Netzarchitektur

Die Netzarchitektur eines Mobilfunknetzes

Ein Mobil­funk­netz besteht aus weit mehr Technik als nur den Sende­masten. Wir erklären Ihnen den Aufbau eines Mobil­funk­netzes.
Von / Julian Ruecker

Das Handy ist heute stän­diger und selbst­ver­ständ­licher Begleiter. Auch die Benut­zung eines Handys ist denkbar einfach: Ziel­ruf­nummer wählen, Ruf aufbauen und tele­fonieren. Doch damit das funk­tio­niert, muss einiges im Mobil­funk­netz passieren. Der Münchener Anbieter o2 hat uns einen recht tiefen Einblick in sein Mobil­funk­netz gewährt.

Aufgrund der Komple­xität des Themas stellen wir Ihnen die Funk­tions­weise von Mobil­funk­netzen und den entspre­chenden Kompo­nenten auf einzelnen Unter­seiten vor. Mehr zu der Funk­schnitt­stelle eines Mobil­funk­netzes lesen Sie in einem weiteren Ratgeber.

Mobil­funk­stan­dards: GSM, LTE, 5G

Der Aufbau eines Mobilfunknetzes im Schema Der Aufbau eines Mobilfunknetzes im Schema
Grafik: teltarif.de
Das Netz besteht aus zahl­rei­chen Kompo­nenten, die alle zusam­men­spielen müssen. Die sicht­barsten Elemente sind dabei die überall verteilten Sende­masten. Sie sind die Kontakt­stelle für das Handy.

Die Daten zwischen Handy und Sende­mast werden auf bestimmten Frequenzen über­tragen. Welche das sind, richtet sich nach dem Netz­betreiber und dem Netz­stan­dard, von denen es in Deutsch­land derzeit drei gibt: Den seit den 1990er Jahren bekannten GSM-Stan­dard, den LTE-Stan­dard seit etwa 2010 sowie den seit etwa 2019 sich verstärkt verbrei­tenden 5G-Stan­dard. UMTS wurde 2021 abge­schaltet. GSM wird in Deutsch­land auf Frequenzen um 900 und 1800 MHz über­tragen, LTE bei 700, 800, teil­weise 900, 1800 und 2600 MHz, und 5G schließ­lich um 900, 1500, 1800, 2100, 2600 sowie 3400 bis 3800 MHz. In einigen Jahren sollen sogar Frequenzen zwischen 6 und 60 GHz möglich sein. UMTS nutzte Frequenzen um 1900 und 2100 MHz. Für GSM und LTE kann es in der Fläche unter­schied­liche Netze und Sende­masten geben. Auf der soge­nannten Core-Ebene, also in der Vermitt­lung, sind die Netze aber verein­heit­licht und zusam­men­geführt.

Was kommt nach dem Sende­mast?

Verschiedene Basisstationen für Mobilfunknetze In Mobilfunknetzen sind die verschiedensten Formen von Basisstationen verbaut.
Foto: teltarif.de
Dem Sende­mast nach­gela­gert ist im GSM-Netz die Base Trans­ceiver Station, kurz BTS. In einem UMTS- oder LTE-Netz heißt diese tech­nische Einheit Node-B. Umgangs­sprach­lich werden diese Einheiten als Basis­sta­tion bezeichnet. Sie ist für die Steue­rung des Sende­mastes verant­wort­lich und setzt das vom Vermitt­lungs­netz ange­lie­ferte Daten­signal um auf ein Hoch­fre­quenz-Signal (HF-Signal), das sich dann zur Ausstrah­lung über die Sende­masten eignet. In die andere Rich­tung wird das Signal auf zwei Wegen trans­por­tiert: Entweder wird es in einen Richt­funk­wandler geleitet und geht dann wieder hoch zum Sende­mast, um über eine Richt­funk­schüssel zur nächsten Kontroll­sta­tion zu gelangen. Alter­nativ wird das Daten­signal über Stand­lei­tungen oder ähnliche kabel­gebun­dene (Kupfer- oder besser Glas­faser-) Leitungen abge­führt. Die Kabel­vari­ante ist dabei teurer und aufwän­diger, die Funk­vari­ante ist jedoch störungs­anfäl­liger.

