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FTD-Umfrage: Die Zuwächse bei SMS stagnieren

Der Boom mit den kultigen Kurznachrichten ist ausgereizt
Von Marie-Anne Winter

Nachdem der SMS-Boom im vergangenen Jahr geradezu hysterische Zuwächse erlebt hat - die GSM Association meldet, dass innerhalb des letzten Jahres der Versand von Textmitteilungen in den GSM-Netzen um das Fünffache angewachsen ist. Und alleine im ersten Quartal 2001 wurden weltweit 50 Milliarden SMS verschickt, also etwa 16 Milliarden SMS pro Monat.

Die Financial Times Deutschland (FTD) hat durch eine Umfrage unter den deutschen Netzbetreibern festgestellt, dass das bisher beispiellose Wachstum bei den Kurznachrichten per Handy offenbar an seine Grenzen gestoßen ist - während der ersten drei Monate in diesem Jahr sind keine nennenswerten Zuwächse mehr zu verzeichnen. Dabei hat sich in Deutschland die Zahl der gesendeten Kurznachrichten im Jahr 2000 versiebenfacht, jetzt stabilisiert sie sich auf hohem Niveau.

Kurnachrichten haben in Deutschland seit ihrer Einführung 1995 einen stetig wachsenden Anteil am Umsatz der Netzbetreiber ausgemacht - bei D2 Vodafone beispielweise erreichte der SMS-Anteil im vergangenen Jahr elf Prozent. Bei den Netzbetreiber sind SMS sehr beliebt, weil sie bei geringen Investitionen dicke Gewinne abwerfen. Zu Anfang wurden sie komplett über ansonsten ungenutzte Kapazitäten in den Netzen geschickt, erst durch das stark erhöhte Aufkommen fielen zusätzliche Investitionen an.

Die derzeitige Stagnation fällt besonders bei E-Plus auf. Der Netzbetreiber hatte zum 1. März die SMS-Preise erhöht; die Zahl der gesendeten SMS sank von 320 Millionen im Januar auf gut 250 Millionen in den Folgemonaten. Etwas anders ist die Lage bei T-Mobil: Über das D1-Netz wurden von Januar bis März je rund 700 Millionen SMS monatlich versendet - ein ähnliches Volumen meldet auch D2 Vodafone.

Der Run auf die bis zu 160 Zeichen langen Textnachrichten geht weltweit allerdings noch weiter - vor allem durch die Zunahme in Ländern, in denen die SMS erst jetzt allmählich entdeckt werden, wie das in den USA, vielen Länder Lateinamerikas und Osteuropas der Fall ist.

Analysten gehen davon aus, dass die Markt-Sättigung, in Deutschland und Großbritannien auf die Nutzerstruktur der SMS-Dienste zurückzuführen ist: SMS werden in erster Linie von Jugendlichen genutzt, die aber über relativ wenig Geld verfügen - die Kaufkraft dieser Gruppe ist nun einfach erschöpft.

Trotzdem bleiben die Mobilfunkanbieter optimistisch: "Bei mobilen Datendiensten ist noch Platz für neue zielgruppenspezifische Angebote", sagt Bodo Durlacher, Senior Analyst beim Marktforscher Durlacher. Dienste für Geschäftskunden beispielsweise seien bisher noch wenig entwickelt. Auch die Analysten der CSFB erahnen weiteres Wachstum in neuen Services wie Gruppenchats, Nachrichtendiensten oder der Überwachung von Maschinen und Anlagen. "Ob daraus allerdings erneut ein exponentielles Wachstum entsteht, muss sich erst noch zeigen", warnt CSFB-Analyst Darren Ward.

Diese Nutzer-Gruppen werden allerdings auf bessere Texteingabemöglichkeiten warten - es ist nicht zu erwarten, dass sich stressgeplagte Manager, die eilig von Termin zu Termin hetzen, die Zeit nehmen, auf der platzsparenden, aber äußerst unergonomischen Handy-Tastatur mit Engelsgeduld einen kurzen Text zusammenmorsen, der bei einem schnell gemachten Eingabefehler auch noch unwiderruflich verschwinden kann. Auch dass sich dieses Nutzersegment an kryptischen Abkürzungen à la "hadigadoli" erfreut, ist eher unwarscheinlich.