Liebesbotschaft light

Schnelle Hilfe für verzweifelte Romantiker

Wem die Flirt-SMS nicht reicht, findet Hilfe im Internet
Von dpa / Marie-Anne Winter

"Deine Augen leuchten wie die Sterne in der Nacht" - solche Liebesbotschaften sendet man traditionell am besten mit der Feder geschrieben auf edlem, parfümiertem Büttenpapier. Doch heutzutage nutzen immer mehr Verliebte E-Mails oder Handy-Kurzmitteilungen (SMS), um sich ein paar nette Worte zu sagen. Häufig sehen die Love-Mails ihren papierenen Vorfahren sehr ähnlich: Die sprachlichen Symbole und Bilder haben sich kaum verändert. Daneben hat sich aber vor allem mit der SMS auch eine neue, kürzere Form von Liebesbotschaften entwickelt. Experten glauben sogar, dass inzwischen weit mehr Menschen Liebesbotschaften austauschen als in der Zeit vor E-Mail und Kurzmitteilung.

"Mit der E-Mail oder der SMS wird der klassische, auf Papier geschriebene Liebesbrief nicht verschwinden, es kommen lediglich neue Medien hinzu und damit auch neue Nutzer", sagt Angela Kesseler, die zusammen mit ihrem Kollegen Alexander Bergs an der Universität Düsseldorf zum Thema "Liebesbriefe vom 19. Jahrhundert bis heute" forscht.

"Viele, die heute spielerisch per E-Mail und SMS mit dem Partner flirten oder Komplimente machen, würden niemals einen klassischen Liebesbrief schreiben", bestätigt Bergs. Viele Menschen hätten eine große Hemmschwelle und Angst, sich durch unbeholfene Formulierungen oder Rechtschreibfehler zu blamieren. "Kommuniziert man aber per E-Mail oder Kurzmitteilung, dann ist die ganze Situation lockerer, weniger ernsthaft, und vielen fällt ein liebes Wort leichter."

Auch Nicola Döring, Medienwissenschaftlerin an der Technischen Universität Ilmenau (Thüringen), betont, dass für viele Menschen der Kontakt per E-Mail und SMS einfacher ist: "Hier ist die Sprache eine andere als in herkömmlichen Briefen: Man schreibt eher angelehnt an die mündliche Sprache." Deshalb müsse man an einem Text nicht bis zur Perfektion herum feilen, wie dies häufig beim klassischen Liebesbrief erwartet werde. Das ist offenbar für viele ermutigend, denn auch Döring geht davon aus, dass durch die neuen Wege insgesamt mehr Liebesbotschaften geschrieben werden als zuvor.

Häufig handele es sich dabei nur um ein kurzes "Sichmelden" beim Partner, und nicht selten werde daraus ein Alltagsritual: "Viele Paare entwickeln einen regelmäßigen Rhythmus: Eine E-Mail morgens, wenn man ins Büro kommt, eine SMS nach der Mittagspause und so weiter", erläutert die Medienwissenschaftlerin. Die viel besprochene Abkürzungs- und Symbolsprache der E-Mail- und SMS-Kommunikation spiele dabei allerdings keine entscheidende Rolle: "Eine kleine Anzahl von Smilies wird genutzt und eine Handvoll Abkürzungen wie LOL (laughing out loud, zu Deutsch: lautes Lachen) oder HDL für "Habe Dich Lieb", und das gibt es ja wiederum nicht erst seit der Kurzmitteilung."

Auch Kesseler und Bergs haben festgestellt, dass sich in vielen Love-Mails Altbekanntes wieder findet: "In längeren, besonders romantischen Liebesbotschaften greifen auch die E-Mail-Schreiber auf die Sprache der Poesiealben zurück", so Kesseler. "Deine veilchenblauen Augen" sei etwa ein Terminus, der auch im elektronischen Liebesbrief zu finden sei. Besonders auffällig sei ein sehr altes Symbol zwischen Liebenden: "Schon in den Liebesbriefen des 19. Jahrhunderts findet man das "X" als Symbol des Kusses", sagt Bergs. So ständen als Abschiedsgruß häufig drei X unter einem Brief. "Und dieses Zeichen wird auch heute noch von Verliebten in ihren E-Mails benutzt."

Bei allem technischen Fortschritt, eine besondere Bedeutung habe der klassische Liebesbrief auf Papier immer noch, so die Experten: Die Tinte auf dem Papier habe für viele eine viel stärkere Bedeutung als eine Computerzeile. "Das scheint ernster zu sein, verpflichtender, wie für die Ewigkeit aufgeschrieben", so Alexander Bergs. Auch Nicola Döring bestätigt: "Manchmal wünscht man sich dann eben doch etwas zum Anfassen, einen Brief, den man real in den Händen halten kann."

Aber auch demjenigen, der sich an die klassische Variante des handgeschriebenen Briefes wagt, hilft die neue Internet-Technik: Häufig fehle es zwar nicht am guten Willen, aber an der Fähigkeit, diesen auch in ein paar schöne Zeilen umzusetzen, weiß (Name gelöscht) aus Borsdorf bei Leipzig. Er ist einer der Verantwortlichen der Internet-Seite unter http://www.romantische-briefe.de die all jenen Hilfe verspricht, "die schon 100 Liebesbriefe begonnen haben und jedesmal verzweifelt sind".

Zu Tarifen ab rund 40 Mark findet bei www.romantische-briefe.de ein Ghostwriter die richtigen Worte, nachdem der Besteller ein paar Informationen über sich und seine Beziehung Preis gegeben hat. "Einige unserer Kunden benutzen unseren Brief dann als Vorlage oder Leitfaden und schreiben einen eigenen. Einige schreiben ihn aber auch komplett ab und geben ihn dem Partner unverändert", erläutert (Name gelöscht). Schlechte Erfahrungen habe offenbar noch niemand damit gemacht: "Tatsächlich haben uns Kunden berichtet, dass sie dem Empfänger irgendwann die kleine Mogelei gebeichtet haben, Krach gab es deswegen aber nicht." In der Regel erkenne der Partner die Mühe und den guten Willen hinter der Tat und freue sich trotzdem.

Beim Konkurrenten www.liebesbriefe.de hat man die gleichen Erfahrungen gemacht. Jeannot Lucchi, der von St. Gallen in der Schweiz aus Aufträge und Autoren koordiniert, bestätigt: "So ein bestellter Brief gehört zu den kleinen Notlügen, die die Liebe erhalten." Etwa drei Viertel der Besteller bei www.liebesbriefe.de befänden sich außerdem gerade in einer Beziehungskrise: "Gerade wenn in einer Partnerschaft die Kommunikation nicht mehr funktioniert, kann ein Brief helfen, wenn hier einer der Partner ausdrückt, was er fühlt und auch Fehler eingesteht."