Programm

Die WAP-Maschine

Wie der Mobilfunk in den nächsten Jahren zunächst sich selber und dann auch uns verändert
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"WAP" war vor wenigen Monaten noch ein Kalauer: "Where are the Phones". Das meinte, dass es WAP nicht zu kaufen gab, obwohl die Medien seit Herbst letzten Jahres intensiv über den neuen Standard berichteten. Doch inzwischen sind die Geräte lieferbar. Derselbe Zyklus - Ankündigung, Euphorie, Ernüchterung, Einführung - wird sich in den nächsten Jahren vielfach wiederholen. HSCSD, GPRS, EDGE und UMTS stehen vor der Tür, um nur ein paar Begriffe zu nennen. Jede dieser Technologien bringt einen Bandbreitensprung mit sich: HSCSD beschleunigt zunächst auf 43,2 kbit. GPRS erreicht bis zu 115,2 kbit, EDGE 384 kbit und UMTS schließlich bis zu 2000 kbit pro Sekunde.

Mit den Mobilnetzen ändern sich auch die Telefone. Gab es noch vor zwei Jahren von jedem Hersteller jeweils eine Produktlinie, die alle Ansprüche von "einfach" bis "professionell" abdeckte, plant nun alleine Motorola vier Linien mit unterschiedlichsten Modellen. Die eine Serie richtet sich an den Privatnutzer, der vor allem erreichbar sein will. Die nächste Linie ist modisch schick, die dritte auf den Geschäftskunden abgestimmt. Schließlich ist noch eine Linie für Technikfreaks vorgesehen, die nach den die allerneuesten Standards verlangen. Innerhalb jeder Serie gibt es jeweils Telefone und Organizer vom entsprechend an die Serie angepassten Standard-Handy bis zum mobilen Alleskönner mit Farbbildschirm, Tastatur, Terminplaner und 8 Megabyte RAM.

"Brauchen wir das wirklich?" werden sich viele fragen. Vor kurzem hatte zum Beispiel die Stiftung Warentest festgestellt, dass es kaum lohnende Inhalte im WAP gibt. Eine mobile Abfrage einer Aktie kostet rund 80 Pfennig - zu teuer, um regelmäßig sein Depot zu prüfen. Doch die schlichte Antwort lautet: Ja, wir werden diese Telefone kaufen. Die "WAP-Maschine" läuft.

Kritiker sprachen in den letzten Jahren häufig von der WINTEL-Maschine. Diese besagte, dass Microsoft mit jeder neuen Windows-Version den Ressourcenverbrauch derartig erhöhte, dass gerade die neueste Version des INTEL-Prozessors ausreichend war, um flüssig arbeiten zu können. Schließlich sorgten dann inkompatible Anwendungsprogramme, die in den neuesten Versionen nicht mehr auf den älteren Betriebssystemen liefen, dafür, dass die Nutzer upgraden müssen.

Die sich am Horizont abzeichnende "WAP-Maschine" weist dazu erhebliche Parallelitäten auf: Die immer schneller werdenden Mobilnetze ziehen zwangsläufig neue Endgeräte nach sich, um optimal genutzt werden zu können. Doch die alten Anwendungen und Inhalte werden auf den neuen Geräten "alt" aussehen, was die Applikations-Entwickler zu neuen Höhenflügen antreibt, um am Ball zu bleiben. Unter den aufgepeppten Anwendungen wird die Kompatibilität zu alten Telefonen leiden, so dass deren Nutzer schließlich ebenfalls in Update-Zwang kommen. Ähnliches kann man auch heute schon im Internet erleben, beispielsweise, wenn man sich neue Websites mit alten Browsern anschaut.

Kann man dem Kreislauf entkommen? Nein. Denn es wird für jede Anwendungsgruppe WAP-Anwendungen geben, die für diese vorteilhaft sind. Der Geschäftsmann wird seinen Terminplaner unterwegs per WAP mit dem seiner Kollegen abstimmen. Der Partyfreak wird die heißesten Szene-Tipps ebenfalls im WAP finden. Am Schluss nutzt selbst der Familienvater WAP auf der Heimfahrt vom Büro, weil es ihn langweilt, in der U-Bahn der einzige zu sein, der nicht wie gespannt auf das Handy-Display starrt. Hoffentlich sind bis dahin die Minutenpreise etwas günstiger als heute.