Telekom-Krise

Türk Telekom: Regierungskrise endet mit Kompromiss

Kompromisslösung für die Privatisierung der türkischen Telefongesellschaft
Von AFP / Marie-Anne Winter

Die türkische Regierung hat den Streit um das Führungspersonal bei der zur Privatisierung anstehenden Telefongesellschaft Türk Telekom mit einem Kompromiss beigelegt. Wie Ministerpräsident Bülent Ecevit in Ankara sagte, wurde am Donnerstag ein wochenlanger Zwist zwischen dem parteilosen Wirtschaftsminister Kemal Dervis und dem für die Telekom zuständigen Verkehrsminister Enis Öksüz von der rechtsnationalen MHP über die Zusammensetzung des neuen Telekom-Vorstands beendet. Mit der Kompromisslösung machte die Regierung in Ankara auch den Weg frei für die Auszahlung weiterer Finanzhilfen des Internationalen Währungsfonds (IWF).

In der Auseinandersetzung ging es um die Weigerung Dervis', die Zusammensetzung der neuen Telekom-Führungsriege parteipolitischen Bedingungen zu unterwerfen. Presseberichten zufolge hatte Dervis mit seinem Rücktritt gedroht. Er unterstrich, nicht die Parteizugehörigkeit, sondern die fachliche Qualifikation müsse - wie vom IWF gefordert - für die Auswahl des Telekom-Vorstands entscheidend sein. Dagegen bestand Öksüz darauf, enge Mitarbeiter aus den Reihen seiner Partei in der Telekom-Führung zu belassen. Laut dem Kompromiss ernennt die MHP vier von insgesamt sieben Telekom-Vorstandsmitgliedern, Dervis' Ressort zwei und das Büro Ecevits einen Direktor, wie der türkische Fernsehsender NTV berichtete.

Durch den Streit um das Telekom-Führungspersonal war die Regierung in Ankara in die Krise geraten. Am Mittwoch musste zum vierten Mal die Vollversammlung von Türk Telekom verschoben werden, weil noch immer kein Vorstand gefunden worden war. Dervis sagte eine zweiwöchige Auslandsreise ab, um das Problem vor einem für Dienstag geplanten Treffen mit IWF-Direktoren zu lösen.

Die Ernennung einer neuen Telekom-Führungsmannschaft zählte zu den vier Bedingungen des IWF zur Freigabe einer Tranche von 1,5 Milliarden Dollar (1,74  Milliarden Euro/3,4 Milliarden Mark). Ecevits Drei-Parteien-Koalition hatte bislang drei der geforderten Bedingungen erfüllt - die Annahme eines Nachtragshaushalts im Parlament, ein Gesetz zur Auflösung einer verlustigen Staatsbank und ein Gesetz zur Liberalisierung der bis dato staatlichen Tabakbranche.

Der IWF und die Weltbank hatten der Türkei zur Überwindung der Wirtschaftskrise finanzielle Hilfen von insgesamt zehn Milliarden Dollar (11,8  Milliarden Euro/23 Milliarden Mark) versprochen, diese Hilfe jedoch von wirtschaftlichen Reformen abhängig gemacht. Die Privatisierung der Telekom gehört zu den wichtigsten Vorhaben in Dervis' Reformprogramm.