Boom

Enthemmter Festtagsrausch im Onlinehandel

Singende Tannenbäume und schnarchende Nikoläuse
Von AFP / Frank Rebenstock

Wer für den passenden Weihnachtsbaum nicht mehr durch den Wald stapfen will, kann sich in diesem Jahr gemütlich vor den Computer setzen und im Internet das passende Exemplar suchen: Da bietet etwa der Online-Shop Blume2000.de mit Teddys geschmückte Blaufichten, profiprodukte.de Jingle-Bells-singende Bäume und desaster.com das aufblasbare Exemplar "White Dream". Wie die Fußgängerzonen in deutschen Städten, präsentiert sich derzeit auch das Internet weihnachtlich und bietet Einkaufsmuffeln ein nahezu unbegrenztes Angebot: Neben Online-Klassikern wie Büchern und Compact Discs können im Netz jetzt auch Weihnachtsschmuck, Torten oder festliche Erotikartikel bestellt werden. Experten erwarten in diesem Jahr einen Boom im Online-Weihnachtsgeschäft. Verbraucherschützer mahnen Kunden allerdings zur Vorsicht beim Kauf.

Der europäische Einzelhandel kann im Weihnachtsgeschäft nach einer Studie von Forrester Research mit einem Online-Umsatz von 2,6 Milliarden Euro (5,1 Milliarden Mark) rechnen. Das würde ungefähr dem europäischen Online-Einzelhandelsumsatz des Jahres 1999 entsprechen. Spitzenreiter beim elektronischen Christmas-Shopping ist laut Forrester der deutsche Einzelhandel mit einem voraussichtlichen Online-Umsatz von 715 Millionen Euro (1,4 Milliarden Mark). Für die Experten gibt es im Internet mittlerweile auch eine große Anzahl seriöser Anbieter. "Europäische Verbraucher können inzwischen auf ein breites Angebot von vertrauenswürdigen Online-Einzelhändlern zurückgreifen", betont Forrester-Analystin Abigail Leland.

Dirk Klasen von der Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände (AgV) warnt jedoch vor zu viel Optimismus. Es gebe bei den Anbietern inzwischen zwar ein "gewachsenes Bewußtsein" für die Mindestanforderungen beim Online-Kauf, aber in der Praxis noch immer viele Probleme. So sei etwa zuletzt bei einer Untersuchung der Stiftung Warentest ein Fünftel der Testeinkäufe gar nicht erst beim Kunden angekommen, berichtet Klasen. Auch die Datensicherheit sei nicht überall gewährleistet. Beim Bezahlen empfiehlt der Verbraucherschützer deshalb, die Weihnachtssendungen per Rechnung und nicht über die Preisgabe der Kreditkartennummer im Netz direkt zu bezahlen.

Um "Schwarze Schafe" bei der festlichen Online-Einkaufstour zu vermeiden, rät Klasen darauf zu achten, ob der Anbieter auf seiner Internetseite eine Adresse angibt und klar über den Gesamtpreis informiert. Den Glauben, dass im Internet alles günstiger sei, hält der AgV-Experte zudem für eine "Fiktion". Ein Vorteil sei aber sicher, dass im Netz ein "sehr breiter Preisvergleich" möglich sei.

Vor Weihnachten scheint es im Netz jedenfalls kaum etwas zu geben, was nicht angeboten wird: Wer sich vor den Feiertagen den Gang zum Konditor ersparen will, kann bei toojoo.de mit einer Lieferzeit von fünf Arbeitstagen eine Weihnachtstorte aus zwei Mandelböden, Lebkuchenbiskuit und Schokoglasur für 49,95 Mark bestellen. Wer lieber Scherzartikel verschenkt, könnte in den Weiten des Netzes beispielsweise auf das "Mousepad Jesus" oder den batteriebetriebenen "schnarchenden Nikolaus" treffen. Und wer etwas Erotisches sucht, findet bei festcompany.de [Link entfernt] das "Miss Santa Kostüm", das als "kess und sexy" gepriesen wird und in den Größen 36 bis 42 erhältlich ist. Beate Uhse präsentiert sich im Internet derzeit mit einem Adventskalender, bei dem sich hinter den Türchen spärlich bekleidete Frauen mit Weihnachtsmütze verbergen.

Die nahezu unbergenzte Angebotsfülle im Internet erklärt sich Klasen damit, dass es dort im Gegensatz etwa zu einem Kaufhaus kein Platzproblem gebe. Das eröffne auch auch Exoten die Möglichkeiten, sich dort zu tummeln. Bei einigen Angeboten mahnt er allerdings zur Zurückhaltung: Lebensmittel seien immer eine "heikle Ware" für den Online-Kauf. Auch bei einem gebrauchten Auto sei es gut, es sich vor einem Kauf anzusehen. Bei Waren wie Compact Discs oder Theaterkarten sei das Risiko dagegen "relativ gering". Ein Renner war im bisherigen Weihnachtsgeschäft auch der "rockende Nikolaus", der im Takt festlicher Musik die Hüften schwingt - er ist allerdings bereits "leider ausverkauft".