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US-Unternehmen planen elektronisches Wahlsystem

Technologiekonzerne spekulieren auf öffentliche Investititionen
Von Marie-Anne Winter

Führende US-Technologiekonzerne wollen gemeinsam ein neues elektronisches Wahlsystem entwickeln. Im Laufe des Tages wird Unisys eine entsprechende Allianz mit Dell und Microsoft bekannt geben, das jedenfalls berichtet das "Wall Street Journal" in seiner aktuellen Ausgabe. Die Unternehmen planen eine Komplettlösung, die sowohl die benötigte Software, als auch die geeignete Hardware umfasst. "Wir wollen mit einer Lösung auf den Markt gehen, die den gesamten Vorgang abwicklen kann", sagt Unisys-Geschäftsführer Lawrence A. Weinbach.

Auch andere Technologie-Konzerne wie Diebold Inc und IBM kündigten an, in diesen Markt einsteigen zu wollen. Das plötzlich Interesse der Unternehmen ist laut "Wall Street Journal" auf erhöhte Investitionen der öffentlichen Hand in diesem Bereich zurückzuführen. Es ist zu erwarten, dass die US-amerikanischen Behörden nach dem Wahldebakel im vergangenen November mehr Geld in die Modernisierung der Wahlsysteme in den Staaten investieren. Die beteiligten Unternehmen spekulieren mit ihren Neuentwicklungen auf ein paar schnelle Dollars: Im Dezember hatten der demokratische Abgeordnete Charles Schumer (New York) und der Republikaner Sam Brownback (Kansas) in irritierender Eintracht vorgeschlagen, jedem US-Bundesstaat öffentliche Mittel von 250 Millionen US-Dollar für eine Reform des Wahlsystems zur Verfügung zu stellen. Robert Hertzberg aus Kalifornien hatte sogar 300 Millionen US-Dollar für die Modernisierung gefordert.

Herzstück des elektronischen Wahlsystems sollen Computer von Dell sein. Mit Hilfe der Spezialrechner sollen die US-Wähler ihre Stimme künftig einfach per Tastendruck oder gleich über einen berührungsempfindlichen Bildschirm abgeben können. Die Software dazu soll - wenig überraschend - von Microsoft entwickelt werden, heißt es in dem Zeitungsbericht. Allerdings stellt sich die Frage, ob das Wählen dann wirklich einfacher wird. Microsoft-Produkte haben bekanntlich ihre Tücken.

Zur Zeit nutzen 30 Prozent der US-Bürger bei Wahlen das umstrittene Lochkartensystem, 18 Prozent wählen mittels eines speziellen Wahlapparates, der an Spielautomaten erinnert. Neun Prozent wählen bereits elektronisch. Nach Analyse des "Wall Street Journal" gibt es einen Markt für ein elektronisches Wahlsystem. Gleichzeitig wird darauf hingewiegen, dass die Kunden für ein solches System zumeist Kommunen mit knappen Budgets seien. Wenn sie sich einmal für ein System entschieden hätten, würden sie kaum binnen kurzer Zeit ein neues anschaffen. Das Unisys-Management hofft dagegen auf einen Multimilliarden-Dollar-Markt für ihr elektronisches Wahlsystem. Die Vorteile der elektronischen Stimmabgabe lägen auf der Hand: die Abgabe doppelter Stimmen wird verhindert, eine mehrsprachige Benutzerführung ist möglich und die Kosten sinken, weil keine Stimmzettel mehr gedruckt werden müssen.

Das klingt erstmal ganz gut, aber es fällt auf, dass Fragen, beispielsweise nach Daten- oder Zugangssicherheit, ausgespart werden. So wenig befriedigend die derzeitigen Lösungen auch erscheinen, ein herkömmlicher Wahlzettel lässt sich auch bei einem Strom- oder Netzausfall noch ausfüllen und abgeben. Außerdem hat sich gezeigt, dass es durchaus vorteilhaft ist, dass Zettel und Lochkarten im Zweifelsfall einfach noch einmal gezählt werden können. Was passiert dagegen mit elektronisch abgegebenen Stimmen, wenn der Server ein Blackout hat? Es bleibt abzuwarten, ob hier tatsächlich befriedigende Lösungen gefunden werden.

Fakt ist, dass 32 US-Staaten neue Wahlsysteme kaufen wollen und durchaus auch an elektronischen Wahlsystemen interessiert sind. Allerdings verlangen sie von den Herstellern unabhängige Tests.