Benutzer wolfbln schrieb:
Aber wir sind eben nicht weit genug. In Spanien als Flächenland (sonst sagt einer das Land XY sei mit uns so unvergleichbar) liegt Glas eben bei über 83% und bei uns bisher bei knapp 10%. Das liegt natürlich an unserer Ausbausituation und historisch an Telekom und der Regierung, die viel zu lange an ihrer sich vererbten Kupfertechnologie festhielten. Das rächt sich jetzt. Dabei scheint sich eine neue Baustelle aufzutun: Kupfer ist "fertig" (und das im anderen Sinn von "kaputt") und neues Glas liegt (noch lange) nicht und eine Reparatur der alten Kupferinfrastruktur ist dadurch zu aufwändig, weil ja irgendwann mal dann die neue mit Glas kommt.
Klar wurde hier in Deutschland viel verpennt - aaaber, ein Land wie Spanien ist mit Deutschland nicht vergleichbar... In Spanien war es bis zum Anfang der 2000er vielerorts gängige, dass man zum telefonieren zur nächsten Telefonzelle, Kiosk oder Kneipe läuft - da hatte nicht jeder einen Telefonanschluss... Diese Not erkannt wurde dann mit dem Netzausbau und der Erstversorgung begonnen - und folglich direkt mit FTTH... Auch sind die Verlegearbeiten ganz anders... Schau mal in eine Stadt wie Barcelona wo die Leitung und Kästen kreuz und hängen und vieles über die ganze Hausfassade läuft und es aussieht wie in Indien... Wäre sowas auch in Deutschland möglich oder überhaupt von der Gesellschaft gebilligt (Schau wie die Leute rum schreien, wenn ein Loch nicht direkt wieder zu gemacht wird oder aus Ausbaugründen noch nicht wieder endgültig sauber versiegelt)... Da wären wir in Deutschland auch schon deutlich weiter...
Ja, dann nenne ich irgendein Land, das Lichtjahre voraus ist mit dem Glasfaserausbau, dann kann man es wieder nicht mit uns aus irgendeinen Grund vergleichen.
Natürlich ist die Situation in Deutschland schon unvergleichlich. Trotzdem steht das Land in einem Wettbewerb der Digitalisierung, zumindest in der EU. Da ist die spezifische Geschichte, warum ein Land ausbaute und ein anderes nicht, ziemlich egal. Zählt tut letztlich nur die Infrastruktur, die vorhanden ist und da ist uns etwa selbst Spanien um Lichtjahre entfernt.
Ich wollte jetzt nicht mit dem Baltikum oder Luxemburg kommen, was einfach größenmäßig und historisch nicht passt. Spanien ist jetzt auch nicht immer superschnell, was Neuigkeiten angeht. Bei der Digitalisierung haben sie es aber gerafft, von smarten Tickets bis zum Glas. Es gibt da auch weitere
Negativbeispiele wie Österreich. Aber soll das unser Maßstab sein, nicht letzter zu sein?
Ich stimme dir zu, dass die Verlegetechnik in Spanien - um es gelinde zu sagen - ziemlich kreativ ist. Häufig werden die Kabel auf Putz einfach an die Häuserwände geklatscht. Das sieht oft nicht sehr schön aus, zumal sich die Kabel da gerne sammeln. So völlig konfuse Knoten wie im Indien oder Lateinamerika sieht man aber selten. Es wird halt so ähnlich wie Strom verlegt, schon geordnet, aber halt etwas chaotischer.
Ich weiß nicht, ob nicht auch etwas Deregulierung in der Verlegetechnik bei uns möglich wäre. Warum muss alles (Strom, Wasser, Gas, Internet) dezent im Keller ankommen, insbesondere wenn man gar keinen Keller hat?
Den Bagger, der die Leitung anbaggert gibt es bei uns wie im Spanien. Dort funktioniert aber das Glas in den Häusern trotz Wirrwarr überraschend gut und die meisten Häuser sind mit sagenhaften Geschwindigkeiten ausgestattet, von denen wir nur träumen können. TV über Internet ist die Regel und die Preise sind auch so am Boden.
Digi verlangt im eigenen Netz in Spanien für seine 500 Mbit/s Leitung 15€, 1 Gbit/s 20€ und 10 Gbit/s 25€ im Monat - jeweils symmetrisch mit Routermiete. Das sind Preise, die sind bei uns völlig undenkbar. Das größte Glasfasernetz in Spanien von Telefónica wird mit 20€ für 300 Mbit/s oder 30€ für 1Gbit/s von Resellern verkauft.
Dort ist dann Glas ein Massenprodukt geworden. Bei uns wird es durch irrsinnige Bürokratie und Regulierung immens teuer und noch länger Premium bleiben, wie etwa "5G". Das ist halt der kleine, aber entscheidende Unterschied. Bei der Energiewende haben wir inzwischen weitgehend gerafft, dass nicht alles schön aussieht von Windkraftwerken bis Solarparks. Bei der Digitalisierung ist der Leidensdruck noch nicht so hoch bei uns, dass wir glauben, noch einen Schönheitswettbewerb gewinnen zu müssen.