Nächste Instanz in den beiden Funk­netzen sind Controller. Tech­nisch heißen sie BSC (Base Station Controller) oder RNC (Radio Network Controller). Beide Netz­ele­mente haben jeweils im GSM- oder LTE-Netz die grund­legend glei­chen Aufgaben, unter­scheiden sich jedoch dennoch. Haupt­auf­gabe ist die Verwal­tung der jeweils ange­schlos­senen Sende­masten. Bewegt sich beispiels­weise ein Handy von einem Sende­mast zum nächsten, so regelt dieses Netz­ele­ment die Weiter­gabe des Handys zwischen den Masten, solange die beiden Masten zum glei­chen Netz­ele­ment gehören.

Pauschal gesagt sind etwa 50 Sende­masten auf einem derar­tigen Netz­ele­ment aufge­schaltet. Dieses abge­deckte Gebiet eines solchen Control­lers wird auch oft als LAC (Loca­tion Area Code) bezeichnet. Aller­dings kann ein LAC sich auch aus mehreren BSCs zusam­men­setzen.

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Ab nun muss in klas­sischen 2G-/3G-Netzen unter­schieden werden, ob es sich bei der Verbin­dung um eine klas­sische Sprach- oder aber eine Daten­ver­bin­dung handelt, da die Daten einen anderen Verlauf nehmen als die Sprach­lei­tungen. Im Fall von o2 gibt es einen weiteren Unter­schied: Der Münchener Netz­betreiber hat sein Netz vor geraumer Zeit auf All-IP umge­stellt. Das bedeutet, dass auf Netz­ebene ausschließ­lich IP-Daten verschickt werden, die eine in einigen Punkten andere Netz­archi­tektur voraus­setzen.

Die Netzwerk-Überwachung von o2 in München Die Netzwerk-Überwachung von o2 in München
Foto: teltarif.de
Typi­scher­weise gehen Tele­fonate vom BSC bzw. RNC weiter in das Mobile Swit­ching Center (MSC), dieses ist die Vermitt­lungs­stelle im Mobil­funk­netz. Die MSC verwaltet die Anrufe, kümmert sich um die Berech­tigungen und routet die Tele­fonate. Aller­dings: Nicht alle Aufgaben über­nimmt das MSC auch selbst. Es werden weitere Netz­ele­mente wie das HLR (Home Loca­tion Register) oder der VLR (Visitor Loca­tion Register) benö­tigt. Mehr zur Bedeu­tung des HLR können Sie in einem weiteren Ratgeber nach­lesen. Das MSC vermit­telt die Gespräche netz­intern zu anderen MSC oder aber über­gibt sie an Gateway-MSC (GMSC), die die Schnitt­stellen zu anderen Mobil­funk­netzen oder Fest­netz­anschlüssen im In- und Ausland haben. An dieser Stelle verlassen die Tele­fonate dann die Netze des jewei­ligen Mobil­funk­anbie­ters.

o2 setzt im Core-Netz Media Gate­ways und MSC-Server ein. Dabei sind die Media Gate­ways für die Weiter­lei­tung der Nutz­infor­mationen (im Wesent­lichen Sprache) des Teil­neh­mers zuständig, während die Signa­lisie­rung und die Kontrolle des Rufauf­baus durch den MSC-Server durch­geführt wird. Aufgrund dieser Archi­tektur kann die komplette Signa­lisie­rung (SIGTRAN) über IP verwendet werden, so das es sich um ein IP-basiertes Core-Netz handelt.

Micro- und Picozellen werden über diese BTS versorgt Zahlreiche unterschiedliche Bauformen kleiner BTS. Sie sind für die Indoor-Versorgung oder die Anbindung von Micro- bzw. Picozellen geeignet.
Foto: teltarif.de
Eine Daten­ver­bin­dung wird in beiden Netz­archi­tek­turen über einen SGSN (Serving GPRS Support Node) aufge­baut. Er hat im Daten­ver­kehr grund­legend die glei­chen Aufgaben wie das MSC, kümmert sich also indi­rekt um die Auto­risie­rung des Kunden, routet Daten­pakete vom Kunden weiter und stellt ankom­mende Daten­pakete an den Kunden zu. Ein SGSN hat keine direkte Anbin­dung ans Internet. Daten, die das Mobil­funk­netz verlassen sollen, müssen über ein GGSN (eine entspre­chende Gateway-Vari­ante) an das Internet über­geben werden.

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