makaber

Der Tod geht online

Virtuelle Beerdigungen, elektronische Nachrufe und Trauerbotschaften
Von AFP / Steffen Pospischil

Stellen Sie sich vor, es gibt eine Beerdigung und keiner geht hin. In den USA müssen säumige Trauernde deswegen kein schlechtes Gewissen mehr haben. Die Lieben, die es nicht persönlich ans Grab schaffen, können den Beklagten jetzt auch virtuell das letzte Geleit geben. "Durch Benutzung von Videokameras und Computern während der Trauerfeier sind diejenigen, die nicht dabei sein können, virtuell im Kreise ihrer Familie," erläutert der texanische Beerdigungsunternehmer Robert Falcon.

Das Internet, inzwischen selbstverständlicher Teil des Alltagslebens, wird mehr und mehr auch zum Begleiter im Tod. Vom Sargmodell über die Sterbebekleidung bis zur Grabpflege gibt es nichts, was nicht im Internet zu bestellen wäre. "Immer mehr Leute gewöhnen sich daran," sagt Falcon. Sein Institut bietet erst seit kurzem seine Dienste auch über das Netz an. Eine Familie, die außerhalb von Austin wohnt, hatte sich näher über die Angebote informieren wollen. Inzwischen finden Falcons Kunden unter "HeavenlyDoor.com" eine Liste aller Leistungen und Preise.

Wer im Leben selbst vorsorgen will, ist bei "Funeralservices.com", einer Internetfirma aus Cleveland im Bundesstaat Ohio auf der richtigen Seite. "Aus Erhebungen wissen wir, dass 52 Prozent der Leute, die ihre Beerdigung vorbereiten möchten, sich scheuen, ein Beerdigungsinstitut aufzusuchen," sagt der Vorsitzende Nicholas DiCicco. Der Unternehmer, dessen Mutter als Balsamiererin arbeitet, hat seine Internetsite zusammen mit sieben Bestattungsunternehmen entworfen. Von der Einäscherung bis zur Trauermusik hat der Kunde per "Schnellplaner" innerhalb von zehn Minuten die eigene Beerdigungsfeier unter Dach und Fach. Für unentschlossenere Naturen gibt eine Extra-Seite Antwort auf häufig gestellte Fragen wie "Was ist eine Einbalsamierung?" oder "Ist ein Sarg Pflicht?".

Für vielbeschäftigte Hinterbliebene bietet die virtuelle Gedenkstätte Trost. "In einer Zeit, in der es immer weniger Leute schaffen, Friedhöfe zu besuchen, bietet das Internet die Möglichkeit eines Besuchs oder auch die Möglichkeit, die Erinnerung an Familienmitglieder aufrecht zu erhalten," sagt Brian Lavery. Der Internetunternehmer von "Netobituaries.com" bietet seinen Kunden an, der Toten per Internet zu gedenken. Bestattungsinstitute, die mit Lavery zusammenarbeiten, sind mit Laptops ausgestattet, über die Familien und Freunde Nachrufe, Fotos und Anekdoten aus dem Leben des Verstorbenen oder persönliche Gedenkworte ins Netz stellen können. Für 145 Dollar (rund 290 Mark) verschickt das Unternehmen die Trauerbotschaften an Freunde und Bekannte.

Auch in Deutschland geht der Tod online. Ob es nur die Pflege von Grabstätten oder der italienische Designersarg "Noce Daniela Intarsia" bei "www.grufti.de" sein soll, die Angebote werden immer verwegener. Unter "www.friedhof-online.de" klinken sich auch die Deutschen in die weltweite virtuelle Gedenkstätte ein. Der "Friedhof der Kuscheltiere" für verlorenes Lieblingsspielzeug ist allerdings noch nicht so recht eingeschlagen: Eine eigene Trauerseite für das verendete Tamagotchi ist den Deutschen dann wohl doch keine fünf Mark wert.