Gebangt?

Börsengeflüster: Ex-EU-Kommissar als Vermittler?

Das "Jeder-mit-Jedem-Spiel" in der TK-Branche geht weiter. Gerüchte um Telefonica-Übernahme trotz Dementi nicht verstummt.
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Hat der umstrittene EU-Kommissar Martin Bangemann schon seine Finger im Spiel bei den (angeblichen) Fusionsverhandlungen zwischen Deutscher Telekom und der spanischen Telefonica? Diese bange Frage stellt der SPIEGEL in seiner neuesten Ausgabe und er forciert damit die feinen Düfte in der Gerüchteküche der multilateralen Firmenfusionen.

Es läge ein übler Beigeschmack im Hauptgang dieses deutsch-spanischen Übernahme-Menüs, wäre es so und käme es so. Der korpulente deutsche Ex-Wirtschaftsminister, der sich nach fetten Brüsseler Jahren einen siebenstellig dotierten Beratervertrag eben bei der spanischen Telefonica an Land gezogen hat, wird mit der Selbsteinschätzung "Lieber ein faules Genie als ein fleißiger Idiot" zitiert. Dass nun gerade so jemand, der ein Musterbeispiel für skrupellose Selbstbediener-Mentalität abgibt, der Strippenzieher des deutsch-spanischen TK-Joint-Ventures sein soll, zeugt nur von der gnadenlosen Geschmacklosigkeit, mit der in der Branche nach Naschwerk gesucht wird.

Das Mahl beendet haben jetzt definitiv Telekom und France Télécom. Die erst im vergangenen Jahr befestigte insgesamt sieben Jahre währende Kooperation hatte Schluckauf bekommen, als Telekom-Chef Ron Sommer vergeblich eine italienische Süßspeise namens Telecom Italia verkosten wollte. Seinem französischen Diner-Partner Michel Bon war der Bissen im Halse stecken geblieben, als er von dem außerplanmäßigen Techtelmechtel - angeblich zu spät - erfuhr. Späte Rache des Franzosen: früher Verkauf der deutschen T-Aktien. Und außerdem der Versuch, die Deutschen aus dem deutsch-französisch-italienischen Gemeinschaftsunternehmen Wind hinauszujagen.

Die beleidigten Franzosen haben alternativ Appetit auf britische Vollwertkost gekriegt: Sie investieren knapp 2 Milliarden Mark in den britischen Kabelnetzbetreiber NTL. Die Engländer ihrerseits sollen in Verhandlungen mit Cable&Wireless stehen, nach deren Abschluss die neue Fusionsgesellschaft über rund 4,5 Millionen Kunden im Telefonfestnetz und im Kabel-TV verfügen würde - kein schlechter Happen auf der Insel auch für gaumenverwöhnte Franzosen.

Die Zähne ausgebissen hat sich dem Vernehmen nach zwischenzeitlich Mannesmann, und zwar an der britischen Mobilfunkgesellschaft One2One. Die Düsseldorfer haben sich Mitte der Woche aus dem Bieterverfahren für One2One zurückgezogen, wurde von Mannesmann bestätigt. Über 30 Milliarden Mark wollten die One2One-Eigentümer Cable & Wireless und MediaOne aus dem Verkauf erlösen.

Nachdem auch die Deutsche Telekom, Telecom Italia und Vivendi zuvor ihr Kaufinteresse zurückgezogen hatten, bleibt den Briten jetzt nichts anderes übrig, als selbst an die Börse zu gehen. Ob dabei soviel Geld eingesammelt wird wie geplant, darf man nach den wenig schmackhaften Apéritifs getrost bezweifeln.