Hintergrund

Erklärt: So werden Videos mit H.264 mobil

Mobil übertragene Datenmengen müssen immer kleiner werden
Von Hagen Hellwig

Obwohl sowohl das Speichervermögen von Handys als auch die Übertragungskapazitäten in den Mobilfunknetzen immer größer werden, müssen die Datenmengen immer kleiner werden. Der Grund: Immer mehr Daten sollen gleichzeitig, immer schneller und von unterwegs versendet werden. Im Bereich Video ist es das Videokompressionsverfahren H.264, das diese Anforderungen erfüllt. Die Bild- und Tondaten werden in Echtzeit gesendet und sofort dargestellt (Streaming), ein zeitraubendes Herunterladen entfällt. H.264 wurde maßgeblich vom Fraunhofer Heinrich-Hertz-Institut [Link entfernt] in Berlin entwickelt.

Der Trick: Das folgende Bild wird bereits vorberechnet

In der Vergangenheit wurden die Kodierverfahren für Videosignale immer weiter entwickelt. Das Verfahren H.264 mit der offiziellen Bezeichnung "ITU-T Recommendation H.264 | ISO/IEC 14996-10 MPEG-4 AVC" ist gegenwärtig das fortschrittlichste und bewirkt, dass weniger als die Hälfte der Bits zur Übertragung eines Videos erforderlich sind als bei den Vorgängerstandards. Im Vergleich zu MPEG-2 bzw. H.262 wird sogar eine etwa dreimal so hohe Effizienz der Kodierung erreicht. Im Ergebnis kommt man mit H.264 also mit nur einem Drittel der Datenmenge wie mit MPEG-2 oder H.262 auf die gleiche Qualität.

Das geschieht mit Hilfe eines Tricks: Es wird nicht wie bei einem Filmprojektor jedes einzelne Bild unabhängig vom nächsten übertragen, sondern das nächste Bild anhand bereits kodierter und übertragener Bilder vorberechnet. Bei einer ruhigen Sequenz wie zum Beispiel einer Landschaftsaufnahme muss beispielsweise nicht jedes Einzelbild neu berechnet werden. Bei schnellen Bildfolgen wie zum Beispiel Sportaufnahmen sind mehr Kodierungen nötig, um die Bildinformation zu übermitteln. Es ist immer eine Gratwanderung zwischen möglichst hoher Bildqualität und möglichst geringer Datenmenge.

Der Rechenaufwand bei H.264 ist für die höhere Kodierung entsprechend zwei- bis dreimal größer. Es können Videos mit einer Auflösung von 320 mal 240 Pixel ab einer Datenrate von nur 128 kBit/s übertragen werden. Neben der eher geringen Größe des Handy-Displays spielt das Format des Bildschirms eine Rolle. Meist handelt es sich um ein 4:3-Format (z.B. 320 mal 240 Pixel), so dass das Video entsprechend skaliert werden muss. Um das Seitenverhältnis ohne Verzerrungen zu wahren, müssen möglicherweise schwarze Balken in Kauf genommen werden.

Keine Unterbrechungen und Störungen

Weiterer Vorteil von H.264: Mit der Erweiterung um eine skalierbare Videokodierung (SVC) werden Übertragungsfehler vermieden. Das ist besonders bei der Übertragung über das Internet von Bedeutung, wo es sonst relativ häufig zu Unterbrechungen der Datenraten kommt. Das gilt bei terrestrischen Übertragungsverfahren natürlich nur dann, wenn die Signalstärke ausreicht. Ist das Signal zu schwach, kommt es auch bei H.264 zu Übertragungsfehlern. Außerdem ermöglicht SVC die störungsfreie Verbindung von mehreren Videokonferenzteilnehmern. Die höhere Kompression ermöglicht, dass auch höher aufgelöste Videodaten wie zum Beispiel HDTV und Mobile-TV mit relativ geringer Bandbreite aber dennoch hoher Qualität übertragen werden können.

H.264 ist heute Standard und kann daher von den unterschiedlichsten Endgeräten und Speichermedien wie Handys, PDAs, Digicams, hochauflösenden TV-Geräten, der Playstation Portable, dem iPhone bzw. iPod Touch und Blu-ray-Discs empfangen, verarbeitet und gelesen werden. "Bei HDTV und beim modernen DVB-T wird fast nur H.264 verwendet", sagt Prof. Wiegand und meint künftige Übertragungen im MPEG-4-Format, wie sie etwa die Mediengruppe RTL in Leipzig/Halle oder Stuttgart anstrebt, "das gilt auch für das Internet mit Beispielen wie YouTube und Quicktime sowie den modernen Mobilfunk." Allerdings stelle H.264 hohe Anforderungen an die Dekodier- und Rechenleistung der Geräte. Es würden wesentlich mehr sogenannte Bildblöcke verwendet, die kodiert werden und damit Platz sparen, als zum Beispiel bei der Video-DVD.

Das auf Video- und Grafiklösungen spezialisierte Unternehmen nVIDIA löst diese Aufgabe mit dem separaten Chip Tegra: Mit der passenden Abspielsoftware soll er die Rechenleistung für die Videos übernehmen und nicht der damit oft überforderte Handy-Chip. Erste Handys mit Tegra sollen Ende 2009 bzw. Anfang 2010 erscheinen.