (3,46 Prozent) bei der Telecom Italia in Aussicht gestellt. Dies würde gleichzeitig zum Verzicht auf das Vetorechtes des Staates bei wichtigen Entscheidungen führen. Nach derzeitigem Börsenverlauf würde dies die Einnahme von mehr als 3 700 Milliarden Lire (3,74 Mrd DM/1,9 Mrd Euro) und somit einen willkommenen Mittelzufluss für die angeschlagene Staatskasse bedeuten